,,Nun ist es wohl an der Zeit Lebewohl zu sagen" seufzte ich und warf Faenol ein müdes Lächeln zu. Das Tor nach Himmelsrand war schon in Sichtweite. Es war bereits später Nachmittag, heute würden wir es nicht mehr nach Weißlauf schaffen.
,,Allerdings" entgegnete Faenol ebenfalls lächelnd. ,,Ich danke Euch sehr für Eure treuen Dienste Faenol. So wie mein Vater es einst tat, nenne ich Euch gerne Freund" sagte ich. ,,Es war uns eine Ehre noch einmal mit Euch das Schwert zu ziehen" meinte der Waldelf ,,und eine Freude, zu sehen, dass das Geschlecht Eures Vaters nicht vom Feind ausgelöscht worden war." ,,Dazu hat es ja mehr als genug Gelegenheiten gegeben" erwiderte ich mit einem Zwinkern. Anerkennend legte ich ihm eine Hand auf die Schulter und sprach auch an die anderen Bosmer gerichtet: ,,Ihr seid nun entlassen aus meinem Dienst und dem meiner Familie. Solltet Ihr je wieder nach Himmelsrand zurückkehren und etwas brauchen, werde ich alles in meiner Macht stehende tun um es Euch zu gewähren."
Nachdem sich jeder der verbliebenen Männer meines Vaters bei mir bedankt und verabschiedet hatte, wandte Faenol sich ein letztes Mal zu mir: ,,Ich werde Euch in Kenntnis davon setzen, wenn wir Valenwald erreicht haben. Wer weiß? Wenn die Lage sich in Zukunft wieder beruhigen sollte, könntet Ihr doch noch in die Heimat Eures Vaters kommen. Vielleicht ja sogar mit Eurem Kind und seinem Vater." Ich lächelte dankbar und erwiderte knapp: ,,Sehr gerne."
Die indirekte Erwähnung von Vilkas brachte mich ein wenig in Verlegenheit. So sehr ich mir auch versuchte es vorzustellen, ich konnte mir ihn und mich nicht als Eltern vorstellen. Würde ich noch genauso fühlen, wenn er wieder vor mir stünde?
,,Nun macht, dass Ihr dieses Land verlasst" lachte Faenol. Ich nickte hastig und warf Rodrik einen prüfenden Blick zu. ,,Lasst uns gehen, wir sollten es noch bis Falkenring schaffen, bevor es dunkel wird. Und ich brauche was im Magen, vorzugsweise Met" meinte dieser kühl.
Seit unserem Marsch hierher hatte er kaum noch gesprochen, irgendetwas schien ihn zu beschäftigen. Könnte es daran liegen, dass er Vilkas doch einen Vorsatz unterstellte? Wenn es um mich ging, war mit Rodrik nicht zu spaßen, das wusste ich. Umgekehrt würde es genauso sein.
Ich schenkte ihm ein müdes Lächeln und machte einen Schritt in seine Richtung. ,,Passt auf Euch auf" rief ich Faenol und den anderen Elfen noch zu ,,mögen die Göttlichen Euch hold sein!"
Kurze Zeit später schritten wir schon durch das Tor, durch das wir am Vortag erst nach Cyrodiil gelangt waren. Die kaiserlichen Wachen schienen ein wenig verwirrt über unseren kurzen Aufenthalt, ließen uns aber, den Göttern sei Dank, bald passieren. Glücklicherweise waren auf der Seite Himmelsrandes dieselben Wachmänner stationiert wie schon bei dem Verlassen des Landes. Nun fiel mir auch endlich der Name des blonden Nords wieder ein, er hieß Ralof. Dieser war ebenfalls verwirrt über unsere schnelle Wiederkehr, doch ich unterrichtete ihn knapp von unserem Zusammentreffen mit den Thalmor und der kurzen Gefangenschaft. Auch Ralof schien sichtlich verwirrt über den plötzlichen Sinneswandel seitens Ondolenmars, doch mir war inzwischen klar was in ihm vorgegangen sein musste.
Nach etwa zwei Wegstunden, in denen wir nicht viele Worte miteinander gewechselt hatten, erreichten Rodrik und ich Falkenring. Wir entschieden uns dazu, ein Zimmer im Totenmannstrunk zu mieten. Dort angekommen, bestellten wir uns ebenfalls etwas zu Essen und setzten uns an einen der Tische. Die Herberge war recht voll, zumindest wenn man sie mit Haus Moorblick in Morthal verglich.
,,Was schlägt Euch denn so auf das Gemüt?" fragte ich meinen Freund schließlich als mein Teller leer war. Er setzte seinen Krug Met ab und entgegnete: ,,Was sollte mir auf das Gemüt schlagen?" Ich rollte mit den Augen. ,,Rodrik, ich kenne Euch. Sogar sehr gut. Irgendetwas ist los, sprecht doch bitte mit mir." ,,Vielleicht ist es besser, wenn ich das nicht tue" meinte er ernst und nippte wieder an seinem Met. ,,Ich denke schon, dass es besser wäre, wenn Ihr darüber sprechen würdet" widersprach ich. ,,Ach ich mache mir nur Gedanken um unsere Rückkehr nach Weißlauf, Ihr wisst schon, Aela und so."
Auch wenn ich ihm das nicht ganz glauben konnte, versetzte mir die Erwähnung der Jägerin einen kleinen Stich im Herzen. Verwirrt über meine Gefühlslage erhob ich mich um in das Schlafgemach zu gehen, immerhin fehlte mir einiges an Schlaf und ich war sehr müde.
,,Achso" entgegnete ich kleinlaut ,,geht mir ja auch nicht anders mit Vilkas." Rodrik grinste mir gequält zu und winkte dann der Dame am Tresen, dass sie ihm noch einen Met brächte. Ich wünschte meinem Freund noch eine gute Nacht und begab mich dann schnell in das uns zugewiesene Zimmer.
Nachdem ich mich von meinen Waffen und meiner Rüstung befreit hatte, legte ich mich auf das Bett und starrte nachdenklich an die Decke. Ich hatte Angst vor dem Wiedersehen mit Vilkas, besonders nach allem, was zwischen mir und Rodrik vorgefallen war. Mit meinem Freund zu schlafen war definitiv nicht die beste Entscheidung meines Lebens gewesen, wobei sie immer noch deutlich besser gewesen war, als für Brynjolf eine Nachtigall zu werden oder mich von Vilkas schwängern zu lassen. Die Vorstellung mit Vilkas gemeinsam eine Familie zu gründen und ihn vielleicht sogar zu heiraten war prinzipiell keine schlechte, jedoch zweifelte ich daran, dass mir oder ihm das guttun würde. Natürlich liebte er mich, mehr als mir lieb war vielleicht. Ich hatte ihm ebenfalls meine Liebe zugesichert, doch nun war mir nicht klar, aus welchen Gründen ich das getan hatte. War es am Ende vielleicht doch nur Mitleid gewesen? Oder Melancholie? Hatte ich mich selbst belogen?
Seufzend drehte ich mich zur Seite und kniff die Augen zusammen. Ich war damals ohne Vater aufgewachsen. Ich wollte meinem Kind nicht das Gleiche antun, jedoch wollte ich mich auch nicht nur wegen meiner Schwangerschaft für Vilkas entscheiden. Auch wenn ich mich auf eine seltsame Art und Weise immer wieder zu ihm hinziehen lassen hatte, wenn es nicht meine freie Entscheidung war, konnte ich mir eine gemeinsame Zukunft nicht vorstellen. Zu viel dieser Beziehung hatte Vilkas schon bestimmt. Ihren Anfang, Ihr Ende... Ich trug sein Kind in mir, was allerdings nicht bedeuten sollte, dass ich nun verpflichtet dazu war ihm auf ewig meine Treue zu schwören. Selbst wenn ich dann am Ende alleine dastehen würde.
Egal welche Entscheidung ich treffen würde, mein Kind würde davon genauso, wenn nicht sogar noch mehr betroffen sein. Gab es denn keine vernünftige Alternative? Ob Vilkas und ich uns langsam auf eine beständige Art und Weise lieben lernen könnten? Ohne Impulsive Gefühlsausbrüche und Besitzansprüche?
