{55} the sea

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Aus der Sicht von Gwen:

Die Villin-Residenz war das prächtigste Haus, was ich je gesehen hatte, abgesehen vom königlichen Palast im inneren Distrikt.

Sie war aus grauem Stein und hatte zahlreiche große Fenster mit verschnörkelten Fensterrahmen. Zur Haustür führte ein Treppenaufgang, der mit den selben aufwändig gemeißelten Verzierungen am Geländer geschmückt war, wie die Fensterrahmen.

Das Dach hatte drei Geschosse unter sich mit symmetrischen angeordneten Balkonen. Außerdem war es mit zwei zusätzlichen kleinen Türmen versehen.

Um das Haus herum lag ein sorgfältig angelegter Garten. Jeder Baum sah perfekt beschnitten aus. Jede Blume war symmetrisch zu einer anderen. Selbst der Steinweg, der vom Tor zu der riesigen Eingangstür des Hauses führte, schien mit einem lächerlichen Perfektionismus gepflegt zu werden. Kein einziges Blatt lag auf dem Weg...

Der Garten war mitsamt dem Haus mit einem hohen, spitzen Zaun eingezäunt, der nicht sonderlich einladend wirkte.

Alles an diesem Platz schien perfekt, privat und prunkvoll zu sein. Und trotzdem fühlte es sich kalt und düster für mich an. Ich wollte hier nicht wohnen, so lächerlich wie das klang...

Als Zeke und ich vor dem großen Tor ankamen, war die Dämmerung angebrochen und tauchte die Umgebung in ein orange-farbenes Licht, aber ich konnte mich nicht an dem Sonnenuntergang freuen. Orange hatte sich noch nie so trist angefühlt...

In einiger Entfernung sah ich einen Mann im Garten stehen. Er trug einen schwarzen Anzug und weiße Handschuhe und als er mich und Zeke sah kam er elegant auf uns zugelaufen.

„Das ist nicht dein Vater", sagte Zeke, so als hätte er meine Gedanken gelesen. Er lehnte sich gegen den Stahl-Zaun und zündete sich gelassen eine Zigarette an.
Der Geruch erinnerte mich an Alex...
„Das ist nur ein Butler. Dein Vater verlässt das Haus nicht".

Ach so...
Natürlich. Die Villin-Familie hatte Bedienstete.

„Miss Villin".
Der Butler war am Tor angekommen und begann es aufzuschließen. Er begrüßte mich mit einer kleinen Verbeugung.
„Willkommen zu Hause". Er redete so förmlich und diskret, wie er sich auch bewegte. Unpersönlich und mit viel Abstand.

„Hallo", antwortete ich etwas unbeholfen.
Der Butler öffnete das Tor und machte den Weg für mich frei, sodass ich in den Garten treten konnte.
Ich warf Zeke noch einen letzten Blick zu. Doch er schaute nicht zurück, so als würde er es nicht für nötig halten, sich von mir zu verabschieden.

Es war seltsam...
Ich konnte Zeke nicht leiden, aber ich wollte nicht, dass er ging. Trotz dass er nervte, war er den ganzen Tag über meine Bezugsperson gewesen. Von hier an musste ich wohl alleine weitermachen.

Wortlos kehrte ich Zeke schließlich den Rücken zu und lief dem Butler hinterher, der mit bedeutet hatte ihm zu folgen.
Schweigend gingen wir den Weg durch den charakterlosen Garten zum Haus. Auf einmal war ich mir der Schnelligkeit meines Herzschlages auf seltsame Art bewusst. Ich bemerkte wie meine Augen panisch meine Umgebung im Auge behielt.

Ich hatte Angst...
Das war das erste Mal, dass ich meinen Vater sehen würde. Eigentlich kein Grund für dieses angespannte Gefühl in mir.

Doch das Problem mit Vaterfiguren war, dass alle die ich bisher getroffen hatte, ziemliche Arschlöcher waren.
Meinem Ziehvater verdanke ich die Brandnarbe an meinem Rücken, sowie meinen Hang zum morden.
Levi's Vaterfigur Kenny hat mich beinahe umgebracht.
Erens Vater war für den Tod meiner Mutter verantwortlich.

Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass mein echter Vater Stephen anders sein könnte, auch wenn es jeglicher Rationalität widersprach.

Schließlich waren wir am Haus angelangt. Das Holz der riesigen Eingangstür knarzte, als der Butler sie öffnete.
Schon standen wir in einer riesigen, prächtigen Eingangshalle.

𝐚𝐩𝐨𝐜𝐚𝐥𝐲𝐩𝐬𝐞 | Levi x OCWhere stories live. Discover now