Kapitel 48

146 11 33
                                    


Wincent

„Wie der kann da nichts für? Ihr seid befreundet. Und der hat nichts Besseres zu tun als mit deiner Freundin ins Bett zu steigen?!", entfuhr es Liz recht aufgebracht. Inzwischen saßen wir auf der Matratze, mit dem Rücken an die Wand gelehnt. „Na ja. Fabi kannte Tamara nicht. Und wir wohnen ja noch nicht sooo lang in einer WG. Na ja für ihn war Tamara ja auch nicht Tamara. Sie hat sich ihm als Clara vorgestellt. Also trifft Fabi wirklich keine Schuld", murmelte ich schulterzuckend. Liz schaute mich etwas mitleidig an. „Versteh mich nicht falsch", fing sie an, „Aber irgendwie machst du gerade gar keinen so super traurigen Eindruck. Und so wirklich überrascht wirkst du auch nicht. Ich kenn mich jetzt echt nicht so aus, aber irgendwie reagiert man doch eigentlich anders auf sowas, oder nicht?" „Ach. Es lief ja irgendwie jetzt schon länger nicht mehr so super. Keine Ahnung, es hat mich auch irgendwie nicht überrascht. Und ich habe ja auch schon seit längerem an dieser Beziehung gezweifelt. Im Prinzip hat sie mir jetzt die Entscheidung abgenommen, die ich wohl eh irgendwann getroffen hätte", gab ich also ehrlich zu, „Es ist einfach besser so." „Hm. Was hast du überhaupt an ihr gefunden?", wollte Liz schließlich wissen, „Sie ist immerhin eine lebensechte Barbie!" „Widersprichst du nicht eigentlich deinen eigenen Prinzipien, wenn du Tamara als Barbie betitelst? Das ist doch auch voll oberflächlich", runzelte ich die Stirn. „Na ja. Ist sie eine Barbie?" „Hm. Sie hat schon viel Geld für Schminke und den ganzen Kram ausgegeben", murmelte ich, „Und auch extrem viel wert auf das alles gelegt ..." „Dann ist das wohl eher eine gute Menschenkenntnis meinerseits", grinste Liz, „Was mich nur noch weniger verstehen lässt, was du so an ihr gefunden hast? Du bist so gar nicht das, was sie ist." „Sie war tatsächlich nicht immer so. Das hat sich irgendwie mit der Zeit so entwickelt. Als ich Tamara kennengelernt habe, hat sie zwar schon auf ihr Äußeres geachtet, aber eben nicht so extrem. Ich hab sie damals beim Feiern kennengelernt. Da war sie eine schüchterne, wunderschöne Frau. Wir haben uns damals sofort gut verstanden, hatten einen ähnlichen Humor. Aber na ja. Irgendwann merkte man im Alltag eben, dass man sich nicht so ähnlich war, wie man anfangs dachte. Hab einfach kein Glück mit den Frauen", zuckte ich mit den Schultern. „Das kommt bestimmt noch", überlegte Liz, „Ich glaub das sagt man in so einer Situation." Das brachte mich tatsächlich zum Lachen. „Gefühle sind wohl immer noch nicht so dein Ding, was?" „Ach komm. Ich hab nur von diesem ganzen Liebeskummerkram und so keine Ahnung", zuckte sie mit den Schultern, „Ist wohl einfach nicht mein Ding." „Was? Komm schon. Gab oder gibt es da wirklich niemanden?", warf ich skeptisch ein. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es bei ihr wirklich Niemanden gab. „Mehr als nur für eine Nacht war eigentlich nie drin", winkte sie ab, „Ich bin wohl einfach nicht der Typ Mensch für diesen ganzen Gefühlskram." „Unsinn. Dann war einfach noch nicht der Richtige dabei. Ich glaube für jeden gibt es den einen richtigen Menschen. Die einen warten halt länger darauf, diesen Menschen zu finden." „Du bist ja echt ein krasser Romantiker", Liz runzelte die Stirn, „Warst du das schon immer?" „Kann ja nicht jeder so ein Geheimnis um seine Gefühlswelt machen wie du", neckte ich sie schmunzelnd. „Haha", murmelte sie und verzog das Gesicht, „Es macht Vieles einfacher." „Einfach ist aber nicht immer richtig." „Jetzt packt er seinen Philosophenkram wieder aus", brummte Liz und verdrehte die Augen. „Also alles wieder wie damals", grinste ich. „Na klasse. Jetzt weiß ich nicht, wie ich das finden soll", überlegte Liz. Aber man hörte an ihrer Stimme, dass sie es eher als Scherz meinte. „Du kannst ruhig zugeben, dass du das super klasse findest", grinste ich also. „Träum weiter du Spinner", schnaubte sie, aber ich konnte das Grinsen auf ihren Lippen doch erahnen. Ich warf einen kurzen Blick auf die Uhr, inzwischen war es halb Zwei und die Müdigkeit machte sich allmählich bemerkbar. „Fährst du morgen dann direkt wieder nach München?", fragte Liz irgendwann. „Ne. Ich mach dann einen Abstecher zu meiner Familie und hab dann hier im Norden ein paar Termine. Vor Oktober bin ich vermutlich gar nicht mehr in München ..." „Und dann schleppst du nur so einen Rucksack mit?" „Na ja ich hab in der Wohnung bei meiner Mum genug Sachen", erklärte ich schmunzelnd, „Im Oktober ist dann wieder Studioarbeit angesagt. Wenn du also doch mal ein wenig Studioaction erleben willst, bist du herzlich eingeladen." „Stell ich mir durchaus lustig vor", überlegte sie, „Aber unsere Ferien sind durch das Praktikum verschoben. Da kann ich dir grad gar kein Datum sagen." „Das kannst du mir ja dann einfach schreiben, wenn du mehr weißt." „Werd ich aber direkt erfragen, damit die Zugtickets dann nicht zu teuer sind", murmelte sie. „Ich geb dir da sonst auch was zu. Oder hol dich ab ...", warf ich schnell ein. „Abholen? Das ist wohl die dümmste Idee, die man haben kann", schüttelte Liz den Kopf, „Und du musst mir da auch nichts dazugeben. Ich bekomm das schon hin." „Das ist aber das Mindeste. Ich hab ein recht geregeltes Einkommen. Du ja eben nicht. Da verlang ich sicher nicht von dir, dass du allein auf den kosten sitzenbleibst." „Sehen wir ja dann. Vielleicht sollten wir jetzt doch langsam mal übers Schlafen nachdenken. Schließlich willst du morgen noch weiterfahren und da kann es vermutlich nicht schaden, wenn du etwas geschlafen hast. Wann willst du überhaupt los?" „Je nachdem wann du mich rausschmeißt", schmunzelte ich. „Fahr, wann du willst. Mir ist das egal, kannst so lang bleiben, wie du willst", meinte Liz schulterzuckend. Ich nickte dankbar. Und weil sich die Müdigkeit wirklich immer stärker bemerkbar machte, brauchte ich dann auch nicht lang, um einzuschlafen.

Betonherz - Hast plötzlich alles leicht gemachtWhere stories live. Discover now