Gin's schwarzer Engel

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Ich wusste nicht, wie lange ich schon auf dieser Straße lungerte und den Menschen von einer Ecke aus zusah. Es war ein leicht dämmriger Tag und zudem nieselte es ununterbrochen. Ich musste immer und immer wieder an dieser Wette denken, die ich mit diesem einen Jungen abgeschlossen hatte. Dieser Junge, Zenitsu sein Name, war wie ich 18 Jahre alt und auch noch, wie ich, ein Mitglied einer Gang, die sich auf das Stehlen von Autos spezialisiert hatte. Ich war einer von denjenigen, die meine Gang mitgegründet hatten, trotzdem war ich nicht der Boss. Allerdings war dieser Typ, Zenitsu, ein Feind unserer Gang und ich hasste ihn abgrundtief. Doch vor ein paar Tagen hatten wir diese eine Wette vereinbart. Er und ich mussten ein perfektes Auto klauen und hierbei kam es darauf an, das Auto nach einer Woche im besten Zustand wieder abzuliefern. Wir hatten ausgemacht, bei dieser Straße hier nach einem Auto ausschau zu halten und ohne erwischt zu werden, das Auto dann zu klauen. Das Schwierige dabei war, dass auf die Straße ziemlich viele Menschen waren und es gab hier viele Geschäfte, was bedeutete, dass man leicht gesehen werden konnte. Ich hatte mir einen guten Fleck zum betrachten genommen, denn ich war in einer kleinen Seitengasse und hatte einen guten Überblick über die Straße, wo ich auch nach Zenitsu Ausschau halten konnte. Es war etwas kühl und so zog ich meinen Mantel enger um mich. Mein Vater, ein ziemlich reicher Kerl, der keine Ahnung hatte, dass ich in einer Gang war, die Autos klaute, um Geld damit zu verdienen, hätte mich jetzt angemeckert, dass ich viel zu leicht bekleidet wäre, vor allem bei so einem Wetter. Ich hob meinen Aktenkoffer hoch, den ich abgestellt hatte und sah mich um. 'Immer noch keine hübsche Karre.', dachte ich ungeduldig. Mein Köfferchen wartete nur darauf, zum Einsatz zu kommen. Es war nämlich kein gewöhnlicher Aktenkoffer mit Papieren drin, sondern es war mein getarnter Werkzeugkoffer, wo sämtliche Materialien vorhanden waren, um Autos zu klauen oder sie zu reparieren. Damit ich nicht ganz so auffällig war, hatte ich mich wie immer förmlich angezogen: schwarze Hose, weißes Hemd mit schwarzer Krawatte und einen langen, schwarzen Mantel. Immer, wenn mein Vater mich so sah, sagte er: "Mensch, Rakuro! Du ziehst dich immer so fein an, dabei betreibst du nur 'ne armselige Autowerkstatt. Wenn du wenigstens 'nen vernünftigen Job machen würdest..." Es ging mir ziemlich auf die Nerven. Dauernd kritisierte er, mein Job als Automechaniker sei bloß Mist. Ich atmete geräuschvoll aus, als ich einen Traum von einem Auto sah. So gut wie direkt vor mir, hielt ein schwarzer Porsche an. "Heiliges Bisschen!", murmelte ich entzückt. Das musste mein Glückstag sein. Zwei Männer in Schwarz stiegen aus und unterhielten sich. Interessiert rückte ich näher. Ich war ziemlich aufgeregt und hoffte, dass Zenitsu nichts bemerkte. "Was meinst du, Gin?", fragte einer dieser Kerle, der einen schwarzen Anzug trug. Der Mann, Gin, anwortete dem anderen Kerl etwas, doch ich konnte nicht genau hören, was er sagte. 'Besonders freundlich sehen die aber nicht aus.', dachte ich und wurde noch ungeduldiger. 'Geht! Geht doch endlich, verdammt!', beschwor ich in meinen Gedanken. Als hätten diese komischen Männer es gehört, gingen sie auch schon davon, in ein Geschäft hinein. Das war meine Chance! Ich ging zielstrebig auf den Porsche zu und blieb dann abrupt stehen. Ich konnte nicht glauben, was ich da sah. Da machte sich doch tatsächlich Zenitsu an meinem Zielobjekt zu schaffen! Doch ich durfte auch nicht eingreifen, so waren nämlich die Regeln. Ich wünschte mir plötzlich, dass man Zenitsu erwischen sollte. 'Wie der sich anstellt', dachte ich entsetzt, 'und der soll ein Profi sein?!' Ich bekam fast einen Anfall. Zu seinem Glück stand er grade günstig, so, dass niemand ihn sehen konnte außer mir. Ich konnte es aber kaum mit ansehen. Erst machte er mir meinen Traum kaputt und jetzt auch noch den Porsche. Ich wollte eigentlich eingreifen, wollte ihn davon abhalten, dieses Auto weiter zu demolieren. Ich sah, dass Zenitsu ziemlich unglücklich aussah, vermutlich, weil es ihm nicht gelang, das Auto aufzubrechen. 'Was für 'n Amateur!', dachte ich kopfschüttelnd. Mir tat das Auto Leid. Es quälte mich, mit anzusehen, was Zenitsu diesem Auto antat. Glücklicherweise schien ihm aufgefallen zu sein, dass er es nicht schaffte und so lief er wie ein Feigling weg, hinein in die Menschenmenge auf der anderen Straßenseite und verschwand aus meinem Blickfeld. Etwas ängstlich, weil ich nicht wusste, wann die Männer zurückkommen würden, schlich ich mich an den Porsche heran und ich sah sofort, welcher Schaden verursacht wurde. Ich konnte diesen Porsche einfach nicht klauen, solange dieser Schaden am Türschloss existierte. Ich konnte es nicht! Zum Glück besaß ich ja meinen Werkzeugkoffer, den ich auch öffnete und fing an, dieses Türschloss zu reparieren. 'Es ist doch so leicht, den Porsche aufzubrechen, du Honk, Zenitsu! Das würden selbst Kinder schaffen!', dachte ich empört und bastelte weiter. Ich nahm die Umgebung kaum noch wahr, so vertieft war ich. Auf einmal spürte ich etwas kaltes am Nacken und gleich danach hörte ich ein Klicken. Für einen Moment saß ich stocksteif da. 'Das ist 'ne verdammte Waffe!', schrie ich in Gedanken. Doch anstatt in Panik zu verfallen, reparierte ich das Türschloss weiter. "Ihr könntet mich jederzeit abknallen, ich hab' eh nichts mehr zu erreichen, in diesem Leben. Aber lasst mich wenigstens noch diesen kleinen Engel von einem Porsche reparieren.", sagte ich ruhig und machte meine Arbeit weiter. Ich sah von außen ziemlich entspannt aus, doch innerlich hatte ich etwas Angst. "Aufstehen!", befahl einer kalt. Ich wusste, dass es sich um die Besitzer handeln musste. "Einen Moment, ich sagte doch grade, ich will es noch reparieren!", gab ich zurück und beschleunigte meine Arbeit, um schneller fertig zu werden. Mein Herz pochte wie verrückt, ich wollte unbedingt dieses Auto wieder ganz machen. Ich fing an, vor mich hinmurmelnd, zu fluchen. Ich verfluchte die gegnerische Gang und fragte mich, warum dieser Typ auf offener Straße eine Waffe herausgeholt hatte. Ich spürte einen eisernen Griff an meiner Kleidung und dann wurde ich hochgezerrt. Und da sah ich, dass der Mann, mit dem Anzug und der Sonnenbrille, sämtliche Blicke von anderen abschirmte und zwar so, dass der andere Mann, dieser Gin, beruhigt die Waffe auf mich richten konnte. Beide hatten einen eiskalten Blick und ich war mir sicher, dass es keinem von den beiden Typen etwas ausmachte, irgendeinen zu töten. "Sie können mich jetzt gerne auf der Straße erschießen, doch das geht nicht, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Oder haben Sie einen ultra krassen Schalldämpfer mit eingebaut?", sagte ich und tat so, als würde es mich nicht weiter interessieren. Dieser Gin schien es wohl auch eingesehen zu haben, denn er steckte die Waffe wieder weg, zu meinem Glück. "Einsteigen!", befahl Gin knapp. 'Wie bitte? Spinnt der?!', dachte ich. Ich räusperte mich und sagte dann höflich: "Nein, danke. Ich habe noch etwas zu tun, wenn Sie mich bitte entschuldigen würden. Aber wenn Sie noch weitere Schäden an Ihrem Auto feststellen, dann kommen Sie mich doch in meiner Werkstatt besuchen. Ich repariere das Schätzchen auch umsonst." Dann kramte ich aus meiner Manteltasche eine Visitenkarte heraus, stellte mich auf Zehenspitzen, denn der Typ war ziemlich groß und legte die Visitenkarte auf die Hutkrempe von diesem Gin. Die zwei Männer, grade Gin, sahen so aus, als würden sie mich am liebsten verprügeln wollen. Anschließend machte ich eine kleine Verbeugung und holte mit meinem Arm kräftig Schwung, um eine ausladene Geste zu machen. Dabei traf ich den Mann mit dem Anzug heftig im Magen. "Entschuldigen Sie bitte, werter Herr!", bat ich und tat scheinheilig peinlich berührt. Der Mann machte einen Schritt auf mich zu, fluchte "Dreckskerl!" und wollte ausholen, um mir eine reinzuhauen, doch Gin stoppte ihn. Das wäre sonst gar nicht gut ausgegangen. Ich nutzte diese Gelegenheit und ging einfach davon, bevor diese mafiaartigen Typen noch was sagen konnten. Ich spürte ihre hasserfüllten Blicke in meinem Rücken und mir war klar, dass es noch nicht vorbei war. Als ich außer Blickweite von diesen Männern war, rannte ich weg. Die Wette war mir völlig egal. Am Abend, als ich in meinem riesigen Zimmer war, klopfte es an der Tür und eine der Bediensteten trat ein. Ja, ich lebte noch bei meinem Vater. "Hier ist ein Brief für Sie, Mr. Kobayashi.", sagte sie und legte den Brief auf meinen Schreibtisch. "Danke." Sie ging und ich nahm diesen Brief an mich und öffnete ihn. Er war von Zenitsu, der mich morgen treffen wollte, um die Wette auszuwerten, die wir beide gründlich vermasselt hatten. 'Bei der Gasse, du weißt schon, welche', schrieb er. Ich wusste, was für eine Gasse er meinte. Dort war niemand, wir hatten sie ganz für uns alleine. Ich wurde wütend. Wütend auf diesen Trottel Zenitsu. 'Der kann was erleben!', schwor ich mir und dann ging ich schlafen.                   

Am nächsten Morgen ging ich einigermaßen früh los, ließ aber meinen "Aktenkoffer" zu Hause. Ich musste nun zwei Kilometer laufen, doch das störte mich nicht. Es war ziemlich entspannend, auch meine förmliche Kleidung hatte ich dieses Mal nicht an. Stattdessen trug ich einen blauen Pullover und eine warme Hose, zudem auch noch einen ziemlich langen Mantel, noch länger als der, den ich gestern getragen hatte. Ich fühlte mich plötzlich so, als würde mich jemand verfolgen. Ich sah in alle Richtungen, doch es schien niemand verdächtigt zu sein. Dieses mulmige Gefühl verschwand einfach nicht, doch ich ignorierte das. Endlich bei dieser abgelegenen Gasse angekommen, sah ich schon Zenitsu, der bereits auf mich gewartet hatte. Die Wut flammte wieder auf, ich wollte dieses gehässige Grinsen von seiner Hackfresse wischen. "Na, Verlierer?!", grüßte er mich spöttig. 'Dieser Mistkerl!', dachte ich und stand einfach da. "Wieso hast du dieses Auto beschädigt? Es geht so einfach, es aufzubrechen. War das Absicht?!", fragte ich aggressiv. "Hä? Ach, du meinst diesen geilen Porsche? Naja, ich dachte mir eben, dass du den Porsche unbedingt haben willst, also habe ich ihn beschädigt, damit du die Finger davon lässt. Aber jetzt sei mal nicht gleich so bockig, nur wegen diesem Ding. War doch nur ein Scherz.", sagte Zenitsu schulterzuckend. "Bist du noch zu retten?! Das ist nicht einfach nur 'n 'Ding'! Das war 'n wertvoller Porsche, den ich dann anschließend reparieren musste, du Vollidiot!", schrie ich. "Mann! Nun komm mal runter! Es war doch nur ein Auto, ja? Krieg' dich mal wieder ein!", versuchte Zenitsu, mich wieder zu beruhigen. Doch diese Worte trafen mich bis ins Herz. Ich war ein leidenschaftlicher Autofanatiker und ich konnte und wollte es nicht so stehen lassen, dass dieser Zenitsu lachend vor mir stand. "Na warte! Dein dummes Grinsen wird dir schon noch vergehen! Na, wie gefällt dir das?", drohte ich und schlug ihm mit meiner Faust voll ins Gesicht. "Spinnst du, du Penner?!", rief er entsetzt und taumelte zurück. Seine Nase blutete, doch er bemerkte es nicht. "Und? Grinst du jetzt immer noch?", fragte ich lachend und holte nochmal zum Schlag aus. Zenitsu wollte abhauen, doch ich hielt ihn fest. Er war weitaus kleiner und schwächer als ich, was bedeutete, dass er sicht kaum wehren konnte. Ich schlug ihm noch ein paar Mal meine Faust in sein Gesicht, bis ich ihn dann laufen ließ. Etwas außer Atem, stand ich nun da und sah ihm hinterher. Er bog um die Ecke und plötzlich hörte ich Zenitsu kurz aufschreien und gleich danach einen Knall, doch in meiner Wut dachte ich mir nichts dabei. Was ich da grade getan hatte, war mir zum ersten Mal passiert. "Scheiße! Kacke! Behinderter Mist!", fluchte ich vor mir hin und wollte auch gehen. Doch so weit kam ich nicht. Abrupt blieb ich stehen. 'Nein! Das darf nicht wahr sein!', dachte ich leicht panisch. Vor mir standen die zwei Männer, deren Porsche ich gestern klauen wollte. "Äh, hallo. Kennen wir uns?", fragte ich und nun klang ich nicht mehr so sicher, wie ich gestern war. Der mit dem Mantel, Gin, hob seine Waffe hoch, die er in seiner linken Hand hielt und richtete sie auf meinen Kopf. Der Mann mit dem Anzug lachte, als ich mich nach Fluchtmöglichkeiten umsah, doch es gab keine und wir waren ganz alleine hier, niemand konnte uns hören. "So sehen wir uns wieder. Jetzt sind wir nicht auf offener Straße, du Bengel!", sagte Gin triumphierend. Nun wurde es mir klar, dass diese Männer mich vorhin gesehen und dann verfolgt haben müssen. Logischerweise hatten sie dann auch meine "Unterhaltung" mit Zenitsu mitbekommen, der jetzt wohl im Reich der Toten schlummerte. 'Na, wenigstens konnte ich einmal in meinem Leben diesen schwarzen Engel von einem Porsche reparieren und anfassen.', dachte ich und schloss meine Augen. Nur eine Sekunde später, traf mich die Kugel, die meinen Kopf, mein Leben zerstörte.

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*kleine Anmerkungen:      

Die gesamte Grundlage für diesen Oneshot sowie sämtliche Ideen, stammen von einer Freundin von mir. Ich habe lediglich an ein paar Ideen mitgebastelt und aus diesen Ideen dann den Oneshot geschrieben. Ich bin immer noch glücklich darüber, dass ich das schreiben durfte.           

Auch möchte ich noch einen anderen Freund danken, der sich immer die Mühe macht und fleißig meine Gin - Storys korrigiert.             

Ich hoffe, dieser Oneshot hat euch gefallen. Lasst doch gerne ein ☆ da.              

Auch über Reviews freue ich mich immer.            

Liebe Grüße, euer Jinkuro!

Gin's schwarzer EngelWhere stories live. Discover now