Leidenschaft

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Das Schulgebäude war groß, es verfügte über unzählige Klassenzimmer. Es schien wie ein grauer Kasten. „Wie ein Gefängnis" maulte Charls. Die zwei Freunde standen vor dem Schuleingang. Der Pausenhof war leer, außer ein paar kahlen Bäumen wuchs nichts.
Es lag eine gewisse Stille in der Luft. Aufrichtig schritten sie in Richtung Eingang. Die große, schwarze Uhr die über dem Gebäude hing zeigte Punkt 8:00 Uhr. Misstrauisch zog Page die Tür auf. Leere. Alles wirkte wie ausgestorben. Einerseits mochte sie die Stille, anderer seits war es unheimlich.

Am Vortag

„Zweiter Stock, Raum 113, Klasse 10c also." murmelte Charls der mit einer dampfend heißen Tasse Tee an seinem Schreibtisch saß.
00:00 Uhr. Mitternacht. Die Kirchturm Glocken bimmelten.

Nun standen sie genau dort, in einem leeren Gang, umzingelt von Türen.
Klasse 10c .
Widerwillig öffnete Charls die Tür.
Mit dem was sie dort erwartet hatten , hätten sie nie gerechnet.
Das ordentliche Klassenzimmer mit den Einzel Plätzen und den strickten Klassenregeln, existierte nicht.
Tische standen wild durcheinander im Raum verteilt, Schüler liefen hektisch hin und her. Nur als die Tür aufsprang, verstummten die plappernden Stimmen.
Ein neugieriges Mädchen, mit langen, blonden Haaren lief auf die Neuen zu. „Seit ihr neu? Ich habe euch noch nie gesehen, wow, du hast voll die schönen Augen!" kicherte sie und sah Page tief in die Augen. Dann grinste sie.
„Ja, genau, wir sind die Neuen. Ich bin Charls und das ist meine Freundin Page." brummte er. „Ah, Hi. Ich bin Jessica, aber alle nennen mich Jessy, ach und Klassensprecherin."
Erneut sprang die Tür auf und ein junger Mann, Anfang 20, trat ein. Er hatte schwarzes Haar, was ihm ins Gesicht hing, auf seiner Nase saß locker eine Runde, schwarze Brille. 
Die Schülerinnen und Schüler ächzen flink auf ihre Plätze. Nur Page und Charls standen verloren im Raum. Der Lehrer, welcher sich als Mr. Smith ausgab war überrascht neue Gesichter zu sehen „Und ihr seit?" „ Wir sind die neuen" frech schmunzelte Charls. „Also das ist Charls , und ich bin Page" fügte sie lustlos hinzu.
„Das ändert jetzt auch nichts, nehmt bitte hier platz" der Lehrer deutete auf einen Doppeltisch
in der ersten Reihe. Schweigend nahmen sie Platz. Der Lehrer faselte irgendetwas über Matheformel, doch Page und Charls waren längst in ein stilles Gespräch verwickelt. „Diese Jassy, meine Güte, ist die ein plapper-Maul" „Ich finde sie ganz nett" durch diese Antwort fing sie sich eine wütenden Blick von Charls ein. „Seit ihr jetzt beste Freunde, oder was?!" beleidigt verschränkte er die Arme. Page verdrehte genervt die Augen.

In der Pause versuchte Jessica Kontakt mit den beiden Neuen auf zu nehmen. „Hast du keine anderen Freunde?!" Charls Worte trafen sie. Gekränkt und mit gesenkten Kopf, schlurfte sie davon. „Musste das sein?" fuhr Page ihn an. „Du hast ihre Gefühle verletzt!" „Ach echt?" „Idiot!" eilig folgte sie dem verletzten Mädchen und sprach sie schließlich an. „Hey, Jessica. Das war sicher nicht so von ihm gemeint" sie drehte sich um. Tränen kullerten ihre grünen Augen hinab und zerschellten auf dem Boden.

Früher hätte sie gelacht, dich jetzt, jetzt fühlte sie den Schmerz in ihr, Page wusste wie es war von anderen beleidigt zu werden, nicht dazu zu gehören.
Page wusste nicht wie sie sie trösten sollte, doch da war noch etwas anderes, also umarmte sie sie karg, schnell löste sie sich wieder.
„Weist du was, komm doch am Abend einfach zu mir."

„Du hast was?!" „Du hast mich richtig verstanden" „Ja, das habe ich, aber warum?"
„Sie tat mir so leid" „Du weißt wie sich so etwas anfühlt?" „Ja, ich habe auch ein Herz" wisperte sie. „Und was ist der wahre Grund" Mit zusammen gezogenen Augen musterte er sie. Sie wusste das er sie schon sehr lang kannte und alle Lügen sofort erkannte, aber das hatte sie nicht erwartet. Staunend sah sie ihn an. Schweigen. Doch dann „Heute um 15:37 Uhr, an der Lorgan Eye street, ums Leben gekommen durch einen betrunkenen Autofahrer." ihr kalten, ausdruckslosen Augen starrten ihn an. Charls antwortet nicht.

15:17 Uhr

Ungeduldig hämmerte Page auf die Platte des Küchentische.
Schweißgebadet stürzte Charls in die Küche, das kühle Nass tropfte seine Haare hinab. „Alles in Ordnung" Page sprang auf.
Ein verkrampftes „Ich kann nicht..... mehr" fluchte er. Page Gesicht färbte sich weiß.
Sie hatte ihm ihr Versprechen gegeben, doch nicht jetzt. Nicht heute und nicht zu dieser Zeit. Seine Pupillen weiteten sich, er hechelte vor Anstrengung. Sie hatte keine Wahl.
Sie hatte es Versprochen.

Das Krankenhaus.

15:29 Uhr

Ernst trat Page ein. Sie fühlte erneut den Gefallen einen Menschen leiden zu hören. Sie wollte sich dagegen Wehren, doch die Leidenschaft war zu groß. Eifrig inspizierte sie die Räume, voll Treffer!
„Dritter Stock, 18 Gang ,Zimmer 198 ganz hinten." Charls nickte eifrig. „Beste Zeit, 15:34 Uhr." wie von Sinnen verlassen stürmte er in das Krankenhaus. Wie beim letzten Mahl ertönte ein stöhnender Schrei.
Nach halber Ewigkeit, taumelte er aus der Klinik. Sein Gesicht war mit Blutstropfen verschmiert. Der Regen ließ die rote Flüssigkeit verlaufen.
Tat: erstochen. 
Pages zu Frieden stellendes Gesicht ließ ihn auflachen. Er atmete tief ein und sah zum Himmel. Die Regentropfen küssten sein Gesicht. Erleichtert legte sie einen Arm um seine Schulter. Ihre Klatsch nassen Haare striff sie sich leicht nach Hinten.

Ein befriedigendes Gefühl machte sich in ihr breit.
Charls drückte sie fest an sich.
Erneut ertappte sie sich bei dem Gedanken wie süß er war, wenn er sie umarmte. Sie mochte seine breiten Arme, seien Hände die sie umklammerten und seien Duft. Verträumt lächelte sie in sich hinein.

16:37 Uhr.

Page schreckte auf, sie hatten es vergessen.
Das Kopfkino. Der Unfall. Der Tot. Die Schreie. Die hilflosen Schreie waren das was sie am meisten verängstigte.
Doch ihre Entscheidung war gefallen, doch war es die richtige Entscheidung.
Das Versprechen.
Sie fühlte sich schuldig.
Doch das erleichternde Gefühl, wenn sie andere Leiden sah, war da. Es war unbeschreiblich. Andere hassten es, doch sie brauchte es.
Und genau so wie Charls hatte ihr Racheplan heftige Nebenwirkungen.
Anfangs mochten sie es nicht, doch ihre Wut war zu groß, die Personen die ihren so viel Leid angetan hatten, sollten bezahlen. Aus der Anfangs leichten Rache, entwickelte sich eine Leidenschaft und aus der Leidenschaft entwickelte sich ein Fluch.

Das VerlangenWhere stories live. Discover now