Kapitel 22

225 18 0
                                    

-----Rin-----

Meine Hände hingen kalt an meiner Hüfte. Wenige Momente zuvor sah ich mich wieder einmal gezwungen, vor den Wutausbrüchen des Königs zu kuschen. Auf mir unerklärlichen Wegen ist herausgekommen, dass ich letzte Nacht mit einem der Mädchen im Garten war und das, obwohl es mir untersagt ist, meine Gemächer zu verlassen. Der König platze am Morgen in mein Zimmer und ich musste nicht nur seiner hitzigen Maßregelung standhalten, sondern er verdonnerte mich zu Begleitung durch eine Gruppe an Offizieren. Sie sollten mich an die Bewahrung meiner Haltung erinnern und mir Disziplin einbläuen. Dementsprechend war ich äußerst angespannt und überdachte jede meiner Bewegungen dreimal.

Wir standen in nervenzermürbender Stille am Fuße der Treppe, als Wilbert die Flügeltür öffnete. Den Hofdiener habe ich bereits als Kind in mein Herz geschlossen, er war ein sehr kluger und lieber Mann. Inmitten all der Anspannung freute ich mich dennoch auf die Damen, sie waren eine willkommene Abwechslung. Neben der Unbekannten, mit der ich die letzte Nacht verbrachte, habe ich nun auch Fräulein Osanna kennen lernen dürfen. Vielleicht sind die anderen Damen ebenso liebreizend.

Die Traube an Damen, angeführt von Wilbert, verfiel in ein aufgeregtes Tuscheln, als sie mich am Fuße der Treppe erblickten. Langsam gewöhnte ich mich an ihren Anblick und lernte, sie wertzuschätzen. Als erstes bekanntes Gesicht erblickte ich Osanna, die schüchtern den Kopf abwendete, als sich unsere Blicke trafen. Dicht hinter ihr lief die eindrucksvolle Cimt von Grauenfall, ein Name, der auch nicht leicht zu vergessen ist. Wenn sie dort ist, dann ist die Andere...

Mir fiel auf, dass sie allein durch ihren Gang aus der Menge stach. Die anderen Mädchen hielten kleine Accessoires in den Händen oder hatten sich untereinander eingehenkelt, doch sie ließ ihre Hände einfach neben ihrem Körper hängen. Auch ihre Schritte war nicht schüchtern tippelnd, sondern lang und burschikos. Sie war ein Puma unter Katzen.

Unsere Augen trafen sich kurz und alles um sie herum verschwand. Ich hatte für niemand sonst Augen, außer für sie.

Ich atmete auf und räusperte mich. Die letzte Nacht hinterließ einen gewissen Eindruck bei mir und ich hatte das Bedürfnis, sie noch einmal darauf anzusprechen.

Als die Damen die Stufen hinunterkamen, setzte ich mit ihnen zusammen den Rundgang fort. Wilbert erzählte unentwegt von der Geschichte des Palastes.

"Oh äh, Guten Morgen, Fräulein-", fing ich an, nachdem ich mich durch die Menge zu ihr gekämpft hatte. Ich wusste ihren Namen noch immer nicht. Ich glaube, es ist mittlerweile auch zu spät, um ihn noch zu erfragen.

Zu meiner Verwunderung sah sie mich nicht an und erwiderte den Gruß auch nicht. Stattdessen wurde ich von den Frauen regelrecht verschlungen und ich verlor sie aus den Augen. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter, die mich hart aus dem Tumult zog.

"Ihr seid nicht des Herumalberns Willen hier.", raunte der Offizier. Augenblicklich versteifte ich und ging wortlos weiter.

Während wir also die mir vertrauten Gänge des Palastes unsicher machten, hörte ich nur halb Wilbert und den Mädchen zu. Meine Begleitung machte mich derartig nervös, dass ich nur an meinen aufrechten Gang und meine straffen Schultern denken könnte.

Doch plötzlich wurde ich angerempelt. Es war niemand geringeres als das Gartenmädchen.

"Führt ihr eure Schoßhunde aus? Charmant.", begann sie das Gespräch kühl, den Blick noch immer von mir abgewandt.

"Die Offiziere des Königs als Hunde zu bezeichnen grenzt an Hochverrat, junge Dame.", antwortet ich spitz, musste aber grinsen.

"Um Himmels Willen, Eure Majestät, verzeiht mir. Ich werde den Kopf auf den Boden senken.", sagte sie höhnisch und hob den Rock ihres Kleides nur wenige Millimeter an.

The prince or the kingdom Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt