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Es fühlt sich wie das erste Mal an, dass Jeongguk die Wohnung betritt. Als wären da auf einmal wieder Plastiktüten in seiner Hand und als würde er nicht mehr wissen, wie er sich an diesem fremden Ort bewegen soll.

Sugar kommt in den Flur, um ihn zu begrüßen, schleicht um seine Beine herum und verschwindet wieder. Jeongguk fühlt sich, als hätte ihn jemand mit einem stupor verzaubert, wieder so, als wäre er gleichzeitig zu groß und zu klein. Mit geschlossenen Augen und ohne eine Pille unter der Zunge und den unerkennbaren Gesichtszügen einer fremden Person, die ihn hoch und höher zieht.

Er hat dieses Level an Intimität nüchtern niemals erreicht. Deswegen hat er gedacht, sich vorgestellt, dass er jetzt an Yoongi hängen würde, ihm die Kleidung vom Leib reißen würde, hungrig und verzweifelt, nach der langen Zeit des Wartens, und Knöpfe würden fliegen, Kleidung reißen, aber –

Es sind immer noch sie. So normal, dass es beinahe wehtut.

Und dann küsst Yoongi Jeongguk erneut, noch während sie im Flur stehen. Jeongguk bemerkt Jiyoons Puppe, die sie heute auf dem Weg zu Eunji vergessen haben und für die sie von Jiyoon ausgeschimpft worden. Er sieht sie auf dem Schuhregal liegen, bevor er seine Augen schließt und sich auf Yoongi einlässt. Yoongi küsst ihn tief und delikat, seine Hände ruhen sanft auf Jeongguks Kiefer. Jeongguk steckt alles von sich in diesen Kuss, die Augenbrauen verzogen, entschlossen dazu, es zum besten Kuss zu machen, den Yoongi jemals bekommen hat. Damit er vergisst, dass es überhaupt jemals jemand anderen als Jeongguk gab.

„Gut?", fragt Yoongi. Er drückt seine Stirn gegen Jeongguks, atmet schwer.

„Ich – ja", atmet Jeongguk ebenso schwer. Er spürt Yoongis Grinsen an seinem Mund und fängt seine Lippen erneut, küsst das Lächeln von seinem Gesicht.

„Willst du zuerst ins Bad gehen? Oder ich?"

„Hyung kann zuerst."

Jeongguk trinkt währenddessen ein Glas Wasser. Erst sitzt er im Esszimmer am Tisch, dann legt er sich auf die Couch im Wohnzimmer und schließlich traut er sich doch, in Yoongis Schlafzimmer zu gehen. Bisher war er hier noch nicht. Es riecht anders als in der restlichen Wohnung. Jeongguk setzt sich auf die äußerste Kante des Bettes. Er sitzt dort immer noch, als Yoongi aus dem Badezimmer kommt. Er sieht unverändert aus – die gleichen Klamotten, nur die feuchten Spitzen seiner Haare deuten an, dass er duschen war.

„Bad ist frei", sagt er.

Jeongguk nickt, steht auf. Fühlt sich nicht wie er selbst, während er das Zimmer durchquert und das Badezimmer betritt. Yoongi hält ihn auf, am Handgelenkt fest, während er sagt: „Es sind nur wir" und Jeongguk erneut küsst, als würde er nicht genug davon bekommen und Jeongguk öffnet sich ihm wieder und wieder, blüht, blüht, erblüht.

Er wäscht sich, schnell und ein wenig überstürzt, aber die Dusche bewirkt zumindest, dass er im Kopf wieder etwas klarer wird. Die Realität kommt bei ihm an und – zum ersten Mal seit einer langen Zeit – bricht sie nicht auf ihm zusammen, sondern setzt sich langsam, vorsichtig.

„Nur wir?", fragt Jeongguk, während er auf Yoongi zugeht. Seine Finger spielen mit dem Saum seines T-Shirts.

„Nur wir", versichert ihm Yoongi. „Darf ich dich küssen?"

„Natürlich", haucht Jeongguk. „Bitte."

Yoongi zieht ihn zu sich, solange, bis sich Jeongguk sanft neben ihn auf das Bett legt. Jeongguk glaubt, dass ihn noch nie jemand in seinem Leben so vorsichtig behandelt hat. Jeongguk glaubt, dass ihn noch nie jemand so vorsichtig geführt hat. Es war immer er – er war derjenige, der seine Eltern solange genervt hat, bis sie ihm eine Gitarre gekauft haben. Er war derjenige, der die Führung übernommen hat, als er mit fünfzehn Jahren eine Band gründen wollte. Derjenige, der selbst dem Entertainment monatelang gefolgt ist, bis sie ihn unter Vertrag genommen haben.

good_things_final_final322.mp3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt