Wahrheit

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Er starrte mich unglaubwürdig an. Meine Gedanken rasten. Er hasste mich bestimmt. Er würde die Koffer packen und wieder abhauen. Irgendwohin wo ich sie niemals finden würde. "German.....es.....es tut mir leid...." Mir wurde schwarz vor Augen.

"Sie hatte einen Nervenzusammenbruch. Dieser muss durch irgendeine Schocksituation ausgelöst worden sein."
Eine Tür fiel zu. Langsam schlug ich die Augen auf. Wo war ich? Ich befand mich in einem hellen großen Raum. Auf dessen anderer Seite stand noch ein Bett und darauf saß...."German?" Er hob den Kopf. Als er sah, dass ich wach war, stand er auf und lief aus dem Zimmer. Enttäuscht samk ich zurück ins Kissen. Er hasste mich.... Ich hatte alles zerstört. Es wäre besser gewesen, wenn ich das alles für mich behalten hätte. Ich hätte dieses Geheimnis lieber mit ins Grab genommen, als dass ich gewollt hätte, das das alles so endete. Da man mich anscheinend an keines dieser schlimmen Geräte angeschlossen hatte, die neben meinem Bett standen, schlug ich die schwere Bettdecke zurück, stand auf, zog die und ebenfalls neben meinem Bett stehenden Hausschuhe an und tappste zur Tür. Ich musste wenigstens mit ihm reden.

Nachdem mir eine fürsorgliche ältere Krankenschwester einen warmen Mantel in die Hand gedrückt hatte, ging ich nach draußen um weiter nach German zu suchen. Nach einiger Zeit fand ich ihn auch. Er saß auf einer Bank unter einem wunderschönen Kirschbaum, der bereits in seiner vollen Pracht erblüht war.
Vorsichtig setzte ich mich neben ihn und legte ihm sanft eine Hand auf die Schulter. "German....." Er hob den Kopf. Ich sprach weiter. "Bevor du etwas sagst, möchte ich, dass du weißt, dass es mir leid tut. Ich konnte nicht anders. Als ich erfuhr, dass du und Violetta wieder Buenos Aires zieht, musste ich sie einfach sehen....es tut mir leid...." Schmerzvoll sah er mir in die Augen. "Ich verstehe dich ja.....aber warum.....ich meine....das mit uns?" Mir stiegen die Tränen in die Augen. "Weil ich es nicht verhindern konnte. Meine Gefühle waren zu stark. Auch wenn ich versucht habe, es zu unterdrücken und immer noch Schuldgefühle habe; German, ich liebe dich." Er wandte sich ab. Ich konnte nicht mehr länger und schluchzte verzweifelt auf. All den angesammelten Tränen ließ ich endlich freien Lauf. Er liebte mich nicht. Zumindest jetzt nicht mehr. Doch auf einmal spürte ich zwei starke Arme die mich ganz zärtlich in eine Umarmung zogen. Überrascht schaute ich auf. German lächelte mich liebevoll an. "Du hast es gesagt!" Ich verstand gar nichts mehr. "Was hab ich gesagt??" "Na, dass du mich liebst!" Wieder kamen mir die Tränen. "Aber du liebst mich nicht, also ist das sowieso egal." "Natürlich liebe ich dich! Aber kannst du dir vorstellen wie man emotional reagiert, wenn einem die Frau die man liebt erklärt, sie wäre die Schwester seiner verstorbenen Frau und dann einen Nervenzusammenbruch erleidet und im Krankenhaus landet?" Da ich wohl ziemlich bedröppelt ausgesehen haben muss, ergriff er die Initiative und küsste mich zärtlich. Ich war so glücklich, dass ich die ganze Welt hätte umarmen können. Als wir uns voneinander lösten, kuschelte ich mich in seine Arme. So saßen wir dort gemeinsam und sahen dem Sonnenuntergang über Buenos Aires zu.

Heute kommt vielleicht noch eins!

Feelings of guiltWhere stories live. Discover now