Du bist jetzt zuhause

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Die warme Dusche tat ihr so gut wie mir. Sie stand da, hielt Gesicht und Brüste in den Strahl, die Arme hinter dem Kopf und ich gab ihr Duschgel, damit sie sich vorne waschen konnte. Ich kümmerte mich um Rücken und Oberarme, dann nahm ich Shampoo und wusch ihr auch noch die langen Haare und dann meine eigenen und sie sah mich dabei an und sagte nur: „Danke."

Ich stieg aus der Dusche, schlüpfte in meinen Bademantel, wickelte sie in ein Badetuch, gab ihr ein Handtuch für die Haare und rubbelte ihr noch ein bisschen den Rücken.

„Alles gut?", fragte ich und sie nickte und schniefte. Ich bot ihr eine Flasche Körperlotion an und sagte: „Ich geh uns jetzt mal Tee machen und dann erzählst du mir, in welche Scheiße du da geraten bist, okay?" Sie schniefte wieder und nickte, den Blick gesenkt. Du bist jetzt zuhause, mein Mädchen, dachte ich und wusste später nicht mehr, ob ich es nur gedacht, oder auch gesagt hatte.

Ich hängte unsere nassen Sachen auf den Wäscheständer. Ihre Jeans war eines der Dinger, die man schon zerrissen kaufen konnte, Schwachsinn. Nur dazu da, um Vergewaltigungsfantasien von Männern anzuregen. Das T-Shirt schwarz, mit zwei verschränkten violetten Venusspiegeln, dem Logo der organisierten Lesben und, in einer winzigen Schrift, die nur lesen konnte, wer wirklich sehr nah vor seiner Trägerin stand, der Satz: Spank me, Mistress, please!

Puh, dachte ich, wusste die Kleine, was sie tat, wenn sie sowas trug? Und wenn, meinte sie das ernst? Oder war das nur die dumme Neugier einer gelangweilten Mittelschichtgöre, die noch nicht ganz aus der Pubertät raus war?

Ich gab ihr eine Boxershort von mir, die ihr gleich wieder von den schmalen Hüften rutschte und ein T-Shirt. Weiß und gut zwei Nummern zu groß, reichte es ihr bis weit unter den Hintern und oben guckte noch die halbe Schulter raus. So saß sie auf meinen altem Lesesessel, den Saum des T-Shirts über die Knie gezogen, die Tasse Tee in der Hand, irgendwohin ins Nichts starrend.

„Jetzt schieß mal los. Was ist dir passiert?"

„Ich wollte etwas Gras kaufen", sagte sie, „bei einem neuen Dealer, weil meine alte Connection in Knast sitzt." Okay, dachte ich mir doch, dass es in diese Richtung ging.

„Und?"

„Tja und der Neue hatte keins. Nur Crack oder Ecstasy. Aber das nehme ich nicht, ich schwöre es!"

„Und weiter?"

„Ja und als ich nichts kaufen wollte, wollte er ficken."

„Und habt ihr?"

„Nein, ich fick nicht mehr mit Männern. Und schon gar nicht mit solchen, was denkst du von mir?" Gut, das sagte ich jetzt mal lieber nicht.

„Hat er dich ...?"

„Er wollte, ja, aber ich hab ihm in die Eier getreten und bin weggelaufen."

Braves Mädchen.

„Aber ich hab meine Jacke und meinen Rucksack dort liegen lassen. Und da ist einfach alles drin, die Ausweise, das Geld, mein Handy, die Wohnungsschlüssel. Und meine Mitbewohnerin ist in Salzburg bei ihren Eltern! Gottverdammte Scheiße nochmal!"

„Ja, jetzt komm mal wieder runter, Kleines", versuchte ich sie zu beruhigen, „weißt du noch die Adresse von der Ratte?" Sie sagte sie mir, auf die Tür genau. War gerade mal zwei Gassen weiter.

„Und ist er alleine oder waren da noch andere bei ihm?"

„Ja einer, der war aber vollkommen zugedröhnt, der hat nichts mitbekommen."

„Gut mein Schatz, dann hol ich jetzt dein Zeug und du bleibst einstweilen hier."

Sie sah mich an mit einer seltsamen Mischung aus Angst und Hoffnung und ihr Blick fiel in das finsterste Loch meines Herzen.

Jana und Liz - Teil 1: Erste BegegnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt