[5] Corvin

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Nebel umhüllte mich, als ich langsam zu Bewusstsein kam. Eine undurchdringliche Schwärze lag vor mir, nur von einer dichten, undursichtigen Nebelwand durchbrochen. Ein diffuses Stimmengewirr drang in meine Ohren, Murmeln, Gesprächsfetzen und doch konnte ich sie nicht verstehen. Manche Stimmen klangen seltsam verzerrt, andere wiederum schienen mir bekannt, aber in der undurchdringlichen Dunkelheit konnte ich sie nicht zuordnen.

Zögernd begann ich mich umzusehen. Die Nebelwand schien sich langsam zu lichten, doch die Umgebung blieb vage und unwirklich. Als die Sicht klarer wurde, erkannte ich, dass ich mich inmitten einer Menschenmenge befand. Verschwommene Gesichter wanderten an mir vorbei, als würden sie durch den Nebel gleiten. Ein unheimliches Stimmengewirr umgab mich, das ich nicht verstehen konnte.

Ich fand mich auf einem unheimlich vertrauten, aber gleichzeitig unwirklichen Ort wieder. Es war der Friedhof von Schattenhain und dennoch wirkte er zeitgleich surreal. Die Atmosphäre war durchdrungen von einer düsteren Stille, nur durchbrochen von gedämpften Gemurmel und dem gelegentlichen Rascheln der Blätter. Die Gräber erstrecken sich in regelmäßigen Reihen, bedeckt von einem Hauch von Nebel, der wie ein schauriger Schleier über den Grabsteinen hing.

Die Menschen um mich herum waren in gedämpften Farben gekleidet – dunkles Grau und tiefes Schwarz. Doch ihre Gesichter blieben verschwommen, als ob sie von einer unsichtbaren Melancholie umhüllt wären. Die Umgebung wirkte surreal, als ob sie den Gesetzen der Realität entzogen wäre. Die Bäume neigten sich leicht im sanften Wind und der Himmel darüber schien in einem ewigen Dämmerzustand verharren.

Als ich unsicher durch die Menge schritt, erkannte ich die Grabsteine, auf denen verblasste Inschriften und verwitterte Symbole zu erkennen waren. Ein Hauch von Verfall und Vergänglichkeit lag in der Luft. Hier und da ragten knorrige Äste aus dem Boden empor, als ob sie versuchten, die Verbindung zwischen den Lebenden und den Toten zu symbolisieren. Jeder Schritt, den ich tat, wurde von einer unheimlichen Beklemmung begleitet, als ob die Dunkelheit der Gräber und die Stille der Toten um mich herum in ihren Bann zogen.

Mein Weg führte auf ein offenes Grab. Der Boden unter meinen Schritten schien weich und als ich hinabblickte, erstreckte sich vor mir ein endloses, tiefes schwarzes Loch. Ein unheimlicher Abgrund, der mich in seine Faszination zog. Mein Blick glitt weiter zum Grabstein, auf dem mein Name klar und deutlich eingraviert war. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, als die Realität dieses morbiden Schauplatzes zu mir durchdrang.

Plötzlich, ohne Vorwarnung, bebte der Boden unter meinen Füßen. Ich verlor das Gleichgewicht, taumelte und stürzte kopfüber in das schwarze Loch unter mir. Die Luft zischte an meinen Ohren vorbei und ich spürte, wie die Dunkelheit mich verschlang. Alles um mich herum wurde zu einem Strudel aus Wirbeln, während ich in die Unbekannte stürzte.

Als ich wieder zu mir kam, war meine Welt ein verschwommenes Durcheinander aus Schatten und Licht. Nur langsam konnte ich die Schwere der Dunkelheit abschütteln. Ein dumpfer Schmerz durchzog meinen Körper, als ich versuchte, meine Augen zu öffnen.

Wo bin ich?

Der warme Schein der Lampe erhellte den Raum nur spärlich, ließ aber genug Licht durch, um die Konturen der Möbel und die Schatten an den Wänden zu erkennen.

Ein stechender Schmerz durchzuckte meinen Arm, als ich versuchte, mich aufzurichten. Ich sank zurück auf die weichen Kissen, mein Atem flach und unregelmäßig. Ein dumpfes Pochen erfüllte meinen Kopf, als hätte jemand einen Amboss direkt neben meinem Ohr fallen lassen. Die Welt um mich herum schien sich zu drehen, und mein Verstand war wie in einem Strudel der Verwirrung gefangen.

Durch die halb geöffneten Vorhänge drang ein sanfter Lichtstrahl in den Raum, der die Dunkelheit nur leicht durchdrang.

»Wie ich sehe, kommst du langsam wieder zu dir«, durchbrach plötzlich eine Jungenstimme die Stille und ich drehte meinen Kopf zur Seite, um den Sprecher zu sehen. Doch meine Augen konnten die Gestalt im Halbschatten nicht klar erkennen. Tatsächlich saß dort ein Junge, ungefähr im gleichen Alter wie ich selbst, mit einer Anmut, der durch das schwache Licht der Nachttischlampe nur teilweise enthüllt wurde. Er hielt eine Teetasse mit Untertasse in der Hand und nippte bedächtig an seinem Tee. Ich konnte die Umrisse seines Gesichts erkennen, doch die Details blieben verschwommen und unscharf.

Die Magnus Chroniken - Dämonisches ErwachenWhere stories live. Discover now