Kapitel 16 - Verhör

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„Guten Morgen, ich möchte gern zu Alan Bloomgate", erklärte Mary der fülligen Polizistin am Empfang. Durch ihre herabgesenkte Brille schaute die ältere Dame Mary herablassend an.

„Name?"

„Wie bitte?"

„Ihren Namen brauche ich", sagte die Dame in einem pampigen Ton, der Mary gewaltig gegen den Strich ging.

„Mary Fisher", erklärte sie bemüht ruhig.

„Setzen Sie sich bitte dort hin. Sie werden aufgerufen", deutete die Polizistin auf die Sitzbank hinter Mary. Höflich nickte Mary und nahm Platz. Ihre Blicke schweiften durch den Eingangsbereich. An einem kleinen schwarzen Brett zur ihrer rechten hingen einige Aushänge und daneben ein Ständer mit Broschüren sowie Prospekten. Neugierig versuchte sie einige Titel zu erspähen. Hinter dem Empfangstresen sah Mary einige Bürozellen und einzelne Schreibtische. Ständig klingelte irgendwo ein Telefon, was irgendwie nervig war. Und doch wurden ihre Augen nach wenigen Minuten schwerer. In der Nacht hatte sie kaum geschlafen. Während Jake leise neben ihr schnarchte, lag sie wach. Es ging zu viel in ihrem Kopf herum. So viele Fragen und so wenig passende Antworten. Und immer wieder musste sie an Phil denken, was sie starr vor Angst werden ließ. Doch das konnte sie Jake nicht sagen. Wenn er wüsste, wie es in ihr aussehe, würde er sie nicht dieser drohenden Gefahr aussetzen. Er würde sich eher wieder selbst opfern. Das wollte Mary nicht erneut riskieren.

„Mary Fisher?", hörte sie jemanden sagen, was sie aus ihrem Dämmerzustand riss. Als Mary die Augen öffnete, erkannte sie einen kleineren, schlanken Mann, der sie interessiert ansah. Seine Rehbraunen Augen betrachten sie neugierig. Mary schätzte ihn auf Mitte oder Ende vierzig.

„Alan Bloomgate?", erwiderte Mary, doch sie spürte, wie schnell ihr Herz vor Aufregung schlug. Jake und sie hatten alles durchgesprochen. Er hatte sie förmlich instruiert, wie sie reagieren und was sie wie sagen sollte. Er war das scheinbar gewohnt.

„Ich hätte nicht gedacht, dass Sie wirklich herkommen würden", grinste er frech.

„Wie Sie sehen, halte ich meine Versprechen."

„Das schätze ich Ihnen hoch an. Kommen Sie bitte mit in mein Büro. Die Wände haben Ohren", sagte er sehr leise und deutete diskret auf seine Kollegin am Schalter hinter ihm. Mary nickte zustimmend und folgte ihm. Die unfreundliche Dame bedachte sie im Vorbeigehen mit einem abschätzigen Blick.

Das ungute Gefühl in ihrem Bauch wurde durch jeden Schritt verstärkt. Sie hatte die böse Vorahnung, dass Alan was gegen sie in der Hand haben würde und dieser Verdacht sollte sich auch sehr schnell bestätigen.

„Wie trinken Sie Ihren Kaffee, Miss Fisher?", fragte er höflich, als sie an der Küche vorbeikamen.

„Ich trinke keinen Kaffee", lächelte sie ihr flaues Bauchgefühl gekonnt fort.

„In Ordnung. Ich hole kurz Wasser und Gläser für uns. Sie können gern schon mal in mein Büro hier gegenüber gehen und Platz nehmen." Mary nickte abermals und ging voran. Das Büro war sehr chaotisch aber gleichzeitig auch sehr sporadisch eingerichtet. An der Wand hing sein Abschluss an der Stanford Universität sowie noch einige andere Auszeichnungen oder Fotos mit wichtigen Persönlichkeiten, die er die Hand schüttelte. Überall lagen Papiere und Akte zwischen Essensverpackungen und Büchern. Auf dem vollgemüllten Schreibtisch stand ein Bilderrahmen. Mary riskierte kurz einen Blick. Es war sein Hund, den seine Ex-Frau nach der Scheidung mitgenommen hatte. Hinter sich hörte sie ein Räuspern.

„Sie hatte mir nichts übriggelassen, als sie gegangen ist. Dabei habe ich den Hund geliebt", erklärte er in einem sehr gereizten Ton, da ihn die Sache noch sehr mitnahm.

Duskwood - Hinter der MaskeWhere stories live. Discover now