Kapitel 22

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Timeskip 17. Dezember:

Ich sitze grade in meinem Zimmer und denke über alles nach. Morgen ist unser letztes Spiel für dieses Jahr und dann geht es erstmal in die Winterpause. Die letzten 2 Wochen habe ich viel über die Mapi-Obi-Sache nachgedacht. Gefühlt habe ich nur darüber nachgedacht. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ich jetzt in der Winterpause runter nach Barcelona fliege und Mapi von allem erzähle. Sie verdient einfach die Wahrheit und ich halte es mit meinem schlechten Gewissen kaum noch aus. Vielleicht findet mein Herz auch endlich mal ein paar Antworten auf meine vielen Fragen.
Dann gibt es allerdings noch eine andere Sache...Ich habe erfahren, dass Barca mich noch im Winter verpflichten will... Hätte man mir das vor einem halben Jahr gesagt, wäre ich völlig aus dem Häuschen gewesen und hätte sofort zugesagt. Mittlerweile weiß ich allerdings nicht, ob ich das Angebot annehmen sollte. Ich müsste hier wieder alle verlassen. Meine Schwester, meine Freunde und Obi... 
Bis jetzt habe ich noch mit keinem darüber geredet, aber ich habe mir vorgenommen dies heute zu ändern. Ich wollte mir mit meiner Entscheidung nämlich sicher sein, bevor ich Mapi besuche.
Zuerst wollte ich mit Obi darüber reden, weshalb ich nun aufstehe und zu ihrem Zimmer laufe. Ich klopfe an die Tür und warte, bis ich eintreten darf. „Herein." ertönt es nur kurze Zeit später.
Als ich das Zimmer betrete, sehe ich Obi auf ihrem Bett sitzen. „Hey, können wir kurz reden?" frage ich etwas nervös. „Klar, was ist los?" fragt sie mich direkt. Ich schlinge meine Arme um meinen Körper, um mir selber ein bisschen Halt zu geben. „Ich habe etwas erfahren und wollte zuerst mit dir darüber reden." beginne ich. Obi sieht mich gespannt an. Ich atme noch einmal tief durch und schaue dann in ihre Augen. „Barca will mich verpflichten..." Obis Augen werden groß. „Jetzt im Winter?" fragt sie nach. Ich nicke zustimmend und breche den Blickkontakt ab. Eine Weile ist es still, weshalb ich wieder zu ihr gucke. „Und? Wirst du wechseln?" fragt sie mich. Ich seufze. „Ich weiß es nicht..." antworte ich. Obis Haltung ändert sich. Sie wirkt jetzt viel gefasster, als noch vor ein paar Minuten. „Das ist es doch was du wolltest oder nicht?" „Ja schon, aber trotzdem bin ich mir unschlüssig. Ich müsste euch alle wieder verlassen. Ich bin doch grade erst wieder zurück." antworte ich und hoffe irgendwie, dass sie auch möchte, dass ich bleibe.
„Das stimmt schon. Trotzdem spricht nichts dagegen zu wechseln. Es würde deiner Karriere enorm weiterhelfen und du würdest deine Freundin auch wieder regelmäßig sehen." entgegnet sie seelenruhig. „Also denkst du ich sollte wechseln?" frage ich nochmal nach, um mich wirklich davon zu überzeugen. „Ja denke ich. An deiner Stelle würde ich es tun." Okay... entweder geht es ihr wirklich nur um meine Karriere oder sie hat mit mir abgeschlossen. Vielleicht habe ich wirklich zu lange gewartet und sie im Ungewissen gelassen.
„Okay. Dann steht meine Entscheidung wohl fest." antworte ich. „Ist sonst noch was?" fragt sie, da ich immer noch unschlüssig im Raum stehe. „Nein, das war's." antworte ich und gehe dann schnell aus ihrem Zimmer.
Zurück in meinem lasse ich mich seufzend auf die Couch fallen. Irgendwie habe ich mir mehr von dem Gespräch erhofft. Aber was habe ich erwartet? Dass sie vor mir kniet und mich bittet nicht zu gehen? Wohl eher kaum.
Bevor ich wieder in Gedanken versinke, ruft Merle dass das Essen fertig ist. Ich begebe mich also in die Küche und setze mich auf meinen üblichen Platz.
„Alles okay?" fragt mich Merle nach einer Weile, da ich bis jetzt noch nichts gesagt habe. Ich merke die Blicke der anderen auf mir und seufze. Jetzt wäre wohl ein guter Zeitpunkt für die Wahrheit. „Ich muss euch was sagen..." antworte ich. Jule und Merle schauen mich gespannt an, während Obi weiter isst. Sie weiß ja schließlich schon, was ich gleich verkünden will. „Ich habe ein Transferangebot von Barcelona erhalten."
Stille im Raum. Selbst das Ticken der Uhr kann man deutlich hören. „Und wirst du es annehmen?" fragt mich Merle. Nun schaut auch Obi zu mir, obwohl sie die Antwort ja schon weiß. „Ich denke schon.." antworte ich und schaue auf meinen Teller. Merle zieht mich in eine Umarmung. „Wenn es das ist, was dich glücklich macht, dann bin ich auch glücklich." sagt sie zu mir und mir schießen Tränen in die Augen. Ich liebe meine Schwester einfach so sehr. Jule kommt auch zu mir und umarmt mich. „Vergiss mich ja nicht." sagt sie mahnend zu mir, was mich kurz lachen lässt. „Das könnte ich doch nie Julchen." erwidere ich. Dann setzt sie sich auch wieder hin und wir essen weiter. „Weiß Mapi schon davon?" fragt mich Merle dann. „Nein. Ich wollte es ihr sagen, wenn ich runter fliege." antworte ich ihr. Merle nickt und wir räumen gemeinsam auf.
Zurück oben denke ich nochmal über alles nach. Ich habe eine heidenangst vor dem Gespräch mit Mapi. Wie wird sie wohl reagieren, wenn ich ihr die Sache mit Obi erzähle? Und vor allem was wird sie danach zu dem Wechsel sagen?
Ich beschließe schon mal meinen Koffer zu packen. Theoretisch könnte ich morgen nach dem Spiel auch schon direkt zum Flughafen. Zwar ist übermorgen Obis Geburtstag, aber ich bezweifle stark, dass sie mich nach alldem dabei haben möchte. Und so kann ich wenigstens schneller alles klären.
Nachdem alles gepackt ist, lege ich mich ins Bett und gucke Netflix. Es dauert nicht lange, bis ich einschlafe.

Höchstwahrscheinlich ist dies mein letztes Spiel für den VfL... ich atme noch einmal tief durch und genieße die Stimmung im Stadion. Dann ertönt auch schon der Anpfiff.
Bremen ist heute tatsächlich stärker als im DFB-Pokal oder wir sind uns einfach zu sicher, dass wir gewinnen. Keine Ahnung was von beidem zutrifft, wahrscheinlich beides. Auf jeden Fall kommen wir nicht wirklich nach vorne und somit steht es bis zur Halbzeit 0:0.
Erst in der 80. Minute schaffen wir es gut nach vorne und ich nutze eine kleine Lücke in der Abwehr, um den Ball aufs Tor zu schießen. Der Ball landet im Netz und ich laufe zu Lynn, um sie zu umarmen. Wie werde ich das hier alles vermissen.
Wir gewinnen das Spiel mit 1:0. Nach dem Spiel gehe ich noch eine Runde zu den Fans, bis wir alle in die Kabine zurückkehren.
Vor dem Spiel habe ich Lynn und Sveindis gesagt, dass ich mit beiden mal reden muss. Deshalb warte ich schon draußen auf die beiden. Obi und Jule sind vorhin mit einem Auto gefahren und Merle und ich mit ihrem, da ich nicht wusste wie lange unser Gespräch dauern würde. Und Merle wollte unbedingt auf mich warten. Keine Ahnung wieso.
Lynn und Sveindis lassen zum Glück nicht lange auf sich warten. „Warum guckst du so traurig? Wir haben gewonnen!" trällert mir Lynn schon direkt entgegen. „Ich muss euch etwas sagen.." beginne ich und knete nervös meine Hände. „Was hast du angestellt?" fragt Sveindis skeptisch nach, was mich kurz schmunzeln lässt. Dann fasse ich mich allerdings wieder und erzähle den beiden das mit Barcelona und dass ich wahrscheinlich wechseln werde. Natürlich sind beide geschockt, aber schließen mich dann in eine feste Umarmung. „Wir werden dich so sehr vermissen." „Ich euch auch." erwidere ich und merke, wie meine Augen glasig werden. Es ist zwar nicht unser endgültiger Abschied, aber trotzdem ein sehr emotionaler Moment. „Wir sehen uns aber nochmal oder?" „Natürlich. Zu Weihnachten und Silvester bin ich wieder hier." antworte ich und schließe beide nochmal in eine Umarmung, bevor ich zu Merle gehe und wir nachhause fahren.

finding back to us - Part IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt