girlonfire1607

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Verfasst von @girlonfire1607

Kommentiert von LucieJules

Genre: Horror

Textart: Tagebucheintrag

Der Text: Die Nanny

27.04.

Liebes Tagebuch,

ich schreibe dir weil ich Angst habe. Ich werde diese Nacht wahrscheinlich nicht überleben, doch ich möchte dass du die Wahrheit darüber erfährst, was heute um ein Uhr nachts in der Seegerhalde 7 vor sich gegangen ist. Ich weiß nicht wie viel Zeit ich habe, deswegen versuche ich mich kurz zu halten. Falls ich es nicht schaffen sollte, erinnert euch bitte an mich und meine Worte. Mama, Papa - ich hoffe dass ihr das findet. Ich liebe euch und ich weiß das Lilly es auch tut. Ich mache euch keine Vorwürfe, dass ihr Stacy als Nanny eingestellt habt und ich bitte euch darum es auch nicht zu tun. Junge Medizinstudentin sucht Nebenjob als Halbtags Nanny bei einer sympathischen Familie. Wer hätte da etwas Schlimmes ahnen können?

Ich höre ihre Schritte auf dem Parkett durch die Schranktür, die sich langsam meinem Versteck nähern. „Achtundzwanzig,..." Ich halte die Luft an. „Neunundzwanzig,..." Ob sie wohl weiß dass ich hier drinnen bin? „Dreißig." ihre Stimme ist sanft, wirkt beinahe beruhigend, doch in ihrem Unterton schwingt Wahnsinn mit.

Ich habe mir gerade in den Arm gekniffen - ich bin immer noch hier. Das hier ist kein Traum, es ist die pure Realität. Ich wünschte ich könnte in meinem warmen Bett aufwachen und bemerken, dass das alles nicht echt ist. Ich könnte mein normales Leben weiterführen und all das hier vergessen. Doch ich werde wohl nie wieder vergessen können, was ich gesehen habe. Meine kleine Schwester, wie sie auf unserem Küchentisch liegt. Bis auf ihre Unterwäsche vollkommen unbekleidet. Ich habe ihre Schreie gehört und hatte gedacht, sie hätte sich verletzt. Habe erwartet, dass sie sich den kleinen Zeh gestoßen hat, doch da war unsere Nanny, die sich über Lilly gebeugt hatte mit einem Skalpell in der einen Hand. Mit der Anderen versuchte sie meine Schwester festzuhalten, die kreischend um sich schlug. Sie hatte mich noch nicht bemerkt und ich stand wie angewurzelt da, unfähig die Situation zu erfassen. In ihren Augen glitzerte purer Wahnsinn und ihre Lippen hatten sich zu einem unheimlichen Lächeln verzogen. Ich weiß noch genau, wie sie aufgeschaut hatte, und ihre vom Rausch verwandelten Augen meine getroffen haben. „Ach Tommy, ich dachte du wärst schon im Bett. Ich habe dir doch gesagt, dass ich noch etwas für meine Prüfung morgen lernen muss." Ich höre immer noch Lillys klägliches Wimmern, ihre flehenden Schreie die meinen Namen rufen. Und ich habe nichts gemacht. Ich hatte einfach regungslos dagestanden, unfähig mich zu rühren. Ich hatte mich gerade gefasst, wollte auf Stacy zustürmen, ihr das Messer aus der Hand schlagen, doch es war zu spät. Sie klatschte Lilly heftig auf die Wange, sodass sie für einen kurzen Moment außer Gefecht gesetzt war und schnitt mit der feinen Klinge in ihren Bauch. Die Schreie meiner Schwester schienen wie aus weiter Ferne. Ich wollte mich auf Stancy stürzen, doch sie verpasste mir mit ihrem Ellenbogen einen gezielten Hieb in die Magengrube, was mich für einen kurzen Moment völlig aus der Bahn warf. Ich erinnere mich nicht mehr an viel. Nur an das viele Blut, was auf Stacys blasse Haut spritze und rote Sprenkel auf den weißen Küchenfliesen hinterließ. Es war ein so reines rot. „Da haben wir ja den Blinddarm!", lachte die Nanny plötzlich hysterisch auf. Die Schreie meiner Schwester waren inzwischen verstummt. Ich wusste nicht ob sie tot war, doch ihr Kopf hing schlaff von der Tischkante hinunter. Ihre Zungenspitze reckte sich aus ihrem Mundwinkel und ihre von Schreck geweiteten Augen starrten mich geradewegs an. Diesen letzten Blick werde ich nie vergessen. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Stacy einen von Blut getränktes Stück Fleisch in der Hand hielt. Die rote Flüssigkeit lief über ihr Handgelenk in den Ärmel ihrer grünen Bluse. Das war der Moment in dem ich wusste, dass es zu spät war und ich anfing zu rennen.

Und nun sitze ich hier. In einen Schrank gekauert und warte auf meinen Tod. Es tut mir leid. Es tut mir alles so unendlich leid. Ihre zuvor verhallten Schritte werden nun immer lauter. „Mäusschen, Mäusschen piep einmal!", säuselt sie und ich sehe ihre Schuhspitze direkt vor dem Kleiderschrank stehen in dem ich mich befinde. „Ich hab dich gefunden!" Ruckartig wird die Schranktür aufgerissen und plötzliches Licht flutet die kleine Kammer.

Mentoren-Kommentar:

Liebe Franziska

Du hast einen Text geschrieben, der es eindeutig in sich hat. Wären meine Haare nicht zu lang, würden sie mir zu Berge stehen. Jedoch grusele ich mich nicht. Wäre das Thema „Thriller" würde ich dich für die Umsetzung des Themas in den höchsten Tönen loben. Da ich es aber selbst schwierig finde eine klare Grenze zwischen Horror und Thriller zu ziehen, kann ich nur darauf hinweisen, dass dein Text am Auftrag vorbeischrammt, aber es nicht klar behaupten.

So wie ich das sehe, ist deine grösste Schwäche noch die Kommasetzung. Ganz generell möchte ich dir diese Regeln mitgeben (auch wenn du die bestimmt schon im Deutschunterricht aufgeschnappt hast): Wenn du zwei konjugierte Verben hast, brauchst es ein Komma zwischen ihnen. Da du hier wirklich noch ein bisschen arbeiten musst, empfehle ich dir im Internet/in Lehrmitteln nach gut verständlichen Theorieblöcken zur Kommasetzung zu suchen. So verbesserst du dich wahrscheinlich am schnellsten.

Du arbeitest sehr schön mit Beschreibungen (so schön, dass ich mir am liebsten die Augen zugehalten hätte bei der blutigsten Stellen) und deine Wortwahl ist sehr passend gewählt.

Mein Feedbacks sind zwar im Vergleich zu denen der anderen Mentoren eher kurz, aber dieses hier muss wohl besonders kurz ausfallen, da ich einfach nichts mehr zu kritisieren habe. Tut mir echt Leid - oder auch nicht, denn es bedeutet, dass ich den Text grundsätzlich ziemlich gut finde.

Obwohl ich normalerweise davon absehe, den eigentlichen Text zu verbessern, sondern lieber die Themen ansprechen möchte, die noch zu verbessern sind, will ich doch noch Bezug auf den Schluss deines Tagebucheintrags nehmen. Das Kind schreibt ja in ein Tagebuch, deshalb scheint es für mich nicht möglich, dass es noch „ich sehe ihre Schuhspitze direkt vor dem Kleiderschrank stehen in dem ich mich befinde. „Ich hab dich gefunden!" Ruckartig wird die Schranktür aufgerissen und plötzliches Licht flutet die kleine Kammer." niederschreiben kann. Ich bin zwar nicht oft ein Fan davon, aber bei einem solchen Text voller Spannung und Nervenkitzel hättest du die Geschichte mitten im Satz abbrechen lassen können. Das wäre aus meiner Sicht der würdigere Abschluss für deinen Text gewesen.

Viel mehr brauch ich jetzt aber auch gar nicht mehr zu sagen. Setz dich intensiv mit dem Kommas auseinander und dann verbessern sich deine Text schlagartig noch ein Stück!

Liebe Grüsse, Lucie

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