Kapitel 1

139 9 9
                                    

E L A I N E    D E V A U X   P O V:

"Guten Tag, der Herr. Was wollen Sie den Leckeres haben?", begrüßte ich freundlich den alten Mann, der auf seinem Stock gestützt an der Theke der Bäckerei stand.

"Guten Tag, ich hätte gerne ein Schokotörtchen und ein Kaffee mit Milch zum hier essen", er lächelte zurück. Dabei fiel ihm fast sein Gebiss aus dem Mund raus.

"Hoppla. Lächeln war noch nie meine Stärke", murmelte er in seinen weißen Bart hinein und rückte es hektisch zurück an Ort und Stelle. Belustigt schaute ich ihm zu.

"Das ist eine gute Wahl. Wollen Sie sonst noch was?", fragte ich ihn und rettete ihn vor seiner Verlegenheit.

"Nein danke, das wäre alles."

Ich packte das Törtchen auf einen Teller und streute etwas Puderzucker drauf, damit es schöner aussah. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie der Mann wackelig hin und her schwankte. Besorgt drehte ich mich zu ihm herum.

"Sie können sich gerne schon setzten. Ich bringe Ihnen die Bestellung an den Tisch."

"Vielen Dank, in meinem Alter ist das Stehen schon ziemlich schwer", er zwinkerte mir zu und schlurfte zu einem der vielen freien Tische.

Ich drehte mich leise lachend zurück und streute Kaffeebohnen in die Kaffeemaschine. Dann schaltete ich sie an. Leise begann sie die Bohnen zu mahlen. In einer schwarzen Flüssigkeit kamen sie in die weiße Tasse geflossen. Der leckere Geruch ließ meinen Bauch vor Hunger knurren.

Mit einem Blick auf meine Armbanduhr bemerkte ich, dass ich in einer halben Stunde Mittagspause machen könnte. Ich stellte die Tasse und den Teller mit dem Kuchen auf ein Tablett, holte noch drei Päckchen Zucker, verdünnte den Kaffee mit etwas Milch und balancierte alles zum Tisch des alten Mannes. Dieser hatte ein Buch vor sich aufgeschlagen und seine Lesebrille aufgesetzt. Als ich seine Bestellung vor ihm absetzte, schaute er hoch.

"Oh, vielen Dank."

"Das ist mein Job. Ich mache das gerne."

Ich holte einen Lappen und begann die restlichen Tische zu wischen. Außer dem Herren saßen noch eine junge Frau mit roten Locken, die hektisch etwas in ihren Laptop tippte und ein junger Mann, der immer wieder zu der Frau schielte. Seine Wangen und Ohren waren gerötet und er riss sein Brötchen mit zittrigen Fingern in mehrere Teile, ohne etwas davon zu essen. Man merkte sichtlich, dass sie ihm gefiel, aber er zu nervös war zu ihr zu gehen.

In dieser Bäckerei gingen nicht viele Leute ein und aus. Das lag daran, dass sie etwas abseits von allen anderen Geschäften in einer Sackgasse lag. Viele Leute übersahen sie deshalb häufig. Vor allem, weil die meisten auf ihr Handy guckten und deshalb nicht auf ihre Umwelt achteten. Das machte mich ziemlich traurig. Gerade deshalb, weil diese Bäckerei an einem ziemlich schönen Plätzchen lag. Durch die Fenster konnte man direkt auf einen wunderschön blühenden Apfelbaum mit rosa Blüten gucken. Die Einrichtung der Bäckerei passte sehr gut mit dem Baum zusammen. Alles Möbel waren in weiß gehalten, die Wände waren mal in Weiß, mal in einem hellen Rosa gestrichen und durch das große Fenster fiel sehr viel Licht, was es viel heller und freundlicher aussehen ließ. Auf den Tischen standen durchsichtige Vasen mit einer weißen Rose.

Ich war so froh, hier arbeiten zu können. Diese Bäckerei war schon seit Langem mein Lieblingsplatz. Mit dreizehn war ich das erste Mal hier vorbeigekommen. Damals war ich auf dem großen Baum herumgeklettert und heruntergefallen. Die Besitzerin Hannah, eine mollige Frau mit süßen roten Wangen, hatte es gesehen und mich zum Trost auf ein Kakao eingeladen. Dort hatte sie mich verarztet. Seit diesem Tag war ich einmal in der Woche hier gewesen. Hatte beim Abspülen und beim Kehren mitgeholfen. Dafür bekam ich immer kostenlos leckere Zimtschnecken. Vor einigen Wochen war ich achtzehn geworden. Zum Geburtstag hatte sie mir einen Arbeitsplatz angeboten. Ich hatte sehr gerne zugestimmt.

Die verhasste LiebeWhere stories live. Discover now