Prolog

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"Verehrte Gäste, heute wollen wir den Erfolg des Johnsen Theaters mit diesem prächtigen Maskenball feiern. Es ist jedoch von äußerster Priorität, dass Sie während der gesamten Veranstaltung Ihre Masken tragen, damit Ihre Anonymität gewährleistet ist. Dies spiegelt die lange Geschichte des Theater wieder, welche wir zu respektieren bitten. Hoffentlich amüsieren sie sich. Wir wünschen Ihnen noch einen angenehmen Abend." 

Die Lautsprechanlagen surrten ein wenig und verstummten anschließend. Als wäre dies das erwartete Signal, stießen ein paar Männer in grauen Anzügen die Türen auf und die Sicht auf den Saal lag plötzlich frei. Der Mann, welcher die soeben verklungenen Worte gesprochen hatte, untertrieb die Situation mit der Bezeichnung "prächtiger Maskenball" völlig. Lange, weiße Tische erstreckten sich über den gesamten ersten Raum. Gedeckt waren sie mit hochwertigen Gestecken aus feinen Blüten und Elementen aus Gold, sowie Ästen aus Kiefernholz. Die Wände waren verziert mit Girlanden, an welcher mal hier und dort eine große Maske herunterbaumelte. Überall im Raum waren Pflanzen in den schönsten Vasen verteilt. Vor den riesigen Fenstern hingen massive Vorhänge, sodass der Saal nur durch die sachte Mischung aus Schwarzlicht und Nebel beleuchtet wurde. Ungeduldig drängten sich die Menschen hinein, jedoch wurde dieser Prozess deutlich verlangsamt, da jedem Gast einzeln ein Glas mit seltsamer, roter Flüssigkeit in die Hand gedrückt wurde, woraufhin ein Lächeln und ein einladendes Nicken folgte. 

Jeder Gast war ein Kunstwerk für sich: Ein Kleid überragte das nächste und von der bunten Vielfalt der Maskierungen ganz zu schweigen. Aber das wohl mit Abstand pompöseste Kleid trug eine junge Frau mit langem kastanienbraunen Haar, welches ihr perfekt gewellt den Rücken herunterhing. Es handelte sich um ein hellorange farbenes Tüllkleid mit zahlreichen goldenen Details. Ihre Maske war auffallend elegant und war mit zahlreichen Perlen bestückt. An der linken Seite waren weiße Federn befestigt und es baumelten einige Bänder auf ihre Schulter herunter. Mit selbstbewusster Miene nahm sie dem Kellner ein Glas aus der Hand und nahm ihre Freundin, die mit ihrem grünen Kleid nicht im Geringsten an ihr überaus edles Auftreten herankam, an der Hand und zog sie hinter sich her. Gemeinsam betraten sie den Saal, tauchten sofort in der Menge unter und bahnten sich einen Weg durch die Menschen, um in den nächsten Raum, den eigentlichen Tanzsaal, zu schreiten. Wenn das überhaupt möglich war, dann übertraf dieser den vorherigen Raum um Längen. Er war äußerst spärlich möbliert, jedoch gab es dafür umso mehr Dekoration. An den Wänden hingen zahlreiche Gemälde, welchen sofort anzusehen war, dass sie wohl ein halbes Vermögen gekostet hatten. Außerdem standen mal hier und dort Skulpturen auf kleinen Podesten herum. In der hintersten Ecke, beinahe komplett durch den Nebel verdeckt, befand sich eine Fotokabine. Sie passte mit ihrem verblichenem, braunen Vorhang nicht perfekt in die Kulisse, hatte aber gerade deshalb etwas Mystisches an sich. Die Frau mitsamt ihrer Begleitung schritt nun ohne sich ein einziges Mal umzuschauen in dessen Richtung. Ihre Miene zeigte, desto näher sie der Kabine kamen, immer mehr Freude. Als sie den Raum schließlich durchquert hatten, setzten sie sich sofort hinein. "Umso verrückter, desto besser!", meinte sie. "Alles klar?" Die Freundin nickte und das Blitzgewitter nahm seinen Lauf. Beide schienen sich prächtig zu amüsieren und zogen wilde Grimassen, vollkommen abgeschieden von der edlen Veranstaltung außerhalb der Kabine. Nach und nach füllte sich der Stapel Bilder in der Ablage und nach jedem Bild schienen die beiden heiterer. Eine der beiden fragte sich, was wohl in dem Glas gewesen war, macht sich jedoch keine weiteren Gedanken darum. Nach exakt dreißig Schüssen war das Shooting dann vorbei. Die Freundin steckte mit zittrigen Händen einige Dollar hinein und steckte die Bilder ein.

Als sie hinausgingen, erschlug sie die stickige Luft mitsamt des Stimmengewirres der ganzen Gäste sofort. Die beiden schauten sich ein wenig um und ihre Aufmerksamkeit galt sofort zwei Männer, die sich am anderen Ende des Raumes unterhielten. Beide waren äußerst attraktiv und brauchten sich in ihren eng anliegenden, schwarzen Seidenanzügen nicht zu verstecken. Der eine, welcher der Dame mit dem kastanienbraunen Haar am besten gefiel, hatte ein kantiges Gesicht, glänzend eisblaue Augen und perfekt gegeltes, braunes Haar. Der zweite Mann, welcher offensichtlich das Interesse der Freundin geweckt hatte, war mit blassem, blonden Haar, grünen Augen und eher markanten Gesichtszügen bestückt. Beide hatten eine Hand in einer Hosentasche versenkt und in der anderen hielten sie ihr noch ganz gefülltes Glas. Der Braunhaarige drehte sich reflexartig nach der Brünetten um, ganz als hätte er ihre Anwesenheit wahrgenommen und praktisch schon die ganze Zeit gesucht. Sein Blick traf kurz, aber intensiv den ihren. Es lag eine spezielle Spannung in der Luft, ganz als würden sie voneinander angezogen werden. Es war ein Augenblick der Magie, doch das Aufheulen eines Feuermelders verhinderte weiteres. Der Blickkontakt brach und die gesamte Menschenmenge geriet in Panik und suchte nach dem vermeintlichem Feuer. Einige Sekunden später ertönte die Männerstimme von vorhin erneut aus den Lautsprechern und klang merkwürdigerweise im Angesicht der Situation ziemlich gelassen. "Keine Panik! Es handelt sich um einen technischen Fehler und..." Er wurde von einem kaum wahrnehmbarem Flüstern im Hintergrund unterbrochen. Es schienen mehrere Menschen im Raum der Anlage zu sein. Doch diese Stimme war so leise, dass die meisten sie aufgrund der ausbrechenden Panik nicht wahrnahmen. Die Dame hingegen hörte genau hin. "Das kannst du nicht machen! Wir haben das doch ausführlich besprochen. Sie würden allesamt sterben! Ist es das, was du willst?! Mach schon, der Hinterausgang steht bereit..." Und dann ging alles viel zu schnell. Die Flammen zerrissen in kürzester Zeit den Raum, der Feueralarm kreischte jaulend auf, überall waren hysterische Schreie zu hören und irgendwer fiel krawallvoll zu Boden.

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⏰ Last updated: Jul 01, 2015 ⏰

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Masquerade [PAUSIERT]Where stories live. Discover now