Stumm

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Sie betrachtet die Welt wieder im hier und jetzt und ist schon wieder geflasht von dieser atemberaubenden Schönheit der Natur. Wie kann man etwas so wundervolles nur so behandeln, wie die Menschen es tuen? Sie zerstören sie mit Krieg, müllen sie zu und rotten Tierarten aus. Für das kleine Mädchen ist es unverständlich, warum sie das tuen. Sie hat immer darauf geachtet, umweltbewusst zu leben. Hat schon früh die Konsequenzen erkannt, wenn sich nichts ändert.

Seufzend betrachtet sie den klaren blauen Himmel, den ein paar Schleierwolken zieren. ^Ob Engel da oben wohl einsam sind?" fragt sie sich. 

Dieser Gedanke ruft ein Bild in ihre Erinnerung. Ein Bild, dass das kleine Mädchen in eine Starre verharren lässt. Der Keller, verbunden mit Tagen der Einsamkeit. Die Stille verbunden mit stummen Schreien.

.....

Kalt, dunkel, verlassen, feucht...all diese Adjektive beschreiben ihre Umgebung gerade auf den Punkt genau. Das kleine Mädchen liegt zusammengekauert mit ihren 11 Jahren in einer Ecke, um sich wenigstens etwas warm zu halten. Ihr trauriger Blick wandert umher, streift immer wieder die kaputte Glühbirne an der Decke , da es das einzige materielle hier in diesem fensterlosen Raum ist. 

Mein Leben ist wie eine Feder in einer Glühbirne. Die Feder steht für mein Leben und der Strom ist meine Freude, mein Glück. Wenn ich Freude oder Glück erfahre, erleuchtet die Glühbirne, bringt damit die Feder zum Strahlen und wärmt sie, doch wird es mir verwehrt, bleibt es dunkel, kalt und einfach nur leer denkt sie sich und muss schmunzeln. Denn ihre Glühbirne ist genauso kaputt, wie die auf den ihr gebrochener Blick liegt. 

Das Mädchen gibt keinen Laut von sich, als es draußen donnert und sie innerlich zusammenzuckt. Bleibt weiterhin stumm. Sie ist es schon gewohnt hier unten tagelang eingesperrt zu sein und ihre Stimmbänder nicht zu benutzen. Die ersten Male als sie es tat, hat sie bitter bereut und daraus gelernt. 

Stumm....sei stumm....kein Ton darf dir entweichen...egal wie noch so leise er sein mag, er hört ihn....stumm, stumm, stumm, stumm erklingt ihre Stimme im Kopf leise. Ein Mantra der ihr dabei hilft, wenn das frierende Mädchen Angst hat. Ein stummer Schrei entfährt ihr.

'Los komm schon...sag doch was...schrei es raus....du willst doch deinen Schmerz loswerden oder nicht?....Zeig ihm, das er nicht alles mit dir machen kann...gib schon auf, das schaffst du doch eh nicht....Ha und wieder bist du Feige, genau wie damals' reden sie auf mich ein. Klopfen innerlich gegen meinen Kopf, prügeln es mir regelrecht ein.

Ich schüttle heftig den Kopf, was durch das Klopfen heftige Schmerzen verursacht. Nein das werde ich bestimmt nicht. Ich bin auch kein Feigling nur, weil ich schlimmeres verhindern möchte widerspreche ich meinen Freunden.

'Wenn du meinst...Rede dir das ruhig weiter ein' kommentieren sie auf meine Argumentation.

In diesen Situationen bin ich echt frustriert, das ich meine Freunde nicht einfach wegschicken kann. Das ich ihren Worten und Klängen schutzlos ausgeliefert bin. Das sie mich niedermachen können wann und wo immer sie wollen. Auch wenn sie meistens recht haben, bin ich dennoch kein Feigling. Stumm zu bleiben ist reiner Selbstschutz.

Wenn mein Vater mich wieder mal anschreit oder verprügelt bleib ich stumm. Wenn ich in der Schule geärgert werde, bleibe ich stumm. Wenn die Lehrer mich fragen, wo ich denn die ein oder andere Verletzung her habe, bleibe ich stumm. Ich kann doch meine Klassenkameraden nicht verraten. Ich kann sie verstehen. Jeder geht mit den häuslichen Verhältnissen anders um. Immerhin erlebe ich es genauso wie sie jeden Tag. 

Es wird doch in all den Situationen nur noch schlimmer, wenn ich den Mund auf mache denkt das verzweifelte Mädchen. Bin ich deshalb wirklich Feige?. Es gibt doch viele, die in diesen Situationen...in meiner Situation das selbe tuen würden redet sie sich ein und eine Träne verlässt die kalten und leeren Augen des Mädchens. Die anderen reden ja auch nicht darüber, also muss es doch normal sein.

Leider weiss das kleine Mädchen nicht, das es bei anderen normalerweise nicht so von statten geht, wie bei ihr zuhause. Doch wird sie dies wohl niemals erfahren, weil sie weiterhin stumm bleibt und auch bleiben wird.

Sie legt sich auf die Seite, stößt wegen ihren Schmerzen einen lautlosen Seufzer aus und beißt die Zähne zusammen, um das Zittern derer zu unterdrücken. Die Dunkelheit macht sie müde und so gleitet sie auf ihren Wellen zu einem anderen Ort. Einsam und verlassen. 

Wenigstens hab ich meine Freunde noch hier, die mich nie alleine lassen ist ihr letzter Gedanke.

......

Und das haben sie wirklich nicht, selbst jetzt 3 Jahre später sind ihre Freunde immer noch bei ihr und nie von ihrer Seite gewichen. Doch trotzdem kann sie das Gefühl der Einsamkeit nicht komplett unterdrücken und spürt es auch jetzt in diesem Moment.

Wenigstens wird mich keiner vermissen, wenn ich eine andere Welt bereise erklingt ihre sanfte Stimme gedanklich.

785 Wörter

Stille Wasser sind tiefWhere stories live. Discover now