Kapitel 3 - Nadelstiche

41 3 0
                                    

Lillith

Für meine Verhältnisse, war es ein ziemlich früher Morgen, an dem ich nicht von selbst, sondern von meinem Handy wach wurde. Während andere um elf Uhr bereits ihren Haushalt verrichtet und Arbeit erledigt hatten, streckte ich mich gemütlich in dem warmen Bett, ehe ich auf den Anruf antwortete. "Was gibt's?" fragte ich und unterdrückte ein Gähnen. Die dunkelroten Vorhänge ließen das graue Licht von draußen nur zum Teil durch in mein kleines Schlafzimmer. Ich setzte mich an den Bettrand und schlug meine Decke um mich, um die gemütliche Wärme länger an mir zu behalten, da ich nur in Slip und einem großen Shirt schlief. "Lilly, wo bleibst du?" fragte mich Ezra mit einem belustigtem Unterton. Ich überlegte einen Moment, was er meinte. Meines Wissens nach war er heute auf Arbeit, von daher konnte ich kein Treffen verschlafen haben und auch sonst fiel mir nicht ein, wo ich sein sollte um diese Uhrzeit. "Sollte ich dich irgendwo abholen? Schimmelt dein Führerschein schon, so selten, wie du ihn benutzt?" Müde fuhr ich mir mit der Hand über die Augen und sah hinüber zu meinem Spiegel, in welchem ich das Chaos auf meinem Kopf betrachtete. Gefärbte Haare waren deutlich widerspenstiger als ungefärbte. "Nein, aber du lässt den Mann deiner Träume hier im Studio schimmeln, so lange, wie er schon darauf wartet, dass du zu deinem Termin erscheinst." ich war bei seinen Worten sofort still. Ach ja, das war heute. Scheiße. "Und da rufst du jetzt erst an?! Ich muss gut aussehen, ich muss mich noch schminken und was ziehe ich überhaupt an?!" Sofort stand ich auf dem kalten Laminatfußboden und stapfte schnell zu meinem Kleiderschrank, den ich fast schon panisch aufschlug und mir Unterwäsche heraus zog. Schwarz ging doch in jeder Situation, oder? "Schwarz weiß gestreifter Pulli, schwarzes oversize Shirt, dein Nietengürtel, schwarze Overknees und Stiefel. Mach die Haare in einen Zopf, zieh dir einen Eyeliner, klatsch ein bisschen schwarz weißen Lidschatten drauf, Rouge und dunkelroter Lippenstift. Ich hab dir schon Essen und Getränke versorgt. Beeil dich und nimm die Beine in die Hand, sonst hol ich dich persönlich ab." Und damit hatte mein werter bester Freund wieder aufgelegt. Dass dieser Idiot auch genau wusste, was ich für Kleidung besaß, verwunderte mich immer wieder. Dennoch befolgte ich seine Anweisungen und war innerhalb von einer halben Stunde fertig. Hoffentlich hatte er etwas gutes zu Essen eingepackt, denn mein Magen knurrte unheimlich, während ich meine Schlüssel griff und mich auf den Weg nach unten durch das Treppenhaus machte. Zum Glück war der Weg zu Fuß nicht weit und ich würde in wenigen Minuten bei dem Tattoo Studio sein. 

Ich würde es nie zugeben, doch nach dem, was mir Ezra über den Tätowierer erzählt hatte, war meine Neugier geweckt. Nicht, dass ich mich sofort in eine Beziehung stürzen würde, doch man konnte sich ja schließlich kennen lernen und sehen, wo das ganze hin führte. Ob er wirklich so groß war, wie Ez gesagt hatte? Schließlich war für den Winzling fast jeder groß. Doch selbst wenn er groß und gutaussehend ist, heißt das noch lange nicht, dass er mich auch in einer Beziehung gut behandeln würde oder er auch charakterlich zu mir passte. Damit hatte ich bereits in der Vergangenheit einige Erfahrungen gemacht, welche ich nicht wiederholen wollte. 

Zum Glück hatte ich auf dem kurzen Fußweg nicht allzu viel Zeit, mir Gedanken zu machen um meine ehemaligen zwei Beziehungen, denn ich stand bereits vor der Ladentür. Ezras Idee, Overknees anzuziehen, war eine gute Idee, denn auch wenn das Wetter heute deutlich besser war, zog mir der Wind eisig durch das Shirt hindurch. Denn vergesslich wie ich war, hatte ich vergessen, mir in der Eile eine Jacke mitzunehmen. Demnach ging ich schnell durch die Ladentür und wurde von einer Mischung aus warmer Luft, dem Geruch nach Apfeltee und Desinfektionsmittel und der Musik von Dragged Under begrüßt. Irgendwo aus dem Laden hörte  ich eine Stimme mitsingen, die ich nicht zuordnen konnte. Ezra gehörte sie jedenfalls nicht, dafür war sie zu rau und hell. Fröstelnd strich ich mir über die Arme und stapfte von einem Fuß auf den Anderen. Dieses Studio sah wirklich sehr edel aus mit der Mischung aus gold und schwarz. Hinter einem der schwarzen Vorhänge kam ein Kopf hervor, der mir nur allzu bekannt war. Diesen dunkelblauen, lockeren Dutt und das Motten Tattoo am Hals erkannte ich überall. "Ich glaub's nicht, welch ein hoher Besuch zur frühen Stunde!" rief er mir entgegen und kam nun ganz hervor. Er trug schwarze ripped Jeans und ein Shirt von Ice Nine Kills. Ich grinste und tat einen Knicks, ehe ich zu ihm trat und ihn umarmte. Er drückte mich fest und ich nutzte diese Gelegenheit, ihm durch die Haare zu fahren und somit seinen Dutt vollständig aufzulösen. "Alter Lillith, dir kann man echt nicht zu nahe kommen!" beschwerte er sich direkt und machte sich direkt an die Arbeit, seine Haare erneut nach hinten zu binden. "Das stimmt nicht, du darfst mir nur nicht zu nahe kommen, wenn du lange Haare hast." korrigierte ich ihn und lachte ein wenig. 

Under Your SkinWhere stories live. Discover now