Die Hochzeit

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Es war bereits Samstag, der Tag der Hochzeit von Peter und Sarah. Alle waren aufgeregt - bis auf mich. Ich half der Braut in ihr pinkes Kleid und die Haare zu machen.
»Etwas Altes, etwas Neues und etwas Gebrauchtes«, meinte sie zufrieden, als sie sich im Spiegel betrachtete. Das Neue war das Kleid, das Alte war ein Taschentuch und das Gebrauchte war eine Silberbrosche.
Mein Kleid lag auf dem Bett und innerlich weigerte ich mich es anzuziehen. Dennoch tat ich es, um Fragen und Verwunderungen zu vermeiden. Als ich mich vor den Schminkspiegel setzte und mir die Haare machen wollte, nahm Sarah mir plötzlich die Bürste aus der Hand.
»Ich mach das.« Sie begann langsam durch meine Haare zu fahren. »Das ist das Mindeste, was ich tun kann.« Ich ließ es zu. »Weißt du, Belle? Anfangs dachte ich, du willst mir Peter wegnehmen, aber jetzt weiß ich, dass ihr einfach nur Freunde seid.«
»Ich will dich nicht verletzen, Sarah, aber ich möchte nicht darüber reden ...«, gestand ich ruhig.
»Also war es etwas Ernstes zwischen dir und ...«, begann die Braut. Ich sah sie an. »Es tut mir leid. Ich halt den Mund.« Stumm ging sie ihrer Arbeit nach.

Aufgeregt standen Sarah, Mr. Pevensie und ich vor der Terrassentür. Der Mann hielt der Braut seinen Arm entgegen und sie nahm ihn dankbar an. Die beiden schritten voran und ich folgte ihnen langsam. Als die Tür geöffnet wurde und wir auf dem roten Teppich durch den Gang zu Peter liefen, raunte die Menge entzückt auf.
In der ersten Reihe auf der rechten Seite saßen Susan, Lucy, Edmund und Helen Pevensie. Ich setzte mich zu ihnen, als wir dort vorbeiliefen. Mr. Pevensie und Sarah gingen weiter. Bei Peter blieb sie stehen. Was danach passierte, bekam ich nicht mit. Mein Gehirn schaltete sich ab. Ich sah nur die grinsenden und fröhlichen Gesichter, und wie von selbst stand ich auf und verließ den Garten. Ich spürte die Blicke der Leute in meinem Rücken, und der Pfarrer hatte aufgehört zu reden.

Peter pov.

»Was soll das werden?«, fragte ich verwundert, als Belle ins Haus ging.
»Das ist doch irrelevant«, meinte Sarah. Sie ergriff meine Hand, meinen Blick suchend. Sie wartete auf mein Ja-Wort.
Ich aber beachtete sie nicht und verließ die Erhebung.
»Was soll das werden?«, verlangte meine zukünftige Frau zu wissen.
Ich wandte mich zu ihr um. »Es tut mir leid, Sarah. Ich mag dich wirklich gerne, aber ich ... liebe dich nicht«, erklärte ich, und es war die Wahrheit.
Mit offenem Mund starrte mich die Frau an, doch ich ignorierte sie und wandte mich an meine Eltern. »Mum, Dad, ihr habt immer gesagt, dass ich das tun soll, was ich für richtig halte. Dies halte ich für richtig.« Meine Eltern starrten mich entsetzt an, als ich in das Haus stürmte.

Belle befand sich nicht in ihrem Zimmer und ihre Sachen waren auch verschwunden. Ich hörte, dass draußen alle wild durcheinander sprachen. Schnell rannte ich in den Flur und nahm die Autoschlüssel, bevor ich das Haus verließ. Ich lief zum Auto, öffnete die Tür und steckte die Schlüssel ein. Als ich gerade losfahren wollten, kamen meine Geschwister nach draußen gestürmt.
»Pet, wohin fährst du denn?«, brüllte Edmund sogleich.
Ich antwortete nicht und fuhr los. Da sprang aber Lucy vor das Auto, so dass ich notbremsen musste. »Was soll das, Lucy?«
Meine Schwester öffnete die Tür und sprang auf den Beifahrersitz.
»Du hättest dich verletzen können!«
Susan und Edmund setzten sich ebenfalls in das Auto.
»Nein, ihr bleibt hier«, meinte ich sofort.
»Das kommt gar nicht in Frage. Wir kommen mit, Peter!«, konterte Susan.
»Fahr los! Bevor es zu spät ist!« Edmund schlug gegen meinen Sitz und ich zuckte zusammen. Dann startete ich erneut und raste los.
»Weißt du überhaupt, wo du lang musst?«, fragte Susan misstrauisch.
Ich nickte. »Zum Bahnhof. Ich glaube, Belle will ihrem Großvater einen Besuch abstatten.«
»Glaubst du es oder weißt du es?«, fragte wieder meine Schwester.
»Ich spüre es«, antwortete ich stattdessen.
Die restliche Fahrt sprachen wir nichts mehr. Ich konzentrierte mich auf den Weg und hoffte, dass ich recht hatte.

Ich parkte das Auto und lief dann zum Bahnsteig - gefolgt von meinen Geschwistern. Es musste albern aussehen, wie wir mit unserer Festkleidung die Gleise entlangrannten. Es befanden sich so viele Leute dort. Man hätte nicht einmal den Hauch einer Chance gehabt, ein Mädchen unter vielen zu finden.
»Hat jemand von euch zufällig Geld dabei?«, wollte mein Bruder wissen. Wir sahen ihn verwirrt an, woraufhin er hinzufügte: »Nun ja. Wenn wir mit dem Zug fahren wollen, sollten wir uns vorher vielleicht einmal ein Ticket besorgen!«
»Wie der Zufall es will«, erklärte Lucy und wedelte mit einem Geldschein vor unserer Nase herum.
»Wir verzichten mal auf die Frage, ja?« Susan schaute sie verständnislos an.
Edmund schnappte sich das Geld und rannte los, um Fahrkarten zu kaufen.

Wir liefen durch den schmalen Zuggang auf der Suche nach einem leeren Abteil. Nach einer Weile fanden wir eins. Meine Geschwister und ich setzten uns auf die Sitzbank und ich schloss erschöpft meine Augen.
»Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich noch meine Sachen gepackt«, hörte ich Edmund sagen. Keiner antwortete.
Auf einmal wurde die Tür aufgeschoben. »Ist hier noch ein Platz frei?« Diese Stimme würde ich unter Tausenden erkennen. Abrupt öffnete ich meine Augen und starrte in Belles Gesicht. Sie trug einen karierten Rock und eine blaue Jacke.
Entsetzt starrte sie zurück, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand. Ich erhob mich hastig und folgte ihr.
»Bleib stehen!«, rief ich ihr hinterher. Ich holte sie sehr schnell durch meine lange Beine ein und hielt sie fest.
»Lass mich los!« Belle wehrte sich meinen Griff, doch ich war stärker.
»Wieso bist du weggerannt? Wieso?«
»Peter, hör auf!«, rief Susan hinter mir. »Du tust ihr weh!« Und dies tat ich wirklich. Ich hatte ihr Handgelenk so fest umklammert, dass es schon rot wurde. Belle atmete unruhig und ihre Wangen glühten. Bevor sie auf dem Boden aufschlug, fing ich sie auf - mal wieder.

Wir saßen wieder in unserem Abteil. Belles Kopf war auf meinem Schoß. Sie und ich nahmen den einen Sitz ein, während Susan, Edmund und Lucy auf dem anderen saßen.
Auf einmal hielt der Zug. Unsere Endstation. Ich rüttelte an Belles Schulter, sie zuckte erschrocken hoch.
»Wir sind da«, erklärte ich. Ohne ihr weiter Beachtung zu schenken, nahm ich ihren Koffer und verließ den Zug.
Draußen waren wir fünf die einzigen Menschen. Es sah alles noch genauso aus wie früher. Eine Bank, alles aus Holz und schäbig zusammengeschlagen. Ich verließ die Plattform und stellte mich auf den Weg. Da vernahm ich Hufgetrappel, und mir wurde sofort klar, wer dort kam.

Die Chroniken von Narnia - Die Rückkehr || Band 3Where stories live. Discover now