Kapitel 5

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Es war bitter kalt, als ich auf den verschneiten Campus trat. Ich sah mich hektisch nach Noya um, doch er war natürlich nicht mehr zu sehen.

Mein Blick fiel auf die Fußspuren vor mir und ich entdeckte welche, die tiefer waren als die anderen und darauf hindeuteten, dass jemand hier entlang gegangen war, der etwas Schweres trug. Ich vertraute auf meinen Instinkt und folgte ihnen, weil ich glaubte, dass sie Noya gehörten.

Ich rannte, schlitterte und stolperte über den verschneiten Gehweg, während mein Herz wild in meiner Brust klopfte. Ich musste ihn finden und alles wieder in Ordnung bringen. Ich durfte nicht zulassen, dass sich die Ereignisse vom letzten Jahr wiederholten, wenn wir beide doch offensichtlich dasselbe wollten.

Die Spuren bogen um die Ecke und da entdeckte ich am Ende der Gasse eine kleine Gestalt mit Rucksack auf dem Rücken.

„Noya", rief ich völlig außer Atem und er blieb abrupt stehen. Langsam wandte er sich zu mir um und sah mir aus seinen verweinten Augen entgegen. Sein Anblick ließ mein Herz sich schmerzhaft zusammenziehen.

Was hatte ich getan?

Eilig tat ich näher und blieb wenige Meter vor ihm stehen. „Es tut mir leid", platzte es aus mir heraus und er schniefte leise. Der kleine Laut reichte aus, damit sich die feinen Härchen auf meinem Nacken aufstellten.

„Wie ich reagiert habe, das war falsch, aber du hast mir letztes Jahr sehr wehgetan", stieß ich atemlos hervor und sah, wie Noya bereits den Mund öffnete, um etwas zu sagen. Doch ich hob abwehrend die Hände, denn ich musste das jetzt loswerden, musste den Elefanten im Raum, der seit einem Jahr zwischen uns stand, endlich ansprechen.

„Deine Abfuhr hat mir den Boden unter den Füßen weggerissen und es hat mich verdammt viel Kraft gekostet, mich wieder zusammenzusetzen", gestand ich und wich Noyas mitfühlendem Blick aus.

„Als du dich dann überraschend aus Korea gemeldet hast, dachte ich echt, dass wir eine zweite Chance als Freunde haben könnten und ich hab es echt versucht", murmelte ich und spürte das leise Pochen in meiner Brust, von der Narbe, die er in mir zugesetzt hatte.

„Und als du mich gerade geküsst hast, da habe ich Panik bekommen, dass ich dich wieder verlieren könnte.'' Ich schluckte heftig, allein der Gedanke drehte mir den Magen um.

„Doch als ich gesehen habe, wie du gegangen bist und mich erneut allein zurückgelassen hast, da ist mir klar geworden, dass ich selbst meinen größten Alptraum wahr werden ließ und nicht du", erklärte ich und suchte mutig seinen Blick.

„Ich hatte solche Angst, dass du mir wieder das Herz brichst, dass ich dich von mir gestoßen habe", murmelte ich kleinlaut und hoffte, dass er mich verstand, dass er ahnte, was gerade in mir vorging.

„Aber als ich realisierte, dass ich mit meiner Reaktion dir deines breche, da wusste ich, dass ich einen Fehler gemacht hatte." Ich machte erneut eine kleine Pause, sammelte mich und versuchte die richtigen Worte zu finden, bevor ich ganz über die Klippe sprang.

Suga hatte recht, es war verdammt beänstigend, doch während ich Noya fixierte, der mit roten Wangen und verweintem Gesicht vor mir stand, da wusste ich es, er war das Risiko wert. Also nahm ich metaphorisch Anlauf und sprang.

„Ich liebe dich auch und ich möchte mit dir zusammen sein", stieß ich eilig hervor und Noya lachte unter Tränen auf.

„Asahi", schniefte er berührt und wischte sich mit dem Handrücken über die feuchten Augen.

Mein Herz machte einen Satz und ich schloss die Kluft, die seit einem Jahr zwischen uns gestanden hatte, mit einem einzigen Schritt. Behutsam zog ich ihn in meine Arme, es fühlte sich perfekt an und sämtliche Anspannung und Angst löste sich in mir auf.

Noya schlug seine Arme um meine Körpermitte und presste sich mit dem Gesicht in meinen Mantel. Langsam hob er den Kopf und lächelte mich glücklich an. Sein Lächeln war verdammt ansteckend. Erleichtert ließ ich meine Stirn gegen seine fallen und stupste meine Nase sanft gegen seine, was ihm ein weiteres kleines Lachen entlockte, das eine warme Welle in mir auslöste.

Ich lehnte mich ihm entgegen und küsste ihn, und obwohl es unser zweiter Kuss war, fühlte er sich einfach perfekt an. Schmetterlinge tanzten in meinem Bauch, als Noya den Kuss gierig erwiderte.

Er schmeckte wie die Verführung selbst, verpackt in einem schönen Päckchen. Verlangen rauschte durch meinen Körper. Noyas Hand wanderte in meinen Nacken und zog mich noch näher zu ihm runter. Ich stöhnte leise gegen seine Lippen, ließ meine Hände über seinen stämmigen kleinen Körper wandern.

Wir waren Benzin und der Kuss war das Streichholz, das uns in Flammen setzte, als wir uns innig küssten. Noyas Lippen auf meinen war das beste Gefühl der Welt und ich war mir sicher, dass ich davon nie genug bekommen würde.

Und so wusste ich nicht, wie viel Zeit vergangen war. Es könnten Stunden oder aber auch nur paar Minuten gewesen sein, als ich mich von ihm löste, um den nötigen Sauerstoff einzuatmen.

Auch Noya schnappte, nicht weniger außer Atem, nach Luft, dabei ließ er mich keinen Moment aus den Augen. Sein Blick war voller Wärme und Zuneigung. Seine Lippen, rot und leicht geschwollen, verzogen sich zu einem breiten Lächeln.

„Lass uns nach Hause gehen", sagte er und griff entschlossen nach meiner Hand.

***

[Hello, und danke das ihr *Home for Christmas* zu Ende gelesen habt. Das Kapitel ist das letzte für dieses Jahr und ich verabschiede mich in die Winterpause. Die ich natürlich zum Schreiben nutzen werde. In meinem Notizbuch sowie auf dem Rechner schlummern viele neue, aber auch schon bekannte Projekte für 2023, auf die ich mich schon sehr freue.

Lieben Dank an alle, die mich dieses Jahr begleitet haben. In den letzten Monaten habe ich hier viele nette Leute kennengelernt und ich kann nicht oft genug sagen, wie dankbar ich für euren Support bin. Ihr motiviert mich, gebt mir Kraft an meinem kleinen Traum weiterzuarbeiten und über mich selbst hinauszuwachsen. <3

Ein besonderes Dankeschön geht natürlich wie immer an meine Beta Tessa, die nun schon seit 2 Jahr mit mir zusammenarbeitet. Die Arme wird mich einfach nicht los :P Und bevor das hier zu einem halben Roman ausartet, wünsche ich euch allen frohe Festtage und ein gutes neues Jahr.

Bis ganz bald eure Unspoken]

Lektüre für die Festtage findet ihr  auf meinen Profil ;) 

Home for ChristmasWhere stories live. Discover now