Ein Funken Hoffnung

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Dritter Platz beim »Halloween Vault 2023«

Ein Funken Hoffnung von Poppyrella

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Die Nacht der Hoffnung

Es ist nichts zu hören. Stille. Und das mitten am Tag. Obwohl, ganz still ist es nicht: Hin und wieder kann man das widerliche Krächzten einer Krähe hören. Ein modriger Geruch liegt in der Luft, und ein kalter Wind zieht durch die Schlitze der aneinander genagelten Bretter der kleinen Holzhütte. Das Leben in Unweid war so schön gewesen, bevor die Lusianer das Dorf vor etwa zwei Jahren angegriffen und zerstört haben. Früher haben die Kinder auf den Straßen gespielt und ihre Stimmen waren bis an das andere Ende des Dorfes zu hören. Der Hunger wurde kaum zu einem Problem, örtliche Bäcker sorgten für Nahrung und Wasser konnte man sich an einem Brunnen in der Mitte des Dorfes besorgen. Die Grundbedürfnisse waren gedeckt, und so waren die Menschen größtenteils zufrieden mit ihrem Leben, außer die Alte Gertrud, der immer etwas nicht passte (die Kinder sind zu laut, das Essen ist nicht warm genug oder zu kalt, das Wasser schmeckte nach Metall und so weiter...).

Die Frage die sich nun die meisten von Ihnen stellen werden ist, warum haben denn die Lusianer Unweid überhaupt zerstört? Dazu gibt es eine einfache Antwort: Unweid zählte zu den besten Kaffeeherstellern der Umgebung, die Lusianer konnten nicht mithalten und drohten in Armut zu stürzen, weshalb sie sich kurzerhand dazu entschieden die Kaffeefabrik zu zerstören. Seitdem steht das große Gebäude leer, einerseits, weil es einer Ruine ähnelt und andererseits, weil sich die Bewohner eine Reparatur nicht leisten können.

Ich verlasse das Haus, um pünktlich zu meiner Arbeit zu erscheinen. Ich arbeite für einen Bauern, der Otto heißt und der Unweids Nahrungsversorgung seit dem Angriff der Lusianer versucht wieder aufzubauen. Er selbst hat keine Kinder: Seine Priorität liegt darin seine Frau zu versorgen und die Leute um sich. Nach mehreren Gesprächen mit ihm habe ich feststellen können, dass er gläubig ist und sehr viel von der Nächstenliebe hält. Wenn ich ehrlich bin, dann würde ich sagen, dass ich zu diesem Mann aufsehe, denn ich bewundere seine Selbstlosigkeit und sein Engagement für die Menschen pausenlos zu arbeiten, obwohl er oft nichts dafür bekommt. Ich mag es auch, mit ihm zu arbeiten, auch wenn ich manches Mal umsonst schuften muss. Bei anderen Arbeitsstellen in Unweid bekommt man noch viel weniger als ich und ich bin froh, eine Arbeit zu leisten, die hoffentlich irgendwann den Zustand der Gesellschaft verbessern wird. Die Leute nicht mehr länger auf der Straße verhungern zu sehen, wäre auf jeden Fall ein Anfang.

„Der Kaffee war das, was ein humanes Leben in Unweid ermöglicht hat. Er hat uns Arbeitsplätze auf den Feldern und in der Fabrik gegeben und jetzt, wo wir keinen Kaffee mehr haben, wird einem klar, wie viel uns diese Pflanze gebracht hat. Es wird Jahre dauern, bis die Felder wieder so aussehen wie früher, und es überhaupt möglich ist, wieder etwas zu Pflanzen." Otto und ich unterhalten uns jeden Tag bei der Arbeit darüber, wie wir Unweid wieder zu dem machen könnten, wie es einmal war. Wir stehen auf einem der Felder und müssen leider feststellen, dass es wieder einmal sehr wenige Pflanzen geschafft haben zu wachsen: Der Regen und die Sonne fehlen und das schon seit Monaten. Die Wetterbedingungen waren so düster wie die Stimmung der Unweider, die schon lange aufgegeben haben. Kartoffeln sind das Einzige, die die schlechten Bedingungen überstanden haben, und trotzdass sie noch sehr klein sind, beschließen wir, ein paar mitzunehmen.

Als ich nach Hause komme, erwartet mich schon meine jüngste Schwester Ruth. Sie legt ihre dürren Arme um mich und freut sich, dass ich wieder zuhause bin. Ihr Körper, der vermutlich jede einzelne Sekunde des Tages hungerte macht mir Sorgen und ich streichle beruhigend ihren Rücken. Ich war mir sicher, dass sie, wenn wir nicht bald etwas mehr zu essen haben, nicht vernünftig wachsen kann, oder noch schlimmer – es gar nicht erst dazu kommt, zu wachsen. Ruth nimmt sich immer als Letzte, wenn es etwas zu essen gibt. Sie traut sich nicht, als jüngste mehr zu nehmen als alle anderen. Nicht etwa, weil sie selber auf diesen Gedanken gekommen war, unsere Mutter hat ihr öfter gesagt, dass die Schwächsten sich mit dem Essen leichter zurückhalten könnten.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 16, 2023 ⏰

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