Kapitel 1 - Der Aufbruch

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Almina wurde geweckt durch kaltes Wassers, welches ihr von ihrem Herrn Stigo mit einem Metalleimer ins Gesicht geleert wurde. "Steh auf du faules Weib! Ich hätte keine zehn Silbermünzen für eine Schlafmütze wie dich verschwendet, wenn ich gewusst hätte wie ungezogen und ungehorsam du bist!", brüllte Stigo in das Gesicht des jungen Mädchens. Durch das Schreien landete einiges an Spucke auf Alminas blasser Haut. Sie wischte sich einmal mit dem dreckigen Ärmel ihres Arbeitsgewandes übers Gesicht und stand torkelnd auf. Vor circa einem Jahr hatte der mürrische alte Mann sie auf einem Schwarzmarkt im Nachbarsdorf erworben. Menschenhandel war zwar verboten, jedoch wurde gegen ein bisschen Schweigegeld von den Zollherren darüber hinweg gesehen. Almina hatte keine Familie mehr, die sie aus dieser Misere hätte retten können, da ihre Eltern und Geschwister an der Pest verendet sind. Sie wünschte sich manchmal, es hätte sie auch erwischt, dann wäre sie keine elendige Sklavin dieses Monsters. Das junge Mädchen nahm sich den Besen und fegte den dreckigen Boden der kleinen Bauernhütte. Der Staub und Dreck wirbelte wild in der Luft umher.

Stigo ist im Besitz einer relativ große Schafherde, durch deren Fell er sein Einkommen bezieht. Eine Familie hatte dieser grimmige Mann nicht, was seine Sklavin nicht wunderte, bei seinem Verhalten. Almina hatte einige lilagelbe Blutergüsse verteilt auf ihrem schmächtigen Körper. Er schlug sie immer dann, wenn sie sich weigerte Arbeiten für ihn zu erledigen. Zum Glück wurden ihr bis jetzt noch keine Knochen gebrochen, ansonsten wäre sie wohl für immer ein Krüppel. Die Magd nahm als nächste ein Seil, verlies die Hütte und atmete erleichtert die frische Morgenluft tief ein. Sie wanderte in ihren ledernen Stiefeln auf die hellgrüne Weide. Kalte Luft blies durch ihr matschbeflecktes Magdkleid, wodurch sich Gänsehaut an ihren Schenkeln bildete. Die Schafe machten freudige Geräusche, als Almina an den hölzernen Zaun trat. Sie öffnete das Gatter und band vorsichtig das mitgebrachte Seil um den Hals des Tieres. Um Stress zu vermeiden drehte das Mädchen den Kopf des weichen Schafes in Richtung Herde. Langsam und behutsam scherte sie den Bock, bis er kahl war. Almina lies ihre Hand vorsichtig über die fast nackte Haut gleiten und überprüfte sie auf Verletzungen. Der Vormittag verging schnell, da sie ein Schaf nach dem anderen scherte. Der Haufen Wolle wurde immer größer und reichte ihr bereits bis zur Hüfte. Almina sammelte die Wolle vom Boden, legte sie in den Schubkarren und brachte das Tierfell in den Schuppen. Als alles verriegelt und aufgeräumt war, kehrte sie zur Bauernhütte zurück.

Stigo saß draußen auf der Veranda und schlief in seinem Schaukelstuhl mit dem Strohhut ins Gesicht gezogen. Sein Schnarchen war nicht zu überhören. Almina schlich sich an ihm vorbei, um ihn nicht zu wecken. In der kleinen Küche fing die Magd an, die Hähnchenschenkel zu marinieren und dann über dem offenen Feuer zu braten. Der Geruch oder der Hunger weckten Stigo, der mit seinem stinkenden Geruch nach Alkohol die Küche betrat. Er schubste seine Sklavin grob beiseite und blickte gierig, fast sabbernd, auf das Fleisch. Mit seinen dreckigen Fingern legte er die Hähnchenschenkel auf einen Teller und setze sich an den Eichentisch im selben Raum. Schmatzend fing er an, an der Keule zu nagen. Zwischendurch trank er große Schlucke an Zwetschgenschnaps, als wäre es Wasser. Almina schaute im neidisch beim Essen zu, während ihr Magen laut knurrte. Stigo blickte kurz vom Essen auf und schaute ihr direkt in ihre blauen Augen. Er grunzte kurz und warf Almina dann ein Stück trockenes Brot vor die Füße. Das Mädchen versuchte sich die Tränen zu unterdrücken und bückte sich um das Gebäck vom Boden aufzuheben. Sie kaute und schluckte die trockenen Brösel herunter. Es fühlte sich an wie Sand im Mund zu haben. Nach dieser schrecklichen Mahlzeit hatte Almina gewaltigen Durst, weshalb sie mit einem Eimer zum Brunnen, draußen auf dem Hof lief.

Als sie gerade den Eimer mit dem Seil in den Brunnen hinabsenken wollte, spürte sie wie sich Stigos größer Körper von hinten an sie presste. Der Alkoholgeruch war abnorm und ihr Herr schien total getrübt in seinen Sinnen. Seine Hände wanderten an ihrem Schenkel entlang und unter das Kleid der Magd. Almina zitterte vor Angst, aber auch vor Wut. "Stopp! Hören Sie auf damit", kreischte sie entsetzt. Doch der Mann ignorierte einfach die Ausrufe des Mädchens und lies seine Hände noch weiter hoch wandern, bis zum ihrem Höschen. Almina zappelte und wollte sich befreien, aber Stigo fixierte sie mit der anderen Hand so fest, das es weh tat. Sie spürte wie sein steifes Glied an ihren Körper gedrückt wurde. Inzwischen schrie und weinte die Magd, weil sie sich aus seinem festen Griff nicht befreien konnte und wusste was ihr bevorstand. Sexueller Missbrauch hatte sie noch nicht in ihrem Leben erfahren müssen. Stigo zerrte an ihrer Unterwäsche bis sie zerriss und zu Boden glitt. Der Bauer zog sich mit seiner freien Hand die Hosen runter. Als Almina den nackten Schaft an ihrem Allerwertesten spürte wimmerte sie "Bitte nicht...lass mich gehen.... Ich werde auch für immer gehorsam sein." Stigo ignorierte immer noch ihre Worte, auch als sie rief "Nein! Bitte! Nein! Ich möchte das nicht!" Gerade als das Mädchen die Hoffnung aufgeben wollte flossen Mächte durch ihre Beine, Brust und Arme die sich wie Hochspannung anfühlten. Wie Blitze schossen sie unkontrolliert aus ihren Armen und trafen den Bauer am ganzen Leibe. Er erzitterte und fiel dann atemlos nach hinten um. Es gab ein dumpfes Geräusch als der leblose Körper auf dem Boden aufkam. Almina zitterte noch immer, aber ihr Körper fühlte sich so viel mächtiger an wie zuvor. Sie war sich nicht ganz klar was gerade passiert war, aber es musste magischen Ursprung haben.

Die Magd drehte sich vorsichtig langsam um und sah Stigos Leichnam verkohlt am Boden. Es roch wie verbranntes Hähnchenfleisch, welches zu lange über dem Feuer war. Das Gesicht war nicht mehr wieder zu erkennen. Das Mädchen machte große Augen und starrte auf die Leiche, auf das was noch übrig war. Ohne groß zu überlegen packte sie die Überreste und warf sie in den Brunnen. Sie musste fliehen, denn für Hexen und Mörder galt die Todesstrafe und irgendwie traf nach dem Vorfall wohl beides auf Almina zu. Sie rannte schnell zur Hütte zurück um sich etwas Kleidung und Proviant in einen Beutel zu packen. Eine frische Unterhose war das erste in das sie hineinschlüpfte. Außerdem plünderte die Magd auch noch das Sparschwein des Bauern, jetzt würde er es ja nicht mehr benötigen. Ein paar Silbermünzen, Bronzetaler und sogar eine Goldmünze befanden sich darin. Die wertvollen Münzen versteckte Almina in ihrem Büstenhalter um sie vor Diebstahl zu schützen. Dann brach sie auf Richtung Bannwald und lief bis zum Waldeingang ohne sich nur einmal umzudrehen.

Der Wald schien groß und dunkel zu sein. Sie war in ihrem ganzen kurzen Leben nur einmal dort gewesen, als ein Lamm ausgebrochen war. Es hatte sich darin verirrt und nicht mehr nach Hause gefunden. Almina hatte das kleine Baby Schaaf gerettet und zurück zu seiner Familie gebracht. Das junge Mädchen blickte an den Tannen hoch, die bis zu sechzig Metern hoch in den Himmel ragten. Nur wenige spärliche Sonnenstrahlen schafften es durch die dichten Bäume zu dringen. Almina fasste all ihren Mut zusammen und lief mit festen Schritten in den Wald. Der Bannwald hat einen modrig erdigen Geruch und überall scheint es zu rascheln und sich etwas zu bewegen. Die ehemalige Magd hielt Augen und Ohren weit offen, um Gefahren schnell zu erkennen. Vor Füchsen, Räubern oder womöglich gefährlichen Hexen. Sie wusste nicht viel über Magie, sie kannte auch keinen der Magie besaß und geschweige noch anwendete. Magie kann erlernt werden, aber dafür benötigt man entweder ein Lehrbuch oder einen Hexenmeister. Und das Potential muss gegeben sein, was Almina mit ihrem Blitz ja wohl bewiesen hatte.

Nach ungefähr drei Stunden Fußmarsch fing das Mädchen an die Hochspannung erneut in ihre Finger fließen zu lassen. Nichts passierte. Frustriert, hungrig und auch etwas erschöpft lies sie sich auf einen Baumstumpf nieder. Almina holte einen Apfel aus ihrem Beutel und biss genussvoll hinein. Als sie das dritte Mal abbiss raschelte etwas vor ihr im Gebüsch. Das Mädchen griff nach ihrem Messer und hielt es abwehrend vor sich. "Wer ist da? Zeige dich und verstecke dich nicht so feige im Busch?", rief Almina zögerlich. Tatsächlich trat ein kleiner junge mit grüner Mütze hervor. Mit erhobenen Händen stand er vor ihr. Unter seiner Mütze schauten blonde Strähnen hervor. "Mein Name ist Olin und ich bin sehr hungrig. Kann ich vielleicht den Rest deines Apfels haben?" Wie auf Befehl knurrte der Magen des Jungen. Almina die ja kein Unmensch ist, nickte etwas zögernd und warf dann den Apfel dem Jungen zu. Während Olin den Apfel mitsamt Kerngehäuse verputzte, fragte sie ihn "Was macht ein Kind wie du ganz alleine im Wald?" "Ich mag zwar aussehen wie ein Kind, aber ich bin ein Waldgeist und höchstwahrscheinlich sogar älter als du", antwortete Olin frech. "Dann lieber Waldgeist, was machst du so alleine in diesem dunklen Bannwald?", fragte Almina erneut. Überrascht meinte Olin "Du hast wirklich keine Ahnung über Waldgeister? Bist du denn noch nie einem begegnet? Ach egal, dann erkläre ich dir das doch gerne. Wir Waldgeister können den Wald nur mit Hilfe anderer Verlassen und sind verpflichtet der Person die uns aus dem Wald befreit zu helfen, ihre Ziele im Leben zu erreichen. Wenn dann die Reise endet müssen wir in den Wald zurück kehren und auf die nächste Person hoffen, die uns auf die Reise mitnimmt." "Wie oft hast du dann schon diesen Wald verlassen?", fragte Almina neugierig. "Noch nie. Es kommen nur sehr selten Reisende vorbei und letztes mal als einer durch den Wald lief wies er meine Dienste ab. Ich sitze hier schon seit 22 Jahren fest und habe den Wald noch nie verlassen", flüsterte Olin etwas traurig und fragte hoffnungsvoll "Was sind deine Ziele im Leben?" "Ich habe noch nie darüber nachgedacht und bin mir ehrlich gesagt nicht sicher was ich hier mache.", meinte das Mädchen. "Darf ich dir vielleicht helfen deine Ziele zu finden und zu erreichen?", fragte der Waldgeist und streckte seine Finger nach Almina aus. Diese zuckte erschrocken zurück, lies ihn aber dann gewähren. Seine Finger glitten vorsichtig über ihr Kinn bis zur Stirn, dann zog er sie zurück. "Ich weiß eines deiner Ziele. Es ist spannend und aufregend zugleich. Du willst Hexenmeisterin werden!"

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⏰ Last updated: Feb 01 ⏰

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Die Runen des magischen BuchesWhere stories live. Discover now