Irgendwann war ich, trotz meiner inneren Unruhen, eingeschlafen. Als ich wieder aufwachte, war mir schon wieder übel und ich musste mich anstrengen, nicht das Bett einzusauen. Als ich mich hastig aufrichtete um aus dem Zimmer zu stürmen, erblickte ich Rodrik schlafend auf dem Boden. Mir blieb leider keine Zeit weiter darüber nachzudenken, warum er sich nicht neben mich auf das Bett gelegt hatte. Ich presste die Hand auf meinen Mund und stürmte rasch aus dem Zimmer heraus. Ohne groß auf meine Umgebung zu achten, stolperte ich bald nach draußen und übergab mich im Schwall über das Geländer auf die Wiese vor dem Gasthaus.
,,Vielleicht solltet Ihr weniger trinken" kommentierte ein älterer Nord, der im Morgengrauen an mir vorbeilief, angewidert das Geschehen. Ich wollte etwas Schnippisches entgegnen, stattdessen übergab ich mich ein weiteres Mal. Kopfschüttelnd entfernte der Mann sich.
,,Darf ich mitmachen?" hörte ich Rodrik hinter mir, der sich nun ebenfalls über das hölzerne Geländer beugte um seinen Magen zu entleeren. Es war so absurd, dass ich lauthals zu lachen begann. ,,Seid Ihr nun auch schwanger?" Angestrengt hielt Rodrik sich den Kopf und entgegnete: ,,Wenn dann vom Met." Ich legte einen Arm um ihn und scherzte: ,,Ich kenne niemanden mit dem ich mich lieber übergeben würde." ,,Seid Ihr Euch da sicher?" fragte Rodrik nur und richtete sich wieder auf ,,Ich glaube jetzt ist es gut. Ich würde vor unserer Abreise nur gerne etwas Wasser trinken." Dem konnte ich nur zustimmen.
Zurück in dem Gasthaus sammelten wir unsere Ausrüstung zusammen und bestellten uns dann einen großen Krug Wasser den wir teilten und ich aß noch ein wenig Brot. So eilig nach Weißlauf zu kommen hatte ich es dann auch nicht. Ich hatte noch immer keine Ahnung, was ich wegen Vilkas tun sollte. Vielleicht war es aber das Beste, die Konfrontation mit ihm so schnell wie möglich hinter mich zu bringen. Ohnehin musste ich meine Entscheidung gemeinsam mit ihm treffen, er war immerhin der Vater meines ungeborenen Kindes.
Bald nach unserem kargen Frühstück brachen Rodrik und ich auf. Gegen Mittag trafen wir in Weißlauf ein. Rodrik war wieder nicht sehr gesprächig gewesen und auch ich war mehr in meine Gedanken versunken als irgendwelche Gespräche anzufangen. Je näher wir der Heimat der Gefährten gekommen waren, desto unruhiger war ich geworden. Das Wiedersehen mit Vilkas stand nun unmittelbar bevor und ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie dieses ablaufen sollte.
Nervös lief ich die Straße hinauf während Rodrik eher lustlos hinter mir her trottete. Als wir an der Methalle der Gefährten angekommen waren, drückte ich nervös die Tür auf. Zu meiner Erleichterung waren weder Vilkas, noch sein Bruder zu sehen. Stattdessen saß nur Aela mit dem Rücken zu uns an der langen Tafel und war dabei einen grünen Apfel zu massakrieren. Als sie uns eintreten hörte, schreckte sie hoch und drehte sich um.
,,Saphir? Schon wieder zurück? War die Sehnsucht nach dem Griesgram so groß?" fragte sie irritiert und blickte dann zu Rodrik, der noch immer eine ziemlich finstere Miene zog. Bei dem Anblick Aealas jedoch wurden seine Gesichtszüge ein wenig weicher, man konnte sogar den Anflug eines Lächelns erkennen. ,,Nunja, ich habe meine Gründe" entgegnete ich unsicher ,,ich kann Euch mehr dazu sagen, wenn ich mit Vilkas gesprochen haben werde. Könnt Ihr mir sagen, wo ich ihn finden kann?" ,,Geheimnisvoll" bemerkte Aela unbeeindruckt ,,aber ja. Ihr findet den Griesgram im Hof. Trainiert gerade zwei neue Welpen. Kann ich Euch solange etwas Gutes tun, Rodrik?"
Im Hof war er also. Nun stand nur noch eine Tür zwischen mir und dem Gespräch mit Vilkas. Sollte ich ihm direkt zu Beginn sagen, dass ich schwanger war, oder lieber damit warten, bis wir auf einer soliden Gesprächsbasis angekommen waren?
,,Etwas in den Magen zu bekommen wäre Sicherlich ein Anfang" antwortete Rodrik der Gefährtin und ging ein paar Schritte auf sie zu. ,,Viel Erfolg Saphir, berichtet mir wie er reagiert hat" sprach er mir zu. Ich nickte angespannt. Aela warf mir einen ungläubigen Blick zu. War es so offensichtlich, warum ich zurückgekehrt war?
Mit einem nervösen Räuspern lief ich an den beiden vorbei und steuerte die Tür zum Hof an. Ich spürte meinen schnellen Herzschlag im ganzen Körper als ich die Tür öffnete und am liebsten hätte ich mich gleich wieder übergeben. Wenn die Dinge erst einmal ausgesprochen waren, würde es mir doch hoffentlich besser gehen, oder nicht?
Ich erblickte Vilkas sofort. Er stand in der Mitte des Hofes und schaute einer Nord und einem Waldelfen bei einem zaghaften Schwertduell zu. ,,Das könnt Ihr doch mit Sicherheit besser, Nadja" sagte Vilkas in einem strengen Ton zu der Nordfrau, die daraufhin mit einem angestrengten Stöhnen zu einem mächtigeren Hieb ausholte, den der Waldelf unter viel Kraftaufwand blockte.
Ich ging vorsichtig in die Richtung des Geschehens, traute mich aber noch nicht meinen Mund zu öffnen. Nachdenklich lehnte ich mich gegen eine der Holzsäulen und versuchte mir meine Worte zurecht zu legen, als Vilkas den beiden Rekruten das Signal gab aufzuhören. Er hatte mich bemerkt.
Ungläubig sah er mich an, während ich mich ihm langsam näherte. Mit jedem Schritt wurden meine Knie weicher und meine Angst größer. Die Rekruten sahen neugierig zwischen uns hin und her. Vilkas schüttelte den Kopf und lief dann bestimmt in meine Richtung.
Zur Begrüßung nahm er mich in die Arme. Ich drückte mich fest an ihn und schloss die Augen. Die Ruhe vor dem Sturm genießen. Eine Träne lief mir die Wange hinunter und ich kniff meine Augen noch fester zusammen. Ich durfte jetzt bloß nicht die Fassung verlieren.
Ihn sehen, riechen und spüren zu können machte es nicht einfacher auszusprechen, was mir auf der Seele lag.
,,Was macht Ihr denn hier? Solltet Ihr nicht in Valenwald sein?" fragte Vilkas aufgeregt, als wir uns schließlich doch voneinander gelöst hatten. Ernst blickte ich ihm in die Augen. Ich musste mich anstrengen nicht sofort in Tränen auszubrechen. Krampfhaft suchte ich Worte um in das Gespräch einzusteigen.
,,Ich wollte eben nicht, dass mein Kind ohne einen Vater aufwachsen muss" brach es schließlich aus mir heraus. Überrascht sah Vilkas an mir herunter, als ob man schon etwas erkennen könnte und erwiderte dann: ,,Und das wird es auch nicht." Ich schenkte ihm ein trauriges Lächeln. Wie sollte ich es ihm denn nur sagen?
Vilkas gab mir einen sanften Kuss und sofort fühlte ich mich schuldig. Ich zog meinen Kopf zurück und flüsterte: ,,Es gibt da etwas, dass ich Euch sagen muss. Vielleicht aber lieber unter vier Augen?" Verunsichert wich Vilkas zurück. Er wies die Rekruten an, sich zu entfernen. Ich beobachtete die beiden unruhig, bis sie in Jovaskrr verschwunden waren und wandte mich dann wieder Vilkas zu, der mich nun erwartend ansah.
,,Was ist es?" drängte er ungeduldig. Ich seufzte und flüsterte: ,,Ich habe etwas getan, dass" ich machte eine kurze Pause und zwang mich ihm weiterhin in die Augen zu sehen ,,unsere Beziehung nicht gerade einfacher machen wird." Der Nord warf mir einen misstrauischen Blick zu und wich noch einen Schritt zurück. ,,Was habt Ihr getan?" fragte er ernst. Tränen sammelten sich in meinen Augen und ich überwandte mich endlich es auszusprechen: ,,Ich habe mit Rodrik geschlafen." Vilkas lachte verächtlich und erwiderte dann: ,,Wieso wundert mich das nicht?"
War das sein Ernst? War das wirklich das Einzige, was er dazu zu sagen hatte? Doch nun gab es kein Zurück mehr. Was ausgesprochen war, konnte ich nicht ungeschehen machen und erstaunlicherweise fühlte es sich gar nicht mehr so furchtbar an, jetzt wo es einmal draußen war.
,,Was?" gab ich verwirrt von mir. ,,Vermutlich hat er nur auf seine Gelegenheit gewartet um Euch endlich zu verführen." Erzürnt schüttelte ich meinen Kopf. So sollte er nicht über Rodrik sprechen. ,,Nein, so war es nicht. Ich war diejenige, die ihn verführt hat. Es ging alles von mir aus. Ich kann Euch doch auch nicht sagen warum! Es tut mir Leid, wirklich. Ich wollte Euch damit nicht verletzen" versuchte ich mich zu erklären. ,,Ist schon gut" entgegnete Vilkas kühl, doch ich spürte, dass die Wut in ihm kochte.
,,Ist schon gut." Diese Aussage verunsicherte mich. Warum ließ er nicht einfach seine Wut heraus? Ich wollte klare Worte von ihm hören und keine ausweichenden Antworten.
,,Schon gut?" wiederholte ich ungläubig ,,Nichts ist gut! Ich erwarte ein Kind von Euch, habt Ihr das schon wieder vergessen?" Mit einem bitteren Lächeln entgegnete er: ,,Das klingt ja fast so, als ob das etwas Schlechtes wäre." ,,Nein, so meine ich das doch nicht" verteidigte ich mich. ,,Seid Ihr Euch da sicher?" fragte Vilkas und fügte spitz hinzu: ,,Nun stehe ich als Vater des Kindes zwischen Euch und Eurem ehemals blutsaugenden Freund." ,,Wie kommt Ihr denn darauf?" erwiderte ich entsetzt von seiner Annahme. ,,Ganz einfach Saphir" begann der Nord ernst ,,warum sonst hättet Ihr es mir erzählt? Wenn Ihr meinetwegen zurückgekehrt wärt, hättet Ihr es einfach für Euch behalten können. Besonders wenn es nichts bedeutet hätte." ,,Es hat nichts bedeutet" protestierte ich. ,,Oh doch, das hat es" flüsterte Vilkas mit finsterer Miene ,,denn wenn ich Euch etwas bedeutet hätte, wärt Ihr die paar Monate ohne männliche Zuneigung ausgekommen."
Das hatte gesessen. Ich wusste ganz genau, worauf er damit anspielen wollte. Seine Worte verletzten mich, doch mir war klar, dass er mir nur wehtat, um mit seinem eigenen Schmerz besser umgehen zu können. Dennoch konnte ich das nicht einfach so auf mir sitzen lassen.
,,Naja, jetzt ist es doch sowieso egal" funkelte ich ihn an ,,immerhin wart Ihr ja schlau genug mir ein Kind unterzuschieben bevor ich Weißlauf verlassen habe, jetzt bleibt mir doch sowieso nichts anderes übrig als bei Euch zu bleiben!" Sein Blick gefror augenblicklich. ,,Ist es das" begann er entsetzt ,,was Ihr von mir denkt?" fassungslos schüttelte er den Kopf ,,Dass ich Euch vorsätzlich in diese Lage gebracht hätte, um Euch an mich zu binden?"
,,Vilkas, ich" begann ich, unwissend, was ich darauf erwidern sollte. ,,Ihr vertraut mir nicht mehr" murmelte Vilkas enttäuscht und ließ seinen Blick auf den Boden sinken ,,als wir uns das letzte Mal gesehen haben, habt Ihr mir Eure Liebe beteuert. Ich dachte, dass diese Worte Euch etwas bedeutet hätten." ,,Das haben sie" entgegnete ich mit zittriger Stimme, Tränen liefen meine Wangen hinunter.
Mir tat es unglaublich leid, dass ich den Nord so sehr verletzt hatte. Ich hatte nicht gelogen, als ich ihm meine Liebe zugesichert hatte. Ob ich ihm irgendwie erklären könnte, was in mir vorging? Ich durfte nicht wieder aus Mitleid heraus handeln. Nun galt es für mich eine eigenständige Entscheidung zu treffen.
,,Vilkas, was geschehen ist, tut mir unglaublich leid und ich wünschte ich könnte es ungeschehen machen" sagte ich, doch Vilkas fiel mir ins Wort: ,,Saphir, Ihr wisst doch, ich würde Euch auf der Stelle zu meiner Frau machen, Rodrik hin oder her. Ich liebe Euch viel zu sehr, als dass ich Euch so einfach ziehen lassen könnte. Doch" er machte eine kurze Pause in der er seinen Blick wieder hob und mir eine Strähne aus dem verweinten Gesicht strich ,,ich glaube, dass es nicht das ist, was Ihr wollt."
Ich seufzte leise und legte meine Hand an die von Vilkas. ,,Ich weiß es nicht, Vilkas. Das einzige, das ich weiß, ist, dass ich mich nicht für Euch entscheiden will, bloß weil ich Euer Kind in mir trage." ,,Ich verstehe" flüsterte er ,,Euer Herz soll frei sein, das sehe ich auch so." ,,Und trotzdem" fuhr ich fort ,,will ich nicht, dass dieses Kind ohne einen Vater aufwächst. Ihr und ich, wir wissen wie es ist, ohne einen Vater aufzuwachsen. Würdet Ihr denn..." ,,Natürlich würde ich. Und ich werde!" antwortete der Nord entschlossen ,,Das ist mein Kind, das Ihr da in Euch tragt. Egal wie Ihr Euch entscheiden werdet, ich werde für meine Familie alles tun. Für unsere Familie."
Ich lächelte gerührt und versuchte zaghaft ihn zu umarmen. Zögerlich ließ er es zu und streichelte mir dann beruhigend über den Kopf. ,,Wir werden eine Lösung finden" flüsterte er mir zu ,,nur solltet Ihr Euch zunächst darüber sicher werden, was Rodrik Euch bedeutet."
Was Rodrik mir bedeutete? Er war mein Freund. Wohl die einzige Person auf dieser Welt, die mich wirklich kannte. Für mich würde er alles tun, und ich für ihn. Er hatte mich aus meiner Gefangenschaft befreit, seitdem war er mir nie von der Seite gewichen. Auf ihn konnte ich mich immer verlassen, er würde mich niemals hintergehen, mir niemals etwas Schlechtes tun. Wir liebten einander, sehr sogar, jedoch hatte ich es immer als eine freundschaftliche Liebe wahrgenommen.
Seit unserem Kuss auf dem Rückweg nach Rifton hatte sich jedoch etwas verändert, vielleicht sogar schon davor. Rodrik hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er mich gut fand. Und ich? Warum hatte ich mit ihm geschlafen, wenn ich doch eigentlich Vilkas liebte?
Ich nickte nur. ,,Erst dann sollten wir diese Konversation weiterführen. Bis dahin brauche ich ein wenig Abstand von Euch, das versteht Ihr doch sicher, oder? Natürlich könnt Ihr solange in Jovaskrr bleiben" meinte Vilkas ernst ,,oh und natürlich auch Euer Freund, der treibt sich doch sicherlich auch irgendwo hier herum." Ich räusperte mich verlegen. ,,Danke Vilkas" sagte ich dann ,,ich lasse Euch dann erst einmal alleine." Er nickte zustimmend und ich machte Kehrt.
Ich musste mit Rodrik sprechen, vielleicht würde mir das Klarheit schaffen können.
Als ich die Methalle betrat, traf ich zu meiner Überraschung nur Aela an, die nun dabei war, einen roten Apfel zu zerstückeln. Anscheinend war sie sehr angespannt. Als ich mich ihr näherte drehte sie sich schon erwartend um und fragte neugierig: ,,Und? Was hat er gesagt?" ,,Er ist begeistert" gab ich nur von mir und suchte mit den Augen die Umgebung nach Rodrik ab.
,,Sucht Ihr nach Eurem Freund?" ,,Ich dachte er wäre bei Euch" entgegnete ich verwirrt. Aela seufzte und stach ihr Messer so in den Apfel, dass es stecken blieb. Dann erhob sie sich und meinte: ,,Rodrik hat mir erzählt was zwischen Euch beiden vorgefallen ist. Habt Ihr es Vilkas gesagt?" Ich nickte und senkte beschämt meinen Blick.
,,Auch wenn ich diejenige war, die Euch davon überzeugen wollte, Vilkas noch eine Chance zu geben" begann Aela schließlich ,,bin ich mir nun nicht mehr so sicher, ob dieser Rat so gut war. Ich weiß, dass Ihr beiden Euch irgendwie gegenseitig anzieht, aber ich habe nicht das Gefühl, dass Ihr ihn so sehr liebt, wie er Euch. Vielleicht" sie seufzte laut ,,ist er einfach nicht der Richtige für Euch." ,,Nicht der Richtige?" fragte ich nachdenklich ,,Was bedeutet denn schon ,der Richtige'?" Aela lachte leise auf und murmelte: ,,Das müsstet Ihr inzwischen doch schon selber gemerkt haben." ,,Was?" ich verstand nicht, worauf sie hinauswollte. ,,Nunja" entgegnete sie ,,es gibt doch jemanden, der Euch guttut. Der alles für Euch tun würde und Euch selbst in die aussichtslosesten Situationen folgt. Jemanden, dem Ihr vertraut und der Euch niemals wehtun würde. Zumindest nicht ohne Euer Einverständnis." Sie zwinkerte mir schelmisch zu.
,,Rodrik" flüsterte ich leise. ,,Rodrik" wiederholte Aela belustigt. ,,Aber, warum sagt Ihr mir das? Ich dachte, dass Ihr und Er" ich räusperte mich verlegen ,,nun, dass Ihr beide..." Wieder lachte Aeala. ,,Ich verstehe, warum es Euch den Eindruck vermittelt hat, aber wir sind ganz sicher kein Liebespaar" erklärte sie amüsiert. ,,Aber er war so deprimiert, als wir das letzte Mal in Weißlauf waren. Außerdem wollte er so früh wie möglich abreisen" antwortete ich verwirrt. ,,Das war ganz sicher nicht wegen mir" entgegnete Aela ,,ich hätte nicht gedacht, dass Ihr so blind wärt. Aber meinetwegen öffne ich Euch die Augen ein wenig." Sie hob den Apfel mit dem Griff des Messers und ging damit auf mich zu.
,,In etwa so musste Rodriks Herz ausgesehen haben, als Ihr dem Griesgram die Gelegenheit gegeben habt Euch zu schwängern" sagte sie und deutete dabei auf den massakrierten Apfel. ,,Aber ihr beide wart doch andauernd-" ,,Wir haben eine angenehme Zeit miteinander gehabt, das leugne ich nicht, jedoch hatte er nur ein Thema" fiel sie mir ins Wort. Auch wenn ich langsam zu verstehen begann, musste ich es erst aus ihrem Mund hören. ,,Saphir" fuhr sie fort ,,Ihr wart sein Thema. Dass Ihr all die Zeit nicht bemerkt habt, dass Euer bester Freund sich in Euch verliebt hat ist wirklich interessant."
Rodrik liebte mich also wirklich. War es das, was er gemeint hatte, als er mir gesagt hatte, dass er mich mehr liebte als es ihm lieb war?
,,Seit wann?" fragte ich vollkommen überfordert und doch irgendwie erheitert. ,,Seit Eurem Tod auf dem Schlachtfeld, war das nicht offensichtlich für Euch?" ,,Warum hat er dann nie...?" ,,Weil Er Euch respektiert. Ihr habt um Euren Verlobten getrauert, schon vergessen? Und als das vorbei war, habt Ihr Euch wieder Vilkas angenähert. Rodrik würde Euch niemals zu irgendetwas drängen wollen, oder Eurem Glück im Wege stehen. Genau deshalb ist er fort gegangen" erklärte Aela ernst. ,,Er ist fort gegangen?" panisch packte ich sie bei der Schulter ,,Wo ist er?" Aela lächelte zufrieden und erwiderte: ,,Wenn Ihr Glück habt, ist er noch nicht weitgekommen. Er wollte Weißlauf erst einmal verlassen um Euch die Situation mit Vilkas zu vereinfachen."
Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, ließ ich die Jägerin los und sprintete zur Tür. Ich lief nervös die Straßen hinunter und rief ab und an Rodriks Namen, jedoch konnte ich ihn nicht ausfindig machen. Die Stadtwachen sahen mir verwirrt hinterher, als ich wie eine Irre durch das Tor nach draußen stürmte. Weit konnte mein Freund doch noch nicht gekommen sein! Dann endlich, unweit der Ställe sah ich ihn. Er hatte seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen und lief einsam die Straße entlang.
,,Rodrik" keuchte ich erleichtert, als ich ihn fast eingeholt hatte ,,wartet, bitte!" Mein Freund drehte sich um und sah mich ernst an. ,,Hat Aela Euch etwa von meinem Vorhaben erzählt?" fragte er nüchtern. ,,Ja" entgegnete ich ,,und das ist auch gut so. Ich will nicht, dass Ihr geht!" ,,Saphir" begann Rodrik entschieden ,,es ist besser so für Euch. Ihr wisst, ich will, dass Ihr glücklich seid. Deshalb ist es besser, wenn ich gehe. Ich möchte Eurem Glück nicht im Wege stehen." ,,Aber das tut Ihr doch gar nicht" protestierte ich. ,,Doch, das tue ich. Ihr solltet vernünftig sein und mit Vilkas Eure Familie gründen. Ich habe Euch durch mein selbstsüchtiges Verhalten in Schwierigkeiten gebracht. Es war ein Fehler, dass wir miteinander" er seufzte und meinte dann: ,,Macht es gut Saphir, wir werden uns doch bald wiedersehen. Ich brauche bloß etwas Zeit um meine Gefühle zu sortieren."
Er wandte sich ab und wollte weitergehen, doch ich packte ihn am Arm und sagte bestimmt: ,,Das müsst Ihr gar nicht." Fragend drehte er sich um. ,,Ich sollte Euch doch Bescheid geben, wenn ich über den hübschen Dieb hinweg bin, oder nicht?" sprach ich entschieden. ,,Na und?" Rodrik schien nicht zu verstehen. ,,Rodrik" begann ich und legte meine Hand an seine Wange ,,hiermit sage ich Euch Bescheid." Unsicher, wie er reagieren würde, aber entschlossen, küsste ich ihn.
Überrascht wich er zurück und stotterte: ,,Saphir, Ihr müsst das nicht tun." ,,Wisst Ihr" entgegnete ich mit einem Lächeln ,,Ich liebe Euch, und das mehr als mir lieb ist."
DU LIEST GERADE
Saphir [~Vilkas FF]
FanfictionSechs Jahre nachdem ihre Mutter gewaltsam ermordet und sie selbst entführt worden war, gelingt es der jungen Waldelfe Saphir sich aus der Gefangenschaft der Thalmor zu befreien. Zurück in der Freiheit muss sie jedoch merken, dass sie von nun an auf...