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Die Sonne stand bereits hoch am Himmel. Dennoch war es so kalt, dass der Atem kleine Wölkchen in der Luft bildete. Zögerlich schritt Samuel über die hölzerne Zugbrücke. Hinter ihm folgten Valentin und Yagon in ihrer menschlichen Form, sowie ein halbes Dutzend Krieger in Wolfsform. Am Ende der Brücke wartete Simon zusammen mit Nuri und Jonathan.
Der König neigte grüßend den Kopf. „Ich danke Euch, dass Ihr mein Angebot angenommen habt und mir Euer Vertrauen entgegenbringt, Alpha. Meine Krieger wissen über Eure Ankunft und unsere Absprache Bescheid und werden uns nicht stören." Auch Samuel deutete eine Verneigung an, lächelte nervös. „Ich will nicht leugnen, dass ich angespannt bin. Dazu lagen unsere Völker zu lange im Krieg. Aber Ihr habt mir gestern bereits Euer Vertrauen entgegengebracht und wir konnten heute schon einiges klären. Warum sollte ich Euch also nicht ebenfalls vertrauen? Daher danke ich Euch für Euer Einverständnis, dass mich einige meiner Krieger begleiten."
Simon winkte ab. „Es ist wohl etwas anderes, ob ich Euch auf freier Fläche den Rücken kehre, oder Ihr zu mir auf die Burg kommt. Macht Euch also keine Gedanken. Aber jetzt würde ich vorschlagen, dass wir in meinen Besprechungsraum gehen." Der Vampir zögerte kurz. „Mit Eurer Erlaubnis würde ich jedoch einige Ratgeber hinzuziehen." Der Alpha runzelte die Stirn. „Nun, das ist wohl nicht mehr als recht und billig. Immerhin habe ich Valentin und Yagon bei mir und kann jederzeit mit meinem Rudel Rücksprache halten.
Der Vampir nickte leicht. „Zwei meiner Ratgeber dürftet Ihr bereits kennen, falls Euch das beruhigt." Mit einem Schmunzeln legte er Nuri und Jonathan die Hand auf die Schulter. „Zum einen Nuri, die mir vor allem in den letzten Tagen eine gute Ratgeberin gewesen ist. Viele der Ideen, die uns hierher an diesen Punkt geführt haben, habe ich ihr zu verdanken. Und zum anderen Jonathan, mein Hofmeister und ihr Vater, der mir ebenfalls mit seinem Rat zur Seite gestanden ist und auf dessen Urteilsvermögen ich stets bauen konnte." Erleichtert stieß Samuel die Luft aus. „Gegen die Beiden habe ich nichts einzuwenden. Aber was ist mit Eurer rechten Hand? Mit Eurem General." Von einem Moment auf den anderen schien Simons Gesicht zu versteinern. „General Liam wird nicht zu uns stoßen. Zu lange habe ich auf seinen Rat gehört und mich von ihm blenden lassen. Er ist ein Krieger, der für den Krieg lebt. Der Kampf ist sein einziger Lebensinhalt." Mehrere der Werwölfe stießen ein warnendes Knurren aus, doch Simon schüttelte nur leicht den Kopf. „Liam ist dennoch ein Mann von Ehre. Er wird uns keine Schwierigkeiten machen und meine Entscheidung akzeptieren. Seine Kriegerehre würde es nicht zulassen, Euch anzugreifen. Allerdings werden wir in Zukunft getrennte Wege gehen. Liam wird dieses Reich verlassen, um einem anderen Herrscher zu dienen."
Samuel wandte nur leicht den Kopf. Sofort stoppte das Knurren seiner Krieger. Aufmerksam musterte er das Gesicht des Vampirs, dann nickte er. „Ihr scheint Euch seiner sicher zu sein. Ich werde daher auf Euer Wort vertrauen." Simon atmete erleichtert auf. „Ich danke Euch. Allerdings würde ich gerne noch einen meiner Fürsten dazu bitten. Er hat in der Vergangenheit einen Fehler gemacht, aber er ist mir treu ergeben." Der Wandler zuckte die Schultern. „Ihr habt mir meine Sicherheit und die meiner Begleiter garantiert. Wenn Ihr in ihm keine Gefahr seht, bin ich daher einverstanden."
Erneut verneigte sich der Vampir respektvoll und wies den Gang entlang. „Dann lasst uns in den Besprechungsraum gehen. Nuri, hol du bitte Fürst Aryn."

Simon und Samuel hatten gerade am Tisch des Besprechungsraums Platz genommen, als die Tür geöffnet wurde und Nuri den Raum betrat. „Ich bringe Euch Fürst Aryn, Hoheit."
Alle Blicke richteten sich zur Tür, als der ältere Vampir den Raum betrat und sich skeptisch umsah. Sein eines Auge war von einer Augenklappe bedeckt.
„Kommt herein, Aryn. Wir wollten gerade anfangen." Simon seufzte, als er sah, wie der Mann mit größtmöglichem Abstand an den Wandlern vorbeiging. „Wartet." Aryn blieb ruckartig stehen. Sein Blick wanderte unstet zwischen seinem König und den Wandlern hin und her.
„Wir sind hier, um die Konditionen für ein zukünftiges, friedvolles Zusammenleben zu besprechen. Den Frieden haben wir bereits gestern mit Handschlag beschlossen und den Krieg somit offiziell beendet. Ich hätte Euch gerne dabei, gerade WEIL Ihr in letzter Zeit mit meinen Entscheidungen nicht einverstanden wart. Ihr werdet einen eher skeptischen Blick auf die Dinge haben, während Nuri und Jonathan die optimistische Sichtweise vertreten. Auf diese Weise sollten wir zu einer Lösung kommen, mit der alle zufrieden sind. Solltet Ihr Euch jedoch nicht in der Lage sehen, mit den Wandlern an einem Tisch zu sitzen, so sagt es mir bitte gleich. Denn dann werdet Ihr mir kein vernünftiger Ratgeber sein können."
Aryn schluckte schwer. Erneut ließ er seinen Blick unstet über die Wandler gleiten. Schließlich ging ein Ruck durch seinen Körper. Er straffte sich und verneigte sich respektvoll vor seinem König. „Ich bitte um Verzeihung, Hoheit. Mein Verhalten war unangemessen. Es ist nur schwierig für mich, alte Skepsis und Vorurteile abzulegen. Doch wenn Ihr noch immer meinen Rat wünscht und bereit seit, Euch meine Sichtweise anzuhören, werde ich Euch gerne beratend zur Seite stehen." Erneut hielt der Vampir einen Moment inne, wandte sich dann mit einer leichten Verneigung an Samuel. „Ich mag Euch und Eurer Art gegenüber misstrauisch sein, doch auch mir ist an einem anhalten Frieden gelegen. Ich bin daher bereit, mich meinem Misstrauen zu stellen um gemeinsam eine Lösung zu finden."

Die Julius-Chroniken - Teil 3: Der PaktWhere stories live. Discover now