Kapitel 11

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Fest zog er die Schnürsenkel an seinem Schuh und mit dem Blick zur Tür, richtete er sich auf. Er spürte, wie sein Körper sich darauf freute, endlich wieder das leisten zu können, zu was er eigentlich fähig war.

Bereits die letzten Tage, lief er in den umliegenden Straßen umher. Allerdings war es immer die gleiche Strecke gewesen, welcher er einfach nur mehr und mehr Runden schenkte, um seine Kondition aufzubauen.

Heute aber hatte er sich vorgenommen, bis ans Äußerste zu gehen. Mit den Kopfhörern in den Ohren trat er nach draußen und ließ die Sonne auf sein Gesicht scheinen. Er war neugierig, wie weit er es heute schaffen würde und gleichzeitig überzeugt davon, er könnte bis nach Tokio laufen.

Aufgeregt, als würde er zum ersten Mal einen Fuß in diese Welt setzten, machte er den ersten Schritt in Richtung Straße. Immer schneller wurde sein Tempo und nach einer Weile hatte er die bekannte Gegend hinter sich gelassen.

Häuser und Bäume zogen an ihm vorbei. Es duftete in