Kapitel 13: Du hast'n Freund in mir

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,,Also nur Lou, erzähl mal was über dich. Was machst du so, wenn du nicht mit uns auf große Reise gehst?''

Ich stockte und schaute ängstlich zwischen den vier Augenpaaren hin und her, die mich abwartend anschauten. Besonders Hudsons graue Augen leuchteten, als würde es ihn besonders interessieren.

,,Nichts besonderes eigentlich'', sagte ich leise und merkte, wie ich mich schon wieder zurückzog. Wahrscheinlich fühlte ich mich in ihrer Nähe doch nicht so wohl, wie ich dachte. Sie würden gleich herausfinden, was für ein Niemand ich war. Wie langweilig und nichtssagend mein Leben war. Wenn sie herausfanden, dass an mir nichts Besonderes war, würden sie mich ignorieren. Denn was sollten sie mit mir anstellen, wenn meine Angst mich immer daran hinderte, etwas zu machen, was alle jungen Menschen in meinem Alter taten?

Jesse schüttelte den Kopf, sodass seine wilden Locken umherflogen.

,,Nichts da, so einfach kommst du mir nicht davon. Ich bin sicher, dass du voller Geheimnisse steckst. Also, was macht dich als Mensch aus?''

Ich knabberte auf meiner Lippe herum. Was sollte ich ihnen erzählen? Alles, was ich machte, war langweilig. Und was mich ausmachte? Meine fiesen Gedanken. Aber über deren Existenz würde ich ihnen nichts verraten.

,,Ich weiß nicht'', sagte ich und zuckte verlegen mit den Schultern. Mein Blick flog hilfesuchend zu Grace, die mich nur aufmunternd anlächelte.

,,Du liest doch gerne, oder?'', hörte ich plötzlich Hudson sagen. Sofort flog mein Blick zu ihm.

Miles stieß ihm in die Seite und trug dabei ein triumphierendes Lächeln auf den Lippen. ,,Ach, willst du uns auch verraten, woher du das weißt?'', fragte dieser anzüglich. Sofort spürte ich, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg. Hudson schien plötzlich bewusst zu werden, was er da gerade gesagt hatte, und kratzte sich verlegen am Nacken.

,,Das würde mich aber auch brennend interessieren'', flötete Grace, während sie sich auf ihren Armen abstützte und Hudson klimpernd auffordernd entgegenschaute.

Ich verknotete meine Hände ineinander und schaute überall hin, nur nicht in Hudsons Richtung. Die elenden Schmetterlinge tobten in meinem Magen, doch gleichzeitig zog sich meine Kehle zusammen.

,,Ich habe sie früher immer in der Bibliothek gesehen oder manchmal saß sie in der Pause bei den großen Weiden und hat die ganze Zeit gelesen'', sagte er mit rauer Stimme.

Unsere Augen begegneten sich. Eine stumme Frage lag in diesem Moment zwischen uns. Was weißt du noch über mich?

Hudson lächelte leicht und legte den Kopf schief, sodass eine dunkle Haarsträhne ihm in die Stirn fiel. Mehr als du denkst.

,,Das sind doch schon mal Informationen, mit denen ich etwas anfangen kann. Also, was liest du so?''

Ich machte große Augen, da ich nicht erwartet hatte, dass ausgerechnet ein Typ wie Jesse sich dafür interessieren könnte, was ich lese. Dass er überhaupt Interesse zeigte, ließ mein dummes Herz schon aufs Doppelte anschwellen.

,,Ich lege mich nicht gerne auf Genres fest, aber ich mag Bücher, in denen die Gefühle der Charaktere im Vordergrund stehen, andererseits bewundere ich es auch, wenn man eine nüchterne und sachliche Schreibweise hat. Ich denke, solange die Geschichte richtig erzählt wird, ist jedes Buch auf seine Weise lesenswert.''

Danach entstand für einen kurzen Moment Stille.

Ehe Jesse laut auflachte und seinen Arm freundschaftlich um mich legte und er mich an ihn drückte. Ich war so überrumpelt von seiner Reaktion, dass ich mich auf seinem Oberschenke abstützte. Dabei streifte mein Blick für einen kurzen Moment Hudson, der so aussah, als würde er jede Sekunde Jesse von mir losreißen wollen. Doch das musste ich mir eingebildet haben.

Herzlich willkommen, meine fiesen GedankenWhere stories live. Discover now