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Die Welt war ein düsterer Ort ohne Liebe. Ich wünschte mir Aufmerksamkeit. Ich wünschte mir Geborgenheit. Doch niemand gab mir, was ich mir wünschte. Also fing ich an mich zurück zu ziehen und lernte die Menschen um mich herum zu fürchten.

Ich vergrub mich in der virtuellen Welt hinter meinem Handy Bildschirm. Ich scrollte stundenlang auf TikTok herum oder sah mir dunkle Bilder auf Pinterest an, auf denen die Menschen so perfekt aussahen und das ausstrahlten, was ich fühlte. Und ich wünschte mir auch so auszusehen. Ich wollte so dünn sein, dass man meine Rippen sah. Ich wollte tiefe, schwarze Augenringe haben. Ich wollte, dass meine Arme mit tiefen Narben bedeckt waren. Damit man mir ansah, wie schlecht es mir ging.

Aber das, was meine Arme bedeckte, waren oberflächliche Kratzer, weil ich Hemmungen hatte tiefer zu schneiden aus Angst ich könnte eine Ader erwischen und gleichzeitig versuchte ich es jedes Mal ein Stück tiefer zu schneiden.

In der Schule herrschte reges Treiben. Es war früh, noch waren nicht viele Schüler hier.

Ich setzte mich auf eine Bank am Rand des Schulhofs mit dem Wissen, dass sich in diesem Bereich nur selten andere Schüler aufhielten.

Bei der Eingangstür des Schulgebäudes sah ich eine Gruppe von Mädchen stehen, die laut lachten und herumalberten. Ihre Haare waren braun glatt, vermutlich mit Glätteisen geglättet und sie alle hatten diese blauen, oder schwarzen Handtaschen mit goldenen Schnallen bei sich. Ich musste ihre Gesichter nicht sehen, um zu wissen, dass sie sorgfältig geschminkt waren, mit braun-rotem Lippgloss und glänzendem Highlighter.

Ich gehörte nicht dazu. Und wenn ich ehrlich war wollte ich auch nicht zu dieser Gruppe gehören. Die Gespräche, die ich mit angehört hatte, waren oberflächlich gewesen. "Oh mein Goooott der sieht aber gut aus, denn musst du dir schnappen... wie viele Exfreundinnen hat er denn?" Solche Sachen sagten sie. Dinge, die mich nicht interessierten und, die mir zu belanglos waren.

Ich hatte nie dazu gehört. Zu diesen Grüppchen. Früher hatte ich es mir gewünscht. Aber sie hatten mich ausgeschlossen, weil auf meinen Hosen rote Federn abgebildet gewesen waren und ich von Schminke keine Ahnung gehabt hatte. "Es tut mir leid, Ray aber wir wollen auch mal was ohne dich machen", hatten sie gesagt und sich weggedreht.

Inzwischen trug ich keine bunten Anziehsachen mehr. Nur noch schwarz, weiß und grau ohne Aufdruck.

Ihre Worte und ihre angeekelten Gesichtsausdrücke hatten sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt.

Es klingelte und ich wusste, dass der Unterricht nun begann. Was würde geschehen, wenn ich einfach hier sitzen blieb auf dieser Bank? Ich wollte nicht aufstehen. Ich wollte nicht in die Klasse gehen, wo ich ununterbrochen unter Strom stehen würde, weil ich die Anwesenheit so vieler anderer Menschen in einem Raum nicht ertragen konnte. Ich konnte es nicht ertragen, wenn ihre Blicke mich zufällig streiften. Und ich wusste, dass ich die Worte des Lehrer's zwar hören würde, aber sie würden nicht in meinem Kopf ankommen. So war es immer.

Jeden Tag.

Jeden Tag saß ich in der Schule auf meinem Platz, es sei denn ich war so schwer krank, dass ich schon fast ins Krankenhaus musste.

Jeden Tag saß ich da und wartete darauf, dass die Zeit verging und ich nach Hause gehen konnte.

No one caresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt