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Chloé

Bewaffnet mit einem Pfefferspray und einem Notizblock voller Fragen fühle ich mich wie eine FBI Agentin, die undercover auf einen streng geheimen Informanten treffen soll. Ich habe mir sogar sicherheitshalber meinen Laptop eingepackt, denn wer weiß schon wie redselig der Unbekannte sein wird. Treffpunkt ist ein gut besuchtes und populäres Beachdiner, das von meiner Wohnung etwa zwanzig Minuten mit dem Auto entfernt ist. Als ich in meinem Truck auf den Parkplatz des Bayline Diners fahre, kann ich durch die großen Fensterscheiben bereits erkennen, dass das Restaurant auch untertags gut besucht ist. Es ist nicht weiter verwunderlich, denn mit der riesigen Glasfront und der einladenden Terrasse kann man den perfekten Ausblick auf einen Privatstrand genießen. Dieser wurde von den Besitzern des Diners gekauft, sodass die Gäste nicht halbnackte Menschen sehen, wenn sie in die Ferne blicken, sondern nichts als einen so gut wie unberührten Strand und das große weite Meer.

Nachdem ich meinen Truck geparkt habe, sehe ich mich so unauffällig wie möglich nach allen Seiten um. Ich komme mir fast ein bisschen blöd vor nach einem Typen Ausschau zu halten, dem das Wort Gangmitglied quasi auf der Stirn prangt. Wahrscheinlich ist er schon im Gebäude oder ist noch nicht einmal da. Meine Erfahrung mit Kriminellen hält sich in Grenzen, aber ich bezweifle, dass sie für ihre Pünktlichkeit berüchtigt sind. Jedenfalls wird er sicherlich nicht in der brütenden Hitze auf dem Parkplatz herumlungern.

»Einen Tisch für zwei Personen, bitte«, sage ich zu der älteren Dame, sobald ich den Eingangsbereich des Diners betreten habe. Wie immer riecht es im gesamten Restaurant nach Salzwasser, begleitet von einem dezenten Sonnencremegeruch und einer fruchtigen Note, die mich an einen tropischen Cocktail erinnert. Pures Urlaubsfeeling eben. Ich frage mich, ob das Bayline seinen eigenen Raumduft kreiert hat, den es kontinuierlich durch die Lüftung der Klimaanlage im Gästebereich versprüht.

»Gerne, Liebes«, antwortet sie und bedeutet mir mit einer Handbewegung ihr zu folgen. Die Geräuschkulisse im Diner ist angenehm. Nicht zu laut, sodass ich Angst haben müsste, meinen Gegenüber nicht zu verstehen und auch nicht zu leise, sodass ich fürchten müsste uns würde jemand belauschen können. Die Kellnerin steuert geradewegs auf einen Tisch mit zwei blauen Sitzbänken an der großen Fensterfront zu. Ich setze mich auf die Seite, von welcher ich problemlos die Eingangstüre im Auge behalten kann. Dann lege ich einen Regenschirm zusammen mit der Tageszeitung, die ich mir allein für das heutige Treffen noch schnell am Kiosk um die Ecke besorgt habe als Erkennungszeichen gut sichtbar auf den Tisch. Aber als mir die Kellnerin nach ein paar Minuten die Speisekarte in die Hände drückt, hat sich im Eingangsbereich des Restaurants immer noch nichts getan. Keine Menschenseele hat nach mir das Diner betreten und auf dem Parkplatz tut sich ebenfalls nichts. Ich sehe auf die Uhr und stelle fest, dass der Unbekannte bereits mehr als zehn Minuten zu spät ist. Mein Puls erhöht sich von Minute zu Minute und gleichzeitig wachsen meine Zweifel, ob ich nicht doch einfach auf den Arm genommen wurde. Um mir die Zeit zu vertreiben bis hoffentlich ein von oben bis unten tättowierter Latino durch die Tür hereinspaziert kommt, entscheide ich mich dazu Katie schnell ein obligatorisches Update zu senden. Nachdem ich die Nachrichten der anonymen Person entdeckt hatte, ging alles ziemlich schnell. Wiedererwartend meldete er sich nach nur wenigen Stunden zurück und ich habe kurzer Hand ein Treffen vereinbart. Dass das deutlich gegen den Willen meiner Freunde ging, haben sie mir in aller Deutlichkeit zu verstehen gegeben. Ich konnte ihnen die Sorge auch nicht mit dem Versprechen von regelmäßigen Nachrichten nehmen.

Ich lege mein Handy zurück auf die Tischplatte und richte meine Aufmerksamkeit auf die Karte. Selbst, wenn ich hinters Licht geführt wurde, kann ich die Gelegenheit nutzen und mir einen Kaffee zusammen mit einer belgischen Waffel bestellen. Ich gehe im Kopf die verschiedenen Topping-Möglichkeiten durch, da merke ich, wie sich in meinem Augenwinkel etwas regt.

TROUBLE TALESWhere stories live. Discover now