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Einige Minuten später verließ Finya ihre Kammer. Inzwischen war auch Yorick in den Gemächern seines Königs angekommen.
Finya trat auf den großen Tisch zu und ging neben ihrem Herren auf die Knie.
Sanft strich Aaron ihr über den Kopf. „Ist alles in Ordnung , Finya?"
„Ja, Herr. Rebecca hat sich wieder etwas beruhigt. Ich wollte Euch allerdings fragen, ob ich ihr etwas von dem Trank geben kann..."
Aaron schmunzelte. „Du kannst ihr Noxanum geben. Aber nur einen kleinen Schluck, das sollte reichen. Du weißt ja, wo du den Trank findest."
Finya lächelte. „Danke, Herr."
Aaron beobachtete Finya, wie sie einen Becher vorbereitete.
„Sag Bescheid, wenn Rebecca schläft."
Finya verneigte sich leicht und kehrte zurück in ihre Kammer.
Einige Minuten später öffnete sie erneut die Türe und nickte Aaron zu.
Dieser gab Yorick ein Zeichen. „Yorick wird Rebecca vermessen." erklärte er Finya.

Am nächsten Morgen weckte Finya ihre Freundin. Kurz darauf betraten sie den Hauptraum, wobei Rebecca sichtlich verlegen wirkte. Auf der anderen Seite schien ihre Angst vor Aaron weiter abgenommen zu haben.
Aaron saß am Tisch, der Wagen mit dem Frühstück daneben.
„Guten Morgen Finya, guten Morgen, Rebecca" grüßte er die beiden Sklavinnen.
Diese erwiderten den Gruß und traten auf Aaron zu.
Finya nickte Rebecca zu und gemeinsam begannen sie, den Tisch für ihren Herren zu decken.
Rebecca wollte gerade einen kleinen Teller mit mehreren mundgerecht zurecht geschnittenen Speisen auf den Tisch stellen, als Aaron sie stoppte. „Dieser Teller ist für dich, Rebecca." erklärte er ihr freundlich.
Rebecca stockte, als sie merkte, dass für Finya kein Teller vorbereitet war und sie den Grund realisierte.
Aaron schmunzelte. „Finya braucht keinen eigenen Teller." bestätigte er ihr.
Rebeccas Hände begannen leicht zu zittern und sie schluckte schwer. Dann stellte sie den Teller jedoch bestimmt neben Aaron. „Ich...möchte es...lernen..., Herr" wandte sie sich dann leise und scheu an Aaron.
Sichtlich überrascht sah Aaron sie an.
Dennoch zögerte er. Lieber hätte er Rebecca mit dem Nachmittagsgebäck an diese Aufgabe herangeführt.
Schließlich nickte er jedoch. „Dann knie dich neben mich." forderte er sie auf und wies auf seine linke Seite.
Mit einem Lächeln kniete sich Finya dieses Mal auf Aaron's rechte Seite. Kurz darauf reichte er ihr Rebeccas Teller und sie begann, zu essen.
Aaron musterte Rebecca, die sichtlich nervös neben ihm kniete und begann dann ebenfalls zu essen.
Wenig später reichte er ihr ein Stück Obst, von dem er wusste, dass Rebecca es gerne mochte.
Zaghaft öffnete sie den Mund und Aaron schob es ihr zwischen die Lippen.
Als sie es gegessen hatte, lächelte sie leicht.
„Das ist ja gar nicht so schlimm wie ich dachte, Herr." wandte sie sich dann an Aaron.
Dieser schmunzelte nur.

Als das Frühstück beendet war, richtete Aaron das Wort erneut an die beiden Sklavinnen.
„Niklas, die Wache von gestern, hat bis heute Mittag Zeit, sich selber bei seinem Vorgesetzten oder bei mir zu melden. Je nachdem, ob er es tut oder nicht, wird seine Strafe ausfallen. Ich denke nicht, dass er so dumm ist, euch noch einmal zu bedrängen. Ihr könnt euch also frei bewegen."

Drei Tage später versammelten sich alle im Innenhof. Es war noch früh am Morgen. Am Abend zuvor war der Bote, den Aaron ausgeschickt hatte, zurück gekehrt. Die letzten Kisten wurden auf die Kutsche geladen. Finya und Rebecca standen, beide eingehüllt in warme Umhänge, neben Aaron.
Gerade betrat Jonas den Innenhof. Stolz trug er das Abzeichen der Garde auf seiner Brust, das er am Vortag erhalten hatte.
In den Händen hielt er zwei Schatullen, die er Aaron reichte.
Zufrieden ließ dieser die Schatullen in seinen Umhang gleiten.
Wenig später setzte die Kutsche sich in Bewegung. Aaron saß auf seinem gewohnten Platz, die beiden jungen Frauen ihm gegenüber.
Eine Weile fuhren sie schweigend, dann richtete Aaron das Wort an Rebecca.
„Ich möchte dich bitten, zumindest für die Reise, mein Zeichen zu tragen, Rebecca." erklärte er ihr. Rebecca schluckte schwer, als sie an die schweren Eisenringe dachte, die sie bei ihrem alten Herren getragen hatte. „Und ich rede hier natürlich nicht von irgendwelchen groben Eisenketten..." fuhr er fort, als ob er ihre Gedanken gelesen hätte.
Erneut schluckte Rebecca. „Ich werde Euer Zeichen tragen, Herr." erwiderte sie.
„Dann reich mir deine Hände."
Lächelnd griff er in seinen Umhang und holte eine der Schatullen hervor.
Rebecca ging vor ihm auf die Knie und reckte ihm beide Arme entgegen.
Kurz darauf schlossen sich weiche Lederbänder um Rebeccas Handgelenke, die lediglich mit einer einfachen Schnalle verschlossen waren.
Erstaunt blickte Rebecca auf ihre Hände. „Es war Yoricks Idee. Ich wollte für dich etwas, das angenehm zu tragen ist." Aaron schmunzelte, dann klopfte er an die Rückwand der Kutsche und sie kam zum Stehen.
„Zeit für eine Pause."
Er nickte Finya zu und diese verließ die Kutsche.
„Wenn du mir dein Wort gibst, nicht zu fliehen und in der Nähe zu bleiben, darfst du auch aussteigen."
Rebecca strahlte. „Ihr habt mein Wort, Herr."
„Na dann raus mit dir. Lass Finya nicht warten."
Aaron schmunzelte und stieg hinter Rebecca aus. Kurz nickte er Jonas zu. „Du bleibst bei ihnen."
Die restliche Garde verteilte sich automatisch, um die Gegend abzusichern.

Gegen Abend kam die Kutsche schließlich an König Ashoks Schloss an. Ein ganzes Stück rollte sie noch den von fein säuberlich gestutzten Büschen gesäumten Weg entlang, bevor sie schließlich auf dem Vorplatz des imposanten Gebäudes zum Stehen kam.
Sofort kam ein Mann in Livree auf die Kutsche zu und öffnete nach einem höflichen Klopfen den Wagenschlag.
„Willkommen, König Aaron. Mein Herr erwartet Euch bereits im Salon." grüßte er höflich.
Aaron nickte Dimitri und Gregori zu, ihn zu begleiten und folgte mit seinen beiden Sklavinnen dem Mann.
Unterdessen eilten Sklaven auf die Kutsche zu und halfen der restlichen Garde beim Abladen des Gepäcks.

Staunend folgten Rebecca und Finya ihrem Herren durch marmorgetäfelte Gänge. Die Decken waren mit vergoldetem Stuck verziert und auch die Säulen und Zierelemente an den Wänden glänzten golden.
Nicht nur einmal mussten Gregori und Dimitri die beiden jungen Frauen sacht weiterschieben.
Schließlich kamen sie vor einer großen, reich verzierten Flügeltüre zum Stehen.
Der Mann in Livree trat ein. „Euer Gast ist angekommen, Hoheit." verkündete er.
„Dann lass ihn ein, Alexander."
Der Mann trat vor Aaron und verneigte sich respektvoll. „Ihr könnt eintreten, König Aaron."
Gefolgt von seiner Begleitung betrat Aaron den Saal, in dessen Mitte eine vergleichsweise kleine Tafel stand.
Gerade erhob sich Ashok und kam auf Aaron zu, um ihn mit einer Umarmung zu begrüßen.
Finya und Rebecca sanken neben ihrem Herren auf die Knie.
„...und das ist also Eure zweite Sklavin, die Ihr mir angekündigt habt..." Interessiert musterte Ashok die junge Frau, stutzte dann. „Ist das nicht das Mädchen, das bei Aegir fast tot geprügelt wurde?"
Aaron schmunzelte „Ihr habt eine gute Beobachtungsgabe. Ja, das ist sie. Sie ist noch sehr unerfahren darin, mir zu dienen, aber gerade deshalb habe ich sie heute mitgebracht."
Fragend legte Ashok den Kopf schief. „Ihr wolltet von mir erfahren, wie ich meine Finya zu einer gehorsamen Sklavin erzogen habe..." begann Aaron und legte Finya stolz und zugleich liebevoll die Hand auf die Schulter. „An Rebecca kann ich Euch zeigen, welche Methoden ich angewandt habe. Durch die Erfahrungen bei ihrem früheren Herren fürchtet mich Rebecca nach wie vor. Vermutlich wird sie das auch nie ganz ablegen können. Dennoch ist sie sehr gelehrig." Nun legte er auch Rebecca die Hand auf die Schulter, wobei diese leicht zusammen zuckte.
„Setzen wir uns..." Ashok wies auf die Tafel, an der zwei Plätze gedeckt waren. Er selbst nahm seinen Platz von zuvor ein und Aaron setzte sich ihm gegenüber hin. Finya und Rebecca knieten sich an seine Seite.
„Alexander, schicke mir meine Sklavin."
Der Mann verneigte sich und kehrte kurz darauf mit Anuk zurück. Zufrieden registrierte Aaron, dass das Mädchen nur leichte Reifen an Hals und Handgelenken trug. Allerdings machte sie nach wie vor einen ängstlichen Eindruck. Dennoch ging sie auf ihren Herren zu und sank neben ihm gehorsam auf die Knie.

Kurz darauf brachten weitere Sklaven den ersten Gang.
„Lasst uns den Abend mit einem Schluck Blut beginnen." schlug Ashok vor.
Sogleich zog er Anuks Kopf auch schon grob zur Seite und biss ihr ihn den Hals. Anuk unterdrückte ein Aufschreien, als sich die Zähne ihres Herren schmerzhaft in ihren Hals bohrten, wagte aber nicht, sich zu bewegen.
Aaron seufzte leise und legte seine Hand zwischen Finyas Schulterblätter. Ohne zu zögern stand Finya auf, legte den Hals zur Seite und strich ihre Haare zur Seite. Aaron beugte sich über sie und biss ihr sanft in den Hals. Schon lange musste er dafür nicht mehr den richtigen Moment abwarten, denn Finya blieb entspannt, auch als er begann, von ihr zu trinken.
Sichtlich erstaunt beobachtete Ashok die beiden. „Könnt Ihr von Rebecca auch so leicht trinken?" fragte er interessiert nach. Aaron schüttelte den Kopf. „Ich trinke noch nicht von ihr. Sie ist noch nicht so weit."
Als sich Unverständnis auf Ashoks Gesicht abzeichnete, fuhr er fort. „Finya vertraut mir und bietet sich mir freiwillig an. Dadurch schmerzt mein Biss nicht." erklärte er.
„Und wie schaffe ich es, dass Anuk mir vertraut?"
Aaron seufzte leise. „Gebt ihr Zeit und zeigt ihr, dass sie Euch vertrauen kann."

Einige Stunden später betraten Aaron, Finya und Rebecca den Gästeflügel des Hauses. Für Aaron und seine Sklavinnen war eine kleine Wohnung vorbereitet worden, während seine Garde in den umliegenden Zimmern untergebracht worden war.
Aaron seufzte. Worauf hatte er sich bloß eingelassen. Wenn es um den Umgang mit Anuk ging, war Ashok einfach nur unsensibel.
Das Mädchen wäre längst bereit, viel mehr zu geben. Immerhin hatte Ashok sich bereit erklärt, ihn mit Anuk sprechen zu lassen.
Nachdenklich blickte er zu Finya.
„Finya?"
„Ja, Herr?"
„Wärst du gegebenenfalls bereit, für einen Tag König Ashok zu dienen?"

Finya 3Where stories live. Discover now