- Kapitel 17: Engelsduft -

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Durch den schmalen Spalt fiel das erste Licht des Tages in die Höhle und weckte Asavi auf. Sie rappelte sich leise in eine aufrechte Position und wischte sich die Erdkrümel von der Wange und aus den Haaren. Ein Blick auf die andere Seite der Höhle verriet ihr, dass Jazmin noch schlief und Helene zumindest atmete. Csaba und Zar waren nirgends zu finden.

Asavi schob die Pistole zurück in ihren Hosenbund, zog das lockere Baumwollhemd darüber und kletterte aus der Höhle. Sie erwartete, einen der beiden zumindest vor dem Felshang sitzen zu sehen, doch die kleine Lichtung war verlassen.

Asavi blickte sich rasch um und lauschte dann in den Wald.

Der Morgenchor der Vögel fing gerade erst an durch den stillen Wald zu schallen, doch von den beiden Männern war keine Spur. Asavi runzelte misstrauisch die Brauen und zog die Pistole, nur zur Sicherheit. Neben dem Höhleneingang erkannte sie weggetretene Erde, als wäre jemand hastig an der Steilwand hinauf geklettert, ohne sich um hinterlassene Spuren zu scheren. Einige Jungbäume am oberen Rand des Hangs waren leicht aus der Erde gerissen und umgeknickt.

Ein kalter Schauer huschte ihr über die Kopfhaut, als sie sich ein weiteres Mal im Kreis drehte. Unwillkürlich schlichen sich Bären und Wolfsrudel in Asavis Kopf, die sie allesamt für Zars und Csabas Abwesenheit verantwortlich machte. Unsinn, beruhigte sie ihr wild pochendes Herz. Einen Angriff hätte sie bestimmt gehört. Sie kaute nervös an der Innenseite ihrer Wange und überlegte, was sie tun sollte.

Helene war nicht in Form, um schon wieder durch den Wald zu laufen, also kehrte Asavi um und weckte Jazmin. Sie schilderte ihr die Sachlage und riet ihr, sich zu bewaffnen.

»Ich werde mich nach den beiden umsehen«, murmelte sie. »Am Ende schlagen sie einander noch die Schädel ein.«

Jazmin schüttelte den Kopf. »Csaba übt keine Gewalt aus, wenn es nicht sein muss. Danke, dass du mir Bescheid gegeben hast.«

»Nein, er steht lieber daneben, wenns ein anderer macht«, murmelte Asavi. »Du brauchst mir nicht danken. Das alles hier ist ja wohl meine Schuld.«

Jazmin ruderte mit der Hand. »Du könntest jetzt auch einfach abhauen. Aber du kommst sogar extra zurück, um mich zu warnen. Dabei war mein Klan nicht gerade nett zu dir.«

Asavi hustete ein Lachen und grinste dann. »Ich verurteile keine Menschengruppen. Nur einzelne Schwachköpfe. Du hast mir nichts getan, also klar warne ich dich. Wir sind - Erste oder Neue Wahrheit hin oder her – beides immer noch Menschen.«

Jazmin schenkte ihr ein dankbares Lächeln. »Ich finde übrigens wirklich, dass du hübsch bist«, beeilte sie sich, zu sagen, und mied Asavis Blick.

»Danke«, grinste Asavi. »Gleichfalls. Ich bin bald zurück.«

Asavi machte sich vorsichtig an den Aufstieg, zog sich an den dickeren Ästen nach oben, bis sie sich mit den Füßen an den noch glatten Stämmen der Jungbäume abstieß und über den Rand der Böschung schob. Der Steilhang war die Seitenwand eines größeren Plateaus, das weiter anstieg, bis sich der steinerne Aufschluss schließlich sogar über die Baumkronen erhob. Die verwitterte Abfolge geschichteten, porösen Kalkgesteins erzählte von der einstig marinen Natur der Pannonischen Tiefebene und erhob sich absurderweise nach vielen Millionen Jahren höher über das Land, als jeder umliegende See oder Fluss je könnte.

Asavi hatte beinahe freien Blick auf den stahlblauen Himmel, der in der Ferne am Horizont den nächsten Gewittersturm ankündigte. Sie sog die stille Luft ein und suchte nach weiteren Spuren, fand jedoch nichts, das darauf hindeutete, dass jemand erst kürzlich hier durch gekommen war. Gerade legte sie die Hände an den Mund, um zu rufen, da knackte das Unterholz weiter vorne. Asavi zog die Pistole mit einer fließenden Bewegung und richtete sie auf den Schemen, der nun durch das Gestrüpp zwischen den Blättern sichtbar wurde. Erleichtert stellte sie fest, dass es Zar war, und für einen Moment ließ sie die Waffe sinken, ehe sie den Lauf erneut auf ihn richtete.

[Sci-Fi/Fantasy] Starfall - Wenn der Himmel fälltWhere stories live. Discover now