Fall 5: Prinzessin aus Eis - Part 6

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„Also, dann wollen wir mal mit unserer Arbeit beginnen.", leitete Justus ein, um endlich das Thema Visitenkarte zu streichen. Riley stimmte ihm zu. „Wir müssen auf jeden Fall mit den Leuten sprechen, die das Opfer kannten und anschließend sollten wir uns nochmals die Leiche ansehen. Ich hoffe nur, dass es in der Zeit kein Aufruhr gibt.", merkte er an und Riley nickte sachte.
Schließlich klopfte es an der Tür und die Freundin des Opfers kam herein. Man sah deutlich an den Spuren auf ihren Wangen und den roten Augen, dass sie geweint hatte und noch immer waren diese Tränen nicht ganz versiegt. Wundern tat es niemanden der drei Fragezeichen.
„Sie sind die Freundin von Miss Lewis.", fing Justus an, wobei die Frau vor ihm schnaubte. „Lewin.", korrigierte sie ihn, woraufhin der erste Detektiv nickte und sich entschuldigte. „Und ihr Name ist?" Bob reichte der jungen Frau ein Taschentuch. „Anne Robbins.", sagte sie knapp und schniefte, bevor Justus weitere Fragen stellte. „Wann haben sie Miss Lewin das letzte Mal gesehen?", fragte er nach und Anne überlegte kurz.
„Das müsste heute zum Frühstück gewesen sein. Sie wollte sich danach noch Mal auf unserem Zimmer hinlegen. Sie merkte, dass sie eine Migräne bekommen würde und bat mich darum sie nicht zu stören. Als ich später gegen Nachmittag nach ihr sehen wollte, war sie allerdings nicht auf dem Zimmer und ich nahm an, dass sie schon aufgestanden sei." Justus runzelte die Stirn und öffnete den Mund, allerdings kam ihm Riley zuvor. „Wenn sie nicht mehr dort war, haben sie doch bestimmt nach ihr gesucht?", wollte sie wissen, wobei Anne nickte. „Natürlich. Ich fand es schon sehr eigenartig, dass sie nicht auf dem Zimmer war und wollte schließlich nach ihr suchen. Allerdings kam auch schon Perry mir auf dem Flur entgegen und erklärte, dass sie in seinem Zimmer ein Bad nähme, da bei uns das warme Wasser nicht funktioniert hatte. Ich dachte mir nichts dabei und ging gemeinsam mit ihm wieder ins Foyer."
Riley begann damit sich Notizen auf ihrem Handy zu machen, während Justus, Peter und Bob der Erzählung folgten. „Und dieser Perry, wie steht er in Verbindung zu Miss Lewin?", fragte Justus nach, wobei Anne nicht lange überlegte. „Perry, Maya, Rupert und ich sind schon seit unserer Schulzeit befreundet. Mina und ich wollten hier unsere Verlobung feiern.", erklärte sie und brach wieder in Tränen aus, wobei Justus ihr einen Moment Zeit gab. „Das wäre dann alles. Schicken Sie uns doch bitte Perry herein.", bat er noch und sah dabei zu, wie Anne den Raum verließ.
„Die Arme.", murmelte Peter, wobei Bob nur zustimmen konnte, allerdings von Peter ignoriert wurde. „Ich bin durchaus gespannt, was die Anderen zu sagen haben. Mich wundert es allerdings, dass Maya ihrer Verlobten nicht mitgeteilt hat, dass das warme Wasser angeblich nicht funktioniert. Wir sollten in jedem Fall nachprüfen, ob das der Wahrheit entspricht.", merkte Justus an, wobei Riley die Stirn in Falten legte. „Was mich viel eher wundert ist die Tatsache, dass sie bei einer Migräne überhaupt baden wollte.", merkte sie an, wobei Bob mit den Schultern zuckte. „Vielleicht ging es ihr besser.", überlegte er, wobei Riley nicht sehr davon überzeugt schien.
Allerdings blieb ihr auch keine weitere Zeit, das alles noch zu besprechen, denn es klopfte und kurz darauf trat auch schon Perry ein.

„Sie sind also ein alter Schulfreund von Miss Lewis?", fragte Justus nach, wobei der Mann vor ihm nur kurz abfällig lachte. „Na, ihr seid mir ja schöne Detektive, noch nicht mal den Namen des Opfers habt ihr drauf. Sie hieß Lewin mit Nachnamen.", merkte er hochtrabend an, wobei Justus sich kurz entschuldigte und Riley weitere Notizen in ihrem Handy hinzu fügte.
„Wann haben Sie Miss Lewin das letzte Mal gesehen?", fragte Justus nach.
„Das war, als sie in mein Zimmer kam, um zu baden. Sie sagte, dass das warme Wasser bei ihr irgendwie defekt sei. Ich hab sie gelassen und bin dann raus.", erklärte er und Justus nickte. „Kam ihnen das Verhalten von ihr irgendwie anders vor als sonst?", fragte Justus nach, wobei Perry mit den Schultern zuckte. „Was soll denn anders gewesen sein? Sie war laut und fröhlich wie immer. Hat gesagt, dass sie sich schon auf den Abend freut." Justus nickte sachte. „Wie würden Sie ihre Beziehung zu Miss Lewin beschreiben?", fragte er schließlich nach.
„Sie war meine beste Freundin. Falls ihr jetzt wissen wollt, warum ich dann nicht so flenne. Ich bin nicht der Typ, der seine Gefühle zur Schau stellen muss, nur damit wir uns verstehen."
Justus hob beschwichtigend die Hände. „Kein Grund sich gleich zu verteidigen. Wir wollen uns erst ein Mal einen Gesamtüberblick verschaffen. Da Miss Robbins zuvor so aufgelöst war, wollte ich gerne wissen, welche Zimmer sie beherbergen?"
„Ich hab Zimmer 510, entsprechend im fünften Stock, links und rechts von mir sind die Zimmer meiner Freunde." Justus bedankte sich und ließ Perry gehen.

Bob sah den ersten Detektiv mahnend an. „Also wirklich, ich verstehe nicht, wie du dauernd den Namen des Opfers so verwechseln kannst?", wunderte sich der Blonde mit deutlicher Empörung in der Stimme. Doch statt Justus, klärte Riley die Situation auf.
„Das war Absicht, Bob. Justus wollte anhand der Reaktionen auf die falsche Nennung des Namens wissen, wie die emotionalen Bindungen der Anderen zu dem Opfer waren. Nehmen wir ihre Verlobte als Beispiel, sie war deutlich entrüstet und hat Justus sofort korrigiert. Perry hingegen hat eher Justus verhöhnt. Im Zentrum stand bei ihm ganz klar nicht das Opfer, sondern wir." Bob nickte langsam. „Also ist Perry unser Hauptverdächtiger, also bisher?", fragte Peter nach, wobei Justus gedankenverloren seine Unterlippe knetete. „Auch wenn ich anhand seiner Reaktion durchaus davon ausgehen würde, möchte ich wirklich keine voreiligen Schlüsse ziehen."

Für die restlichen drei Fragezeichen war es durchaus verständlich, dass Justus diesmal vorsichtig war, immerhin hatte er bei ihrem ersten Fall nicht ganz richtig gelegen. Zudem hatte sie zum jetzigen Zeitpunkt noch zu wenig Informationen.

Anschließend kam Rupert in den Raum und wieder fragte Justus nach Miss Lewis, statt den richtigen Namen zu nennen. „Sie heißt Lewin und nicht Lewis.", korrigierte er in einem äußerst ruhigen Tonfall. „Entschuldigen Sie den Versprecher. Wann haben Sie denn das letzte Mal Miss Lewin gesehen?", fragte Justus nach, wobei der Mann kurz überlegte. „Das müsste beim Frühstück gewesen sein. Danach habe ich sie nicht mehr gesehen.", erklärte er und Justus nickte. „Und was haben sie in der Zeit getan, bis Miss Lewin aufgefunden wurde?", fragte der erste Detektiv, wobei Rupert mit den Schultern zuckte. „Ich war unten im Foyer und habe mich ein wenig mit den Angestellten unterhalten. Ich bin nur für zehn Minuten, gegen Mittag hoch, um nochmal auf die Toilette zu gehen. Ich mag es lieber ein Badezimmer für mich allein zu haben, darum teilen Perry und ich uns auch kein Zimmer.", merkte er an und Justus nickte. Er fragte noch, wie er zu Maya stand, wobei Rupert angab, dass sie einst mit ihrem Bruder zusammen war, der allerdings bei einem Autounfall ums Leben kam. Justus bedankte sich auch hier wieder und sah die anderen Detektive an, nachdem Rupert den Raum verlassen hatte.
„Ich denke wir können vorerst andere Hotelgäste ausschließen, was allerdings nicht bedeutet, dass wir diese nicht trotzdem beobachten.", erklärte Justus und Riley nickte. „Geht es nur mir so, oder kam euch dieser Rupert auch ziemlich entspannt vor, dafür, dass gerade eine alte Schulfreundin von ihm gestorben ist?", fragte die Blonde nach, wobei Justus mit den Schultern zuckte. „Vielleicht braucht es auch eine Weile, bis die Nachricht emotional zu ihm durchdringt. Oder er zeigt es nicht so deutlich, wie dieser Perry.", merkte Justus an, wobei Peter allerdings Riley zustimmte, während Bob einfach den Mund hielt.
„Also Kollegen, ich würde vorschlagen, dass Riley und ich uns nochmals die Leiche ansehen, Peter, Bob ihr fragt, ob ihr euch ein Mal in den Zimmern der Drei umsehen dürft, vielleicht gibt es dort einige spuren."

Bob nickte und wollte schon los, als Peter sich jedoch noch Mal an Justus wandte. „Wenn es dir nichts ausmacht, Erster, würde ich Jeffrey fragen, ob er uns bei der Suche hilft. Ich meine, so kann jeder ein Zimmer übernehmen." Justus hatte nichts dagegen, nur Bob huschte für einen Moment ein weniger begeisterter Gesichtsausdruck über das Gesicht.
Insgeheim fragte er sich, ob dies nun häufiger der Fall sein würde. Dass Peter Jeffrey mitnahm, sogar auf Fälle. Bei Kelly hatte er dies nie getan. Allerdings erklärte sein kürzliches Outing auch so Einiges, jedenfalls für Bob. Und wieder merkte er deutlich das schlechte Gewissen. Er wusste genau, dass er sich bei Peter entschuldigen musste, aber wusste nur nicht, wie er das tun sollte.
Zumal es auch nicht wusste, wie er das alles noch aushalten sollte. Jetzt wusste er zwar, dass Peter offensichtlich auf Typen stand, aber hatte einen Freund. Und dazu noch jemanden, an den Bob einfach nicht heran kam. Sicher, er selbst hatte wirklich viele Verehrerinnen und auch hier und da einen Verehrer. Allerdings passten Jeffrey und Peter ziemlich gut zusammen und er konnte es Peter nicht mal verübeln. Jeffrey war sportlich, groß, teilte so einige Hobbys mit Peter, hatte ein deutlich sichtbares Sixpack und hatte einfach diesen klassischen Surferstil. Da kam so ein Musik-Nerd wie er bestimmt nicht ran. Und plötzlich fühlte er sich wie in einer dieser Highschool Teen Romanzen, nur dass er wirklich daran zweifelte, dass der beliebte Sportler doch noch etwas für den Nerd empfinden würde. Das war nämlich das reale Leben.

„Bob, kommst du?", riss ihn Peter aus seinen Gedanken. Was nach einer einfachen Frage klang, zeigte Bob ein Mal mehr, dass Peter noch sauer war. Seine Stimme war nicht locker und beschwingt, wie sonst, wenn er ihn ansprach. Es lag eine gewisse Distanz darin.

Während Bob und Peter Richtung Rezeption gingen, machten sich Justus und Riley auf den Weg zu ihrem Zimmer, um sich etwas wärmeres an zu ziehen und anschließend nach draußen zur Leiche zu gehen. „Meinst du, die beiden bekommen das hin?", fragte Riley etwas besorgt, wobei Justus mit den Schultern zuckte. „Bob und Peter mögen nicht immer wie die Cleversten wirken, aber sie sind durchaus fähige Detektive. Wir haben schon so einige Fälle gelöst und das auch Mal ohne meine Unterstützung.", erklärte Justus, während er Riley die Tür nach draußen aufhielt. „Das meinte ich nicht. Ich bin mir durchaus im Klaren darüber, dass beide deutlich intelligenter sind, als man es annehmen mag. Ich meinte es auf emotionaler Basis.", erklärte sie sich, wobei Justus kurz überlegte. „Nun, die Beiden werden sich sicherlich auf den Fall konzentrieren und ihre Zwistigkeiten fürs Erste auf Eis legen, eine Art Waffenstillstand. Wir Beide machen es doch genau so.", erklärte Justus und hatte wirklich nicht vergessen, dass Riley noch sauer auf ihn war. Riley allerdings hatte es unter den Umständen schon ein wenig vergessen. Trotzdem wäre es ihr sicherlich wieder eingefallen. „Du kannst Bob und Peter schlecht mit uns vergleichen. Wenn du Probleme hast, oder emotionalen Ballast, sprichst du diesen sofort aus oder versuchst ihn für dich so logisch zu interpretieren, dass es kein Ballast mehr ist. Ich für meinen Teil, bin sehr gut darin meine Emotionen hinunter zu schlucken, wenn es die Situation erfordert. Bob selbst macht das zwar auch, aber es frisst ihn deutlich mehr auf. Er wirkt zwar gerne so sorglos und als ob sein Fehler ihm nicht bewusst wäre, wenn er einfach weiter macht und die Missstände unter den Teppich kehrt, aber die meisten Sachen nehmen ihn doch mehr mit, als er zugibt. Er versucht sich dann einfach ab zu lenken und verdrängt alles, was aber ein überaus falscher Weg ist, um mit Problemen um zu gehen. Und wenn das nicht hilft, wird er sarkastisch."
Justus nickte sachte. Auch wenn sich die Zwillinge selten gesehen haben, schienen sie sich doch deutlich besser zu kennen, als man es auf den ersten Blick erahnen mochte. Justus war zwar kein emotionales Genie, aber allein, dass Bob im betrunkenen Zustand so oft seine Gefühle offenbart hatte, bestätigte für ihn Rileys Aussage.
„Sie werden es schon wieder hin bekommen, da bin ich mir sicher. Die Beiden streiten nie lang und standen sich immer sehr nah. Wegen so einer Sache zerbricht nicht gleich alles.",versuchte Justus sie zu beschwichtigen, wobei Riley nur hoffte, dass er Recht behalten würde.

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