12. Kapitel

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Mit Blick in den Himmel schlenderte ich den Weg um den See entlang, der zwischen Schulgebäude und dem Verwaltungs- und Lehrergebäude lag. Der kühle Dezemberwind klärte meine Gedanken. Dieser war einer meiner kostbaren freien Nachmittage, an denen ich mal nichts für die Schule machen musste. Die angenehme Ruhe wurde unterbrochen, als Natascha angelaufen kam und sich von hinten auf mich warf. "Vorsicht, du Naturgewalt.", meinte ich lachend und umarmte meine Freundin. "Du wirst nicht glauben was gerade passiert ist.", ließ sie mich wissen und hüpfte schon fast vor Freude auf und ab. "Na dann spann mich doch nicht so auf die Folter.", entgegnete ich grinsend. Natascha erlebte man selten so. "Rate doch mal, wer mich gerade gefragt hat, ob ich mit ihm nächste Woche auf den Ball gehe.", gab sie mir einen Tipp. Meine Augen weiteten sich und mein Mund formte ein Oh. Natascha nickte überschwänglich. Ich umarmte sie nochmal. "Du hast doch aber hoffentlich ja gesagt, oder?", erkundigte ich mich allerdings nochmal zur Sicherheit, als wir uns wieder lösten. Sie sah mich empört an. "Ich bin zwar unter deinem schlechten Einfluss aufgewachsen, aber so schlimm bin ich ja dann wohl nicht.", verteidigte sie sich. Etwas schuldbewusst sah ich sie an. "Aber was ist denn eigentlich mit dir?", lenkte Natascha das Thema auf mich. Ich seufzte und lief langsam weiter. Sie folgte neben mir. "Mich haben zwar ein paar Leute schon gefragt, aber ich habe sie alle bisher nur darauf vertröstet, dass ich darüber nachdenke.", antwortete ich. Der Gedanke mit einem von ihnen auf den Ball gehen zu müssen, bereitete mir Unbehagen. "Es ist ja nicht so, dass ich nicht gerne mit jemandem hingehen will, aber ich glaube derjenige will das nicht mit mir." Ich starrte auf den Boden vor mir. "Hast du ihn denn schon gefragt?", wollte Natascha vorsichtig wissen. "Wie kommst du drauf, dass es ein er ist?", fuhr ich sie etwas zu hart an. "Tut mir leid.", murmelte ich. Natascha legte mir ihren Arm auf. "Tony, bitte.", sagte sie. "Das zwischen euch... Ich sehe doch wie du ihn ansiehst. Wie sehr es dich beschäftigt, was zwischen euch vorgefallen ist. Aber ich sehe doch auch wie er dich ansieht. Bitte Tony, du musst diese Chance nutzen, denn er ist weg, bevor du es bemerkst." Ich lehnte ich gegen Natascha und sie hielt mich fest. Ich konnte es nicht. Ich konnte dieses dünne Band, das ich gerade wieder knüpfte, nicht nochmal durch meine Dummheit riskieren zu zerreißen. Ich war ja schon überfroh darüber, dass Stephen wieder mit mir redete und sich nachts wieder mit mir traf, auch wenn das Dach inzwischen zu kalt war und wir auf den Gemeimschaftsraum ausgewichen waren. Ich konnte die Momente nicht riskieren, in denen ich an seiner Schulter einschlief und Stephens Arm um mich herum spürte. "Ich wüsste doch nicht einmal, was ich zu ihm sagen soll.", murmelte ich mit erstickter Stimme. Natascha strich mir beruhigend über den Rücken. "Dann rede nicht mit ihm, sondern tanz mit ihm."

~

"It's showtime, baby.", meinte Steve theatralisch und stieß die Tür zur Turnhalle auf. Sofort schlug uns eine Welle aus stickiger Luft, lauter Musik und blitzenden Lichtern entgegen. Nacheinander betraten wir alle den Ballsaal für heute Abend. So früh am Abend tummelten sich vorallem die jüngeren Schüler hier, weshalb wir uns erst einmal zur Bar durchquetschten, um uns etwas zu trinken zu holen. "Ich hoffe aber echt, dass hier nachher noch was abgeht.", murrte Loki, Thors Bruder. Er ging auf eine andere Schule, doch zu den Bällen und anderen Events schleppte Thor ihn immer an. "Für diese Pyjamaparty hat sich ja das Kommen fast nicht gelohnt." "Mäßige dich, Bruder.", wies Thor ihn zurecht und Loki zog beleidigt ab, um sich ein besseres Publikum zu suchen. Das Lied, das bis eben noch aus den Boxen gedröhnt hatte, endete und der DJ spielte ein neues, ruhiges an. "Ich lade alle Pärchen ein, auf die Tanzfläche zu kommen.", eröffnete er den Tanz. Steve stellte sein Getränk ab, richtete nochmal final Buckys Krawatte und fragte dann: "Dürfte ich bitten?" Galant hielt er Bucky seine Hand hin. Dieser ergriff sie und ließ sich von seinem Freund auf die Tanzfläche führen. Bruce schaute unsicher zwischen den tanzenden Pärchen und Natascha hin und her. Alleine sie zu fragen, ob sie mit ihm zum Ball ging, war für den armen schon eine Überwindung gewesen, doch sie jetzt tatsächlich um einen Tanz zu bitten, dafür reichte sein Selbstvertrauen einfach nicht. Geistesgegenwärtig stellte ich schnell mein Glas ab und fragte: "Sie erlauben, Mylady?" Natascha streckte mir ihre Hand hin, doch kurz bevor ich sie nahm, griff ich nach Bruce' Arm und zog ihn nach vorne, sodass Nataschas Hand darauf landete. "Und jetzt hol sie dir.", zischte ich meinem Freund ins Ohr und schob ihn auf die Tanzfläche. Die beiden verschwanden in der Menge. Clint grinste mich über den Rand seines Glases hinweg an. Ich schenkte ihm ein unschuldiges Lächeln. Wenn es schon bei mir nicht bei solchen Sachen klappte, dann konnte ich wenigstens anderen dabei helfen. So ging der Abend weiter. Ruhige Pärchentänze und schnelle Discohits wechselten sich ab und noch ehe ich mich versah, tanzte ich mit den verschiedensten Leuten. Die Zeit schritt rasch voran und die jüngeren Schüler machten einer nach dem anderen den Abflug, so dass am Ende nur noch die Oberstufen und ein paar vereinzelte Nachzügler aus den unteren Klassen da waren. Jetzt wurden auch die wenigen alkoholischen Getränke ausgeschenkt. Alle über 16 hatten eine Karte bekommen, die man gegen ein Glas Wein oder Sekt eintauschen konnte. Clint, Rhodey und ich saßen an einem der herumstehenden Tische und versuchten uns zu unterhalten, während wir an unsere Getränken nippten. Steve, Bucky, Bruce und Natascha tanzten irgendwo, Loki war längst mit irgendjemandem, der seine Großartigkeit zu würdigen wusste, verschwunden und Thor stand in einer Ecke und knutschte herum. Ich beobachtete die Bar. Dort stand Stephen, der seinerseits die Tanzenden beobachtete, ein Glas Wein in der Hand. Im Verlauf des Abends hatte er ein paarmal mit Christine getanzt, die jedoch die meiste Zeit mit ihrem Freund, der ebenfalls hier war, verbrachte. Ansonsten hatte er die meisten anderen Schüler, die ihn nach einem Tanz gefragt hatten, abgewiesen. So in meine Beobachtung versunken, bemerkte ich gar nicht, wie sich Natascha und Bruce zu uns setzten. Natascha schnappte sich mein Glas und leerte es in einem Zug. "Hey, hol dir dein eigenes.", protestierte ich. Sie kramte aus ihrer Tasche ihre Getränkekarte hervor und schob sie mir hin. "Hol du dir doch eins.", entgegnete sie und nickte in Richtung Bar, wo Stephen noch immer stand, inzwischen nur noch ein leeres Glas in der Hand. Mit Nachdruck schob Natascha mich hoch. Mit dem Vorsatz mir nichts anmerken zu lassen, stand ich mit grimmigen Gesicht auf und schlängelte mich zur Bar durch. "Ein Glas Sekt bitte.", ließ ich den Barmann wissen, einen Schüler aus dem oberen Jahrgang, ebenso wie der heutige DJ, und schob die Getränkekarte über den Tresen. Der Barmann füllte mein Glas und schob es mir hin. Ich nahm es und trank einen Schluck. Stephen stand nicht einmal einen Meter von mir entfernt. Ich könnte ihn so leicht nach einem Tanz fragen. Ich bräuchte mich nur umzudrehen und ihn anzusprechen. Mein Verstand schrie mich an es zu tun und mein Mund wollte schon etwas sagen, doch da erstickte ich die Laute schnell in einem weiteren Schluck Sekt. Jedoch zu schnell, wie sich herausstellte, denn ich verschluckte mich bestialisch. Ich stellte mein Glas auf den Tresen und versuchte die Flüssigkeit aus meiner Luftröhre zu bekommen. Hilfsbereit klopfte mir jemand auf den Rücken. "Danke.", krächzte ich, als ich wieder atmen konnte und drehte mich zu meinem Retter in Not um, nur um mich Stephen gegenüber wiederzufinden. Etwas erschrocken und verlegen räusperte ich mich und sah schnell weg. Da erklang aus dem Lautsprecher die Stimme des DJs. "Es ist nicht immer einfach, das zu sagen, was man gerne sagen würde. Es ist nicht immer einfach, das zu tun, was man gerne tun würde. Manchmal, da braucht man ein wenig Hilfe, um jemandem das zu erklären, was man nicht in Worte fassen kann." Er machte eine Pause und ich blickte zum DJ-Pult und sah dort Natscha stehen, die mir endgültig und bestätigend zunickte. Ich wusste was sie mir sagen wollte, doch ich wusste, dass mir dazu der Mut fehlen würde. "Um das zu sagen, was uns verwert bleibt zu sagen. Hier ist All Of Me von John Legend" Eigentlich sollte ich Stephen jetzt nach einem Tanz fragen, doch ich konnte die Worte nicht aussprechen. Traurig und beschämt drehte ich mich schon um und wollte wieder zu den anderen gehen, als ich eine Hand auf der Schulter spürte. Ich blickte über meine Schulter und sah direkt in die blaugrünen Tiefen von Stephens Augen. "Willst du tanzen?", fragte er mit tiefer, rauer Stimme. Ich konnte nicht reden, meine Stimme würde brechen, deswegen nickte ich nur. Stephen nahm mich an der Hand und führte mich auf die Tanzfläche. Dort drehte er sich zu mir um und wir nahmen unsere Positionen ein. Stephens rechte Hand ruhte auf meiner Hüfte und seine andere hielt meine. Ich stand so nah an ihm, dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte. Dann ertönten die ersten Töne des Liedes und schlagartig versteifte ich mich. Ich konnte keinen einzigen Gesellschaftstanz. Vorhin hatte ich immer nur zu den Discoliedern getanzt. "Stephen,", presste ich hervor, "ich kann nicht tanzen." Stephen zog mich nur noch näher an sich, so dass ich jetzt sogar seinen Herzschlag an meiner Brust fühlte. "Lass dich einfach führen.", murmelte er in mein Ohr und ich nickte. Mein Herz pochte in meinem Hals und als die erste Strophe begann, verließ ich mich einfach auf Stephens Führung und gab mich dem Tanz hin.

What would I do without your smart mouth?
Drawing me in, and you kicking me out
You've got my head spinning, no kidding, I can't pin you down

What's going on in that beautiful mind?
I'm on your magical mystery ride
And I'm so dizzy, don't know what hit me, but I'll be alright

My head's under water
But I'm breathing fine
You're crazy and I'm out of my mind

'Cause all of me
Loves all of you
Love your curves and all your edges
All your perfect imperfections
Give your all to me
I'll give my all to you
You're my end and my beginning
Even when I lose, I'm winning
'Cause I give you all of me
And you give me all of you

...

Viel zu schnell war das Lied zu Ende und Stephen und ich verharrten in unserer letzten Bewegung. Unsicher und mit wild klopfendem Herzen blickte ich zu ihm auf. Was würde jetzt passieren? Noch immer schaute Stephen mich einfach nur mit diesem unergründlichen Blick an. Ich wollte schon etwas sagen oder mich von ihm lösen, als er sich zu mir herunter beugte und seine Lippen auf meine legte. Zuerst war ich zu überrascht für eine Reaktion, doch dann fing ich mich endlich und erwiderte den Kuss. Es erschien mir wie eine wundervolle Ewigkeit, doch schließlich löste sich Stephen wieder von mir. Fast alle anderen waren von der Tanzfläche verschwunden und warteten auf ein neues Lied, das unser DJ auch gerade auflegte. Als die laute schnelle Musik aus den Boxen dröhnte fragte Stephen: "Wollen wir wohin wo es ruhiger ist?" Ich nickte nur und gemeinsam verließen wir die Turnhalle. Ich warf keinen Blick zurück zu den anderen. Die kühle Nachtluft umfing uns und klärte meinen Kopf wieder etwas. Schweigend liefen wir nebeneinander her. Ich wusste nicht wohin wir eigentlich genau liefen, doch Stephen schien ein Ziel zu haben. Als wir schon fast um die Turnhalle herum waren fuhr er auf einmal herum und fasste mein Gesicht mit beiden Händen, bevor er mich abermals küsste. Diesmal war ich vorbereitet und zog ihn an die Wand der Turnhalle, gegen die er mich drückte. Unglaublich was mit ihm passierte, sobald er sich gehen ließ. Schließlich musste ich den Kuss jedoch schwer atmend unterbrechen. Stephens Augen huschten über mein Gesicht und dann packte er mich und zog mich hinter sich her, in Richtung des Wohngebäudes.
Als wir aus dem Fahrstuhl auf den Flur des sechsten Stocks traten, zog Stephen mich zielstrebig zu seinem Zimmer. Ich drängte ihn sofort zu seinem Bett, nachdem er die Tür hinter uns geschlossen hatte. Er ließ sich darauf fallen und ich setzte mich auf seinen Schoß. Ich fing wieder an ihn zu küssen, während seine Hände meinen Oberkörper auf und ab fuhren. Als er den oberen Knopf meines Hemdes öffnete hielt er inne und sah mich fragend an. Als Antwort kletterte ich von seinem Schoß auf sein Bett und zog ihn an seiner Krawatte auf mich herunter.








Helu ✌︎
Yay, wir haben es!
Keine Sorge, das hier ist noch nicht das Ende, ich denke zwei Kapitel kommen noch.
Falls ihr auf mehr hofft, sorry, weiter gehe ich hier auf den weiteren Verlauf der Situation nicht ein.
Es ist ja schon unangenehm für mich das hier zu schreiben, weil (meine Ansicht zu dem Thema) das für mich irgendwie Chataktere zerstört.
Jedenfalls weiß ich nicht so richtig, was ich zu dem Kapitel eigentlich sagen soll.
Nur das wir das schlimmste bereits hinter uns haben.
Also !Spoiler! es gibt keinen Zoff mehr.
Jedenfalls habe ich noch eine kleine Änderung am vorherigen Kapitel vorgenommen, aber an sich ist es gleich geblieben. Der Guy heißt halt jetzt Billy statt Kass. Das ist auch die größte Änderung.
Aber was haltet ihr denn von dem Kapitel?
Bisschen Stucky und Brutascha (; (Ja, ik original wird Natascha ohne c geschrieben aber ich hab's so angefangen und hatte keinen Bock es zu ändern. Mach ich vielleicht irgendwann mal)
Ich habe mich hier auch an die deutsche Verordnung was Alkohol angeht gehalten und nicht an die amerikanische. Aber meine Story, meine Regeln.
Naja egal, ich hoffe wie immer einfach es hat euch gefallen und ihr bleibt noch ein bisschen hier.
Dann - ohne Überleitung - lebt lang und in Frieden.
Bye :3

PS: Is it weird that I'm in love with my own (Ⓒ︎Marvel) character?

All Of MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt