Jetzt ist es raus!

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1.Kapitel  Rettung

Es fühlte sich merkwürdig an und doch wahr Harry absolut überzeugt davon,dass dies genau der Ort wahr,an dem er in diesem Moment sein sollte. Er hätte gar nicht erst so lange warten sollen,bis er gekommen war-doch er hatte sich so viele Ausreden ausgedacht,so viele fadenscheinige Erklärungen,wieso es besser war Snape noch einen Tag Ruhe zu gönnen...und dann noch einen...und nun war es zwei Tage her,dass das Ministerium Snape freigelassen hatte. Wenn man es denn überhaupt so nennen konnte.
Der verwahrloste Bereich vor dem kleinen Haus,der wohl irgendwann ein Garten gewesen war,sah ebenso heruntergekommen aus wie die restlichen Häuser der Straße,alles war grau und wirkte auf so niederschmetternde Art und Weise tot und verlassen,dass Harry sich nicht vorstellen konnte,wie irgendein Mensch jemals freiwillig sein Leben an so einem Ort verbringen konnte.
Harry schluckte,die Augen auf das dunkle Holz der Haustür gerichtet,bevor er sehr zögerlich die Hand zu einer angespannten Faust ballte und mit vorgetäuschter Selbstsicherheit gegen die Tür klopfte.
Dann senkte der den Blick hinab auf sein halbherzig eingestecktes Hemd und richtete es hastig,sodass Snape unter keinen Umständen den Zauberstab sehen würde,den er unter dem Hemd im Hosenbund eingeklemmt hatte.
Wenn er ganz ehrlich war,dann hatte er nicht einmal erwartet,dass Snape ihm die Tür öffnen würde und dennoch war er auf kindliche Art beleidigt,als sein ehemaliger Lehrer sein Klopfen mit keiner Reaktion würdigte. Atmete angestrengt aus,sich selbst zur Ruhe rufend,und klopfte nach einem Moment,in dem er mit nichts anderem als unerträglicher Ignoranz konfrontiert wurde,ein weiteres Mal. Lauter und dieses mal mit echter Ungeduld.
Nichts.
"Snape,ich weiß genau,dass sie hier sind. Und ich weiß auch,dass sie wissen,dass ich hir bin,ich habe sie durchs Fenster schauen sehen!",rief Harry laut mit unverschleierter Erschöpfung. Aus dem Inneren des Hauses drang ein leises,undeutbares Geräusch. Harry runzelte wütend die Stirn.
"Snape!"
"Verschwinden Sie,Potter!",antwortete ihm die unbeherrschte und gewohnt schnarrende Stimme gedämpft durch das morsche Holz der Tür. Harry schnaubte. Dieser verdammte-Er fuhr sich durch die Haare und schüttelte den Kopf,obwohl er wusste,dass Snape in gar nicht sehen konnte.
"Sie wissen genauso gut wie ich,dass ich das nicht tun werde",sprach er zur Tür,erneut einen tiefen Atemzug nehmend. "Lassen Sie mich rein,ich will mit Ihnen reden!"
"Ich aber nicht mit ihnen!",kam sogleich die erwartete und dennoch frustrierende Antwort. Harry zog eine Grimasse.
"Fein,dann warte ich hier eben,bis sie mit mir reden wollen!" Er kreuzte die Arme vor der Brust und reckte stur das Kinn in die Höhe,die Tür mit herausforferndem Blick durchbohrend. "Aber ich warne sie,sie wissen ganz genau,wie verdammt hartnäckig ich bin und wie fürchterlich nervig ich sein kann. Ich werde ihnen den lieben langen Tag auf den Sack gehen und..."
"Verschwinde,du unerträgliches Balg!"
Harrys Mundwinkel zuckten ein wenig. Er lehnte sich gegen den schmutzigen Türrahmen und betrachtete die aufziehenden Wolken. Vielleicht hätte er eine Jacke mitnehmen sollen. "Ich glaube nicht",erwiderte er mit neugewonnener Ruhe und Selbstsicherheit. Er würde nicht gehen,ehe er nicht das Gefühl hatte,es wenigstens versucht zu haben. Er seufzte. "Wenn ich mich hier schon langweilen muss,könnten sie mir wenigstens eine Geschichte erzählen,wissen sie? Ich kann auch einfach anfangen. Letzte Woche,da dachte Ron,er hätte Hautkrebs,weil er einen merkwürdigen Fleck auf seiner Brust gefunden hat. Lange Geschichte kurz,es war..."
"Verdammt noch mal,die Tür ist offen!"
Harry grinste triumphierend,sich in einer überheblichen Geste den Schmutz von seinem Arm klopfend,der auf sein Hemd gekommen war,als er sich gegen die Tür gelehnt hatte. Er griff nach dem Knauf-und tatsächlich,die Tür wahr nicht verriegelt. Harry hob eine Augenbraue,dachte jedoch nicht weiter darüber nach,als er sie öffnete und in das überraschend dunkle Haus trat.
"Es war nur ein Stück Schokolade,der Fleck auf Rons Brust",beendete er heiter seine Erzählung,sich mit neugierigen Augen umsehend. Der Flur war schmal und aufgrund des nicht vorhandenen Fensters so dunkel,dass er kaum etwas sehen konnte,nur von rechts kam etwas Licht-aus dem Wohnzimmer,in dem Snape sich gerade aufzuhalten schien. Harry nannte es nur ein Wohnzimmer,weil ihm kein anderer Begriff einfallen mochte. Der Raum sah fürchterlich aus m,überall lagen Dinge:Bücher,sonstige Gegenstände,ganz egal was,es lag in wilder Wut verstreut überall im Raum,die Regale waren von den Wänden gerückt worden,teilweise war sogar die Tapete von dem kalten Stein gezogen worden.
Snape saß gekrümmt auf einem überaus unbequem aussehenden Holzschemel vor dem Kamin,in dem ein einziges Holzscheit erbärmlich vor sich hin glühte und kaum nennenswerte Hitze von sich gab. Obwohl draußen ein angenehmer Frühling blühe,strahlte das Haus eine unangenehme Kälte aus und Harry wunderte sich nicht im Geringsten darüber,dass Snape zwei Roben übereinander zu tragen schien. Das abgemagerte Gesicht war noch bleicher,als er es gewohnt war und der ehemalige Tränkemeister hatte sich eine schmutzige Decke über die Beine geworfen,um zu verbergen,was,wie Harry in der Verhandlung im Ministerium aus erschreckender Nähe gesehen hatte,eine notdürftig verbundene,fürchterliche Wunde war,die Nagini ihm in ihrem Todeskampf als Abschiedsgeschenk gelassen hatte. Anden Schemel gelehnt stand ein umgedrehter Besen,dessen Stiel zu einem Drittel abgebrochen worden war und der anscheinend als Gehilfe zu dienen hatte.
Harrys erster instinkt war,Fragen zu stellen,doch er wargte sich nicht.
Außerdem kannte er die Antworten doch sowieso. Das Haus war so zugerichtet,weil die Auroren nach Snapes Festnahme ungestüm alles nach Beweisstücken durchsucht hatten und vermutlich nach seiner Freilassung alle magischen Gegenstände in Beschlag genommen hatten. Und natürlich war Snapes Wunde nicht versorgt worden-Harry hatte mit eigennen Augen gesehen,wie die Gefangenen behandelt worden waren und er hätte wissen müssen,dass auch Snape nicht besser behandelt werden würde. Eine ungeheure,nicht wiedergutzumachende Scham überkam ihn und er hasste sich dafür,dass er nicht früher gekommen war.
Snape schien seine Gedanken erahnen zu können,denn sein Ausdruck war verbissen und voller Abscheu.
"Unterstehen Sie sich,Potter,ihr Mitleid ist das letzte,was ich will."
Harry atmete tief durch. "Sie hätte sie wenigstens zu einem Arzt bringen können",sagte er leise,zaghaft ein paar Schritte in den Raum hineinnehmend,sehr darauf bedacht,nicht auf irgendetwas zu treten. "Ich wusste nicht-"
Snape unterbrach ihn mit einer wüsten,ungeduldigen Geste. Harry sah die Erschöpfung,die er ausstrahlte. "Gehen Sie mir nicht auf die Nerven,Potter,was wollen Sie von mir?"
Harry wusste nicht,was er empfinden sollte,als er die elenden Überreste des Mannes betrachtete,der ihm immerzu das Leben zur Hölle gemacht-und es ihm gerettet-hatte. Sein Hals fühlte sich merkwürdig angeschwollen an und er versuchte das Gefühl herunterzuschlucken,doch es gelang ihm nicht. Er wandte den Blick von Snape,weil er es nicht länger ertrug,ihn anzusehen.
"Ich will Ihnen helfen",sagte er in einem bestimmten Tonfall,der keinen Zweifel daran lassen sollte,dass seine Entscheidung unumstößlich war.
Snape wäre jedoch natürlich nicht Snape,wenn er ihm nicht trotzdem widersprechen würde.
Er schaubte verächtlich. "Helfen",wiederholte er dunkel. Harry sah zurück zu ihm und bereute es sofort,denn der Blick,der ihn traf,war wie ein Schwerthieb. "Ich will ihre Hilfe nicht,Potter."
Harry öffnete den Mund,entschied sich jedoch im letzten Moment gegen eine schneidende Antwort und schloss ihn wieder. Er atmete tief durch. "Das ist nicht die richtige Zeit,für nachtragendes Verhalten und Stolz. Ich will ihnen helfen. Irgendwie."
Snape griff nach dem Besen und nutzte ihn als Stütze,um sich von dem Schemel zu erheben. Seine Haltung hatte einiges an der gewöhnlichen beeindruckenden Stärke eingebüßt und Harry konnte sehen,dass er das linke Bein nicht bewegen konnte-er zog es wie ein unerwünschtes lebloses Anhängsel hinter sich her,als er sich mühsam und etwas wackelig mithilfe des Besens ein paar Schritte in seine Richtung schleppte.
"Ich verachte alles an dir",zischte Snape mit einer so unerwarteten Härte,dass Harry beinahe einen Schritt zurückgewichen wäre. "Ich würde mir lieber jeden Fingernagel einzeln rausziehen,als freiwillig auch nur eine einzige Stunde mit ihnen in einem Raum zu sein. Und wenn ich bei dem elenden Versuch,mir morgens auch nur einen Kaffee zu machen,verrecke-ich will ihre Hilfe nicht,habe ich mich deutlich ausgedrückt? Und jetzt raus aus meinem Haus!"
Harry schluckte,keine Anstalten machend,den Raum zu verlassen. Er atmete tief durch. "Immer dieser Hang zur Dramatik",brummelte er,sehr bemüht,seinen Gesichtsausdruck steinern unbeeindruckt zu lassen. "Haben Sie überhaupt noch irgendetwas zu essen im Haus?"
Snapes Gesichtsmuskeln zuckten auf eine Art und Weise,die seine Wut noch einmal verdeutlichte,doch Harry ignorierte es. Er sah zu dem etwas zerfledderten und doch bequem aussehenden Sessel,der umgestoßen worden war und auf seiner Seite vor dem Kamin lag. Snape hätte den Sessel sicherlich zurück auf seine Füße gestellt,wenn er dazu in der Lage gewesen wäre. Der Gedanke,dass Snape nicht einmal das zustande bekam,ängstigte ihn ein wenig. Ihm war alles genommen worden. Wirklich alles.
"Es ist mir egal,wie wenig sie mich ausstehen können",sagte er,die Arme vor der Brust kreuzend. "Sie brauchen ganz offensichtlich meine Hilfe und ich biete sie Ihnen an."
Snapes freie Hand machte eine kurze,unkontrollierte Bewegung zu der Tasche,in der er für gewöhnlich seinen Zauberstab aufbewahrte. Die Bewegung starb,bevor sie zu Ende geführt worden und die langen,bleichen Finger ballten sich zu einer wütenden,leicht zitternden Faust.
"Ich habe diese Entscheidung getroffen",zischte Snape. "Ich brauche keine-"
"Ein Jahr Azkaban",sagte Harry,nun seinerseits einen Schritt auf Snape zunehmend. Durch die gekrümmte Körperhaltung des anderen Mannes überragte er ihn nun um ein paar Zentimeter und er nutzte diese Veränderung,um mit gestraften Schultern Dominanz zu zeigen. "Oder fünf Jahre ohne Zauberei. Ich weiß,ich war dabei,als das Urteil gesprochen wurde."
Snape antwortete ihm nicht. Harry zögerte.
"Sie wissen,dass ich alles versucht habe,oder?",sagte er leise,versuchend,Snapes Blick einzufangen. Doch dieses mal war es sein ehemaliger Lehrer,der die Augen abgewandt hatte. "Aber dass sie für Albus'Tod nicht bestraft werden,das war alles,was ich erreichen konnte. Sie wären niemals freigesprochen worden-das Gamot lässt keinen Todesser laufen,egal ob er für die Tat bereits einmal eine Strafe abgesessen hat,oder nicht."
"Ich weiß",presste Snape zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
"Es mag sie überraschen,aber ich war bei der Verhandlung auch dabei."
Harry atmete angestrengt aus. "Aber sie geben mir die Schuld. Deswegen wollen sie meine Hilfe nicht,weil sie denken ich habe nicht genug getan." Snape schnaubte und verzog die Lippen zu einem bitteren,dünnen Lächeln. "Wenn sie nach irgendwelchen tieferligenden emotionalen Gründen suchen,weswegen ich sie fortschicke,dann muss ich sie leider enttäuschen. Mir ist sehr wohl bewusst,dass meine Misere ausnahmsweise mal nicht ihre Schuld ist. Ich will ihre Hilfe nicht,weil ich sie abgrundtief hasse und ihre bloße Anwesenheit Übelkeit in mir auslöst,Potter. Nicht mehr,nicht weniger."
Harry blinzelte. "Das glaube ich ihnen nicht."
"Sie haben mir mein Leben gerettet,mehrmals."
"Sie wissen,dass das nichts ändert."
Harry fuhr sich durch die Haare und schüttelte den Kopf. Er wusste nicht,wieso ihm die Vorstellung,dass Snape wirklich gar nichts an ihm erträglich fand,so unangenehm war m,aber es brachte ihn beinahe um den Verstand.
"Welche Rolle spielt das schon",murmelte er,"lassen Sie mich ihnen helfen." Er betrachtete Snape,der noch immer die Zähne zusammenbiss.
Er musste unwahrscheinliche Schmerzen haben,auch wenn er versuchte,sie sich nicht anmerken zu lassen.
"Ich bringe sie zu einem Arzt",beschloss er. "Denn ohne schaffen sie keine fünf Jahre,nicht einmal fünf Wochen-ob sie es einsehen,oder nicht."
Snape hatte den Rückzug angetreten und sich wieder auf dem etwas instabil aussehenden Schemel niedergelassen. Er schnaubte. "Ich mag vielleicht ein Krüppel ohne Zauberstab sein,aber ich habe noch zwei gesunde Hände und wenn es sein muss,werde ich nicht zögern,sie zu erwürgen",knurrt er,woraufhin Harry langsam die Geduld entglitt.
Er hatte nun selbst angefangen zu zittern.
"Sie elender,gottloser Sturkopf",entfuhr es ihm ungehalten. "Sind sie so verdammt scharf darauf,als verbitterter und gehasster Mensch zu sterben, nur damit Sie keine Hilfe von dem Sohn des Mannes annehmen müssen, den sie so sehr verachtet haben? Wissen Sie was – ich bin nicht mein Vater!“ Er fuhr sich mit einer Hand durch das müde Gesicht und stöhnte. „Wenn ich es wäre, dann wäre ich jetzt nicht hier. Es ist mir sowas von egal, was Sie von mir halten und warum Sie denken, mich so verachten zu müssen – lassen Sie mich… lassen Sie es mich wiedergutmachen.“
„Wiedergutmachen?“, wiederholte Snape in einem spöttischen Tonfall. Harry ging nicht darauf ein.
„Ich will Ihnen helfen“, sagte er erneut. Seine Stimme bebte.
„Und ich will Ihre Hilfe nicht! Verschwinden Sie und nerven Sie irgendjemand anderen, ich-“
Aus irgendeinem Grund waren es diese Worte, die Harry die letzte Kontrolle verlieren ließen. Er spürte, wie ihm die Hitze in den Kopf stieg und seine Augen zu tränen begannen, doch er war fest entschlossen, keine zu vergießen. Nicht hier, nicht so.
„Wen denn?“, unterbrach er Snape mit einem hilflosen Schnauben. „Albus vielleicht? Oder Sirius? Remus und Tonks? Oder doch Mad-Eye oder Fred?“ Er atmete zitternd aus. „Nicht einmal Dobby hat überlebt. Oder Hedwig – verdammt, ich habe nicht einmal meine Eule, der ich den Kopf tätscheln könnte. Ich kann nichts tun, weil fast alle tot sind. Nur noch Sie sind übrig, nur Sie- und Sie wurden angeklagt, weil Sie wegen mir wieder zurück zu Voldemort mussten und jetzt sitzen Sie da – mit eineinhalb Beinen in der verdammten Kälte weil dieses asoziale Ministerium nicht einmal Ihre Verletzungen heilen konnte, bevor sie Ihnen jeden Kontakt zur Zauberei verboten haben. Also lassen Sie mich Ihnen verdammt noch mal helfen und Sie zu einem blöden Arzt bringen und Ihnen was zu essen besorgen, weil Sie der letzte Mensch sind, den ich jetzt noch nerven kann!“Die letzten Worte hatte er mit dem verbleibenden Rest an Sauerstoff in seiner Lunge gesprochen und er nahm tief Luft, die Augen schließend. Snape mit seiner unausstehlichen Art schaffte es immer wieder, Harry an den äußersten Rand seiner Geduld zu treiben und immerzu fühlte er sich auf einen Schlag ganz und gar nicht mehr, wie ein erwachsener, verantwortungsvoller Kriegsheld, sondern wie ein pubertärer Teenager, der seine Gefühle nicht im Griff hatte.
Erst nach einigen Sekunden realisierte er, dass Snape ihm noch nicht geantwortet hatte. Für gewöhnlich ließ die Fledermaus keine Gelegenheit aus, mit scharfen Bemerkungen sein Selbstvertrauen und seine Beherrschung weiter in den Boden zu rammen, doch dieses Mal schien er tatsächlich auf eine unerwartete Weise ein kleinwenig sprachlos zu sein.
„Ich habe kein Interesse daran, Objekt Ihrer kläglichen Auseinandersetzung mit Ihren Kriegstraumata zu sein. Ziehen Sie mich nicht in Ihre Probleme mit hinein – ich will Ihre Hilfe nicht, punkt. Und jetzt raus hier!“
Snape hatte so leise und zischend gesprochen, dass Harry ein eiskalter Schauer über den Rücken lief. Dann schloss er erneut für einen langen Moment die Augen, atmete tief durch und schüttelte den Kopf.
„Nein“, beschloss er mit entschiedener Stimme. Trotz, Wut und Scham waren einer absurden Ruhe gewichen. Er fuhr sich durch die Haare. „Nein, ich werde nicht gehen und ich werde Ihnen helfen.“„Nur jemand, der auf so widerliche Art und Weise bedingungslos von sich selbst überzeugt ist, könnte sich jemand anderem so aufdrängen“, schnaubte Snape. „Was bilden Sie sich eigentlich ein, ohne meine Einwilligung-“
„Ach“, unterbrach Harry ihn mit einem triumphierenden, amüsierten Geräusch. „So wie Sie mich um meine Einwilligung gebeten haben?“
Snape starrte ihn an und Harry reckte überheblich das Kinn in die Höhe. „Als Sie Quirrel daran gehindert haben, mich in meinem ersten Jahr vom Besen zu werfen. Oder die tausend Mal danach, als Sie mir das Leben gerettet haben – haben Sie mich je gefragt ob ich einverstanden bin, dass sich jemand zwischen mich und einen ausgewachsenen Werwolf stellt? Oder dass er Tag für Tag sein Leben aufs Spiel setzt, damit ich leben kann?“ Harry schnaubte. „Wenn ihr jemand von sich selbst überzeugt ist, dann Mister Geheimagent, der im Hintergrund die Stränge zieht und ständig allen das Leben rettet!“
Snape knirschte mit den Zähnen. „Das sind alles vollkommen andere-“
„Ach, halten Sie den Mund“, fuhr Harry ihm ungehalten ins Wort. Snapes Augen verengten sich.
„Ich lasse nicht so mit mir reden, Potter“, zischte er.„Und ich bin keine elf Jahre mehr alt!“, fauchte er zurück. „Ich kann mit Ihnen reden, wie ich will, Sie verdammter Sturkopf!“ Er griff in seine Hosentasche, das Mobiltelefon hervorziehend, das Hermine ihm nach dem Krieg geschenkt hatte. Er senkte den Blick auf das kleine Display. 9.
„Potter!“
9.
„Sie unfassbar egozentrischer kleiner-“
9. Harry starrte Snape in die dunklen, hasserfüllten Augen, als er das Telefon an sein Ohr hielt.
„Fahren Sie zum Teufel, Potter“, schnaubte Snape. Harry ignorierte ihn. Eine Stimme meldete sich.
„Guten Tag“, sagte Harry möglichst ruhig. „Ich brauche einen Krankenwagen nach Spinner’s End 19. Hier ist ein leicht seniler Hitzkopf, der vor einer Woche von einem wilden Tier angefallen worden ist und seitdem keine richtige medizinische Versorgung erhalten hat … Mh-m, ein Straßenhund, fürchterliches Biest … Mh-m. Offene Wunde am Unterschenkel, sieht schlimm aus … Hm? … Spinner’s End 19, genau. Mein Name ist Harry Potter, danke. … Hm? … Ja, ich bleibe bei ihm, bis der Notarzt da ist. Oh, und schicken Sie jemand Starkes, ich fürchte, er könnte handgreiflich werden. Vielen Dank.“
Harry legte auf und trat auf Snape zu, den umgestoßenen Sessel wieder in seine ursprüngliche Position hievend. Er ließ sich mit einem Seufzen darauf nieder und überschlug schwungvoll die Beine.
„Sie sagte, es dauert in etwa zehn Minuten.“

Jetzt ist es raus!Where stories live. Discover now