Zonias Rat (32)

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,,Katalia, mein Kind, ist alles in Ordnung?"

Zonias kupferfarbenes Gesicht geriet in Katalias Blickfeld. Zwischen ihren Augen hatte sich eine tiefe Sorgenfalte gebildet.

,,Du wirkst abwesend."

Katalia seufzte. ,,Es ist nichts von Wichtigkeit."
Das war gelogen. Ihr Bruder war zurück in Dun. Er lebte. Natürlich war das von Wichtigkeit. Bis vor einer Stunde hatte sie noch geglaubt er wäre tot!

,,Nun, es scheint dich aber zu beschäftigen." In Zonias sanfter Stimme lag eine Aufforderung.

Katalia ließ nachdenklich ihren Putzlappen sinken. Sie war zurück zum Palast gelaufen, hatte sich ein Bett in der Sklavenkammer bereitet und ihre wenigen Sachen in einem der Holzschränke verstaut. Jetzt grade gingen sie und Zonia, eine etwas ältere Haussklavin, ihrer abendlichen Pflicht nach - dem Putzen der Küche.

Katalia hatte Zonia anfangs nicht gemocht, sie war ihr zu gesprächig gewesen, zu interessiert an allem und jeden. Mit ihrer hohen Stimme hatte die kleingeratene, dünne Frau sie anfangs an einen Sittich erinnert. Ihr hatte viel daran gelegen Katalia zu bemuttern, besonders nachdem sie gelernt hatte, dass diese ein Waisenkind war. "Auch ich habe meine Elterm recht früh verloren. Ich weiß genau wie dir Zumute ist." Hatte Zonia oft gesagt.

Katalia hatte ihre aufdringliche Freundlichkeit meist mit Schweigen oder knappen, höflichen Antworten erwidert. Doch jetzt war sie ernsthaft in Versuchung sich der Sklavin anzuvertrauen. Sie musste einfach mit jemandem reden.

,,Mein Bruder ist zurückgekehrt, Zonia."

,,Oh! War er fort?"

Katalia zwang sich, nicht die Augen zu verdrehen. ,,Offensichtlich."

Zonia polierte mit kräftigen Bewegungen den gefliesten Boden. Ihre Stimme klang neugierig. Es kam nicht oft vor, dass Katalia ihr etwas von sich aus erzählte. ,,Wo war er denn? Wurde er verkauft?"

,,So ungefähr." Katalia wandte sich ab und fuhr mit ihrer Arbeit fort. Es verletzte ihren Stolz, doch Zonia musste weiterhin glauben, dass sie versklavt war und ihre Familie ebenfalls. ,,Man könnte sagen er hat sich selbst verkauft." Fügte sie vorsichtig hinzu, um nicht allzu sehr zu lügen.

Zonia hielt inne und sah auf. Ihre blauen Augen leuchteten durch die Dunkelheit des Raumes, in dem nur noch vereinzelt ein paar Öllampen brannten. ,,Ich verstehe. Waren die Mittel bei euren alten Herren knapp? Hat er sich verkaufen lassen, in der Hoffnung auf einen besseren Arbeitsplatz?"

Katalia nickte. Überrascht über die einfache Erklärung die Zonia ihr lieferte. ,,Jaja, so ist es."

,,Wie lange war er fort?" Zonia wrang ihren Putzlappen aus.

Katalia rechnete schnell. ,,Fünf Jahre. Ich war elf oder zwölf als er ging."

Die auf dem Boden kauernde Frau zuckte mit den Schultern. ,,Das ist nicht so lange."

Verstimmt starrte Katalia sie an. ,,Doch." Ihre Stimme wurde lauter. ,,Es war eine sehr lange Zeit in der sehr viel passiert ist. Wir sind jeden Tag kaum mit Allem fertig geworden, meine Eltern und ich, weil mein Bruder nicht mitarbeiten konnte. Wir haben ihn gebraucht, ich habe ihn gebraucht, und er ist einfach gegangen!"

,,Nun, aber jetzt ist er wieder da. Villeicht kann er es wieder gut machen." Schlug Zonia teilnahmsvoll vor.

Katalia schnaubte. ,,Wie?! Unsere Eltern sind bereits tot."

,,Ja, aber- Was ich meine ist, dass er es dir gegenüber wieder gut machen kann."

Zonia stand auf und leerte ihren Eimer in den Bottich mit dem Schmutzwasser. Sie war fertig mit ihrem Teil der Küche.

KataliaWhere stories live. Discover now