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Lieber Elphias,

Es geht mir und der Familie besser denn je, seitdem Gellert hier ist. Ariana mag ihn sehr (und ich natürlich auch, aber dazu gleich mehr), Aberforth akzeptiert seine Präsenz, ist aber auch manchmal verärgert, dass ich so viel Zeit mit ihm verbringe. Ich kann ihn irgendwo verstehen, schließlich bin ich fast jeden Nachmittag mit ihm zusammen. Wir mögen uns sehr, sehr gerne und sind uns näher, als du und ich uns je waren, fast wie Brüder. Nein, eigentlich sind wir mehr als das.

Nun genug von ihm. Wie ergeht es dir? Laut meinem Plan solltest du morgen, dem 20.07.1899 in New York City ankommen. Wie ist die Lage der Hexen und Zauberer in den Staaten? Wie ist die Einstellung der Muggel (oder No-Majs, wie man sie dort nennt) der Zauberei und Hexerei gegenüber?
Auf bald,

Albus D.

Albus legte die Feder beiseite. Hoffentlich konnte Elphias zwischen den Zeilen lesen und erkannte, was Albus ihm mitteilen wollte, nämlich, dass er und Gellert mehr als nur enge Freunde waren. Es war zu riskant, es auszuschreiben. Dotty könnte schließlich abgefangen werden.

Nachdem er die kleine Waldohreule am Morgen auf den Weg nach Nordamerika geschickt hatte, rieb Albus sich müde die Augen. Er hatte die ganze Nacht nicht geschlafen, was man an den dicken, dunklen Ringen auf seiner hellen Haut sah, welche sich sehr deutlich abhoben. Doch er fühlte sich nicht elendig wie sonst, wenn er nachts keinen Schlaf bekam. Er fühlte sich ausgesprochen gut. Ein breites Lächeln erschien auf seinem Gesicht, wenn er sich an die Nacht erinnerte.

„Gellert und ich haben uns geküsst", erzählte Albus beiläufig, während er mit Aberforth gegen neun Uhr das Mittagessen vorbereitete.

Ein Klirren zerschnitt die Stille, die sich jeden Vormittag in die Küche legte. Der Teller, welchen Aberforth hatte fallen lassen, zersprang in tausend Scherben, die sich beinahe in Albus' Achillessehne bohrten, wenn er nicht rechtzeitig ausgewichen wäre. Er zückte seinen Zauberstab und murmelte: „Reparo!"

„Was?!" In Aberforths Gesicht spiegelte sich die schiere Überraschung. „Ihr habt was?!"

„Uns geküsst. Du hattest recht. Das wollte ich dir nur sagen."

Aberforth öffnete den Mund und schloss ihn im selben Moment wieder, als wären ihm jegliche Worte entfallen.

„Und außerdem gehen wir heute nach London", redete Albus weiter, als hätte sein Bruder rein gar keine Reaktion gezeigt.

Er fand seine Sprache wieder. „Aber ihr wart doch erst vor einer Woche dort."

„Da waren wir aber nur in der Winkelgasse. Ich will Gellert das London der Muggelwelt zeigen. Er war noch nie da." Mit einer eleganten Zauberstabbewegung stellte Albus die Teller auf den Küchentisch. Er hatte Gellert noch nicht erzählt, wohin sie gehen würden; es war eine Überraschung. „Richte Ariana bitte aus, was ich dir eben gesagt hab, wenn sie wieder etwas länger schlafen sollte."

„Du meinst, dass Gellert und du Schwuchteln seid?"

In Windeseile fuhr Albus herum und versuchte, den Schmerz zu ignorieren, der sich wie ein Messer in seine Brust bohrte. „Nimm das zurück."

„Ich meine es doch gar nicht böse." Mittlerweile stand Aberforth im Türrahmen, als ob er gleich in sein Zimmer gehen wollen würde.

„Es ist aber ein böses Wort. Nimm es zurück." Albus versuchte, ruhig zu bleiben.

„Obwohl es die Wahrheit ist?" Dann wandte er sich um und lief nach oben, wobei seine Schuhe ein dumpfes Klacken auf dem knarzigen Holz erzeugten.

„Aberforth!", rief Albus ihm hinterher und hoffte, dass er Ariana nicht geweckt hatte. Am liebsten hätte er seinem Bruder nun einen schwachen Fluch auf den Hals gejagt, doch er konnte sich zügeln. Albus sah Aberforth in den nächsten Stunden kein einziges Mal und war heilfroh, als das altbekannte Klopfen an der Tür ertönte.

Dunkelste Kunst (Albus Dumbledore und Gellert Grindelwald)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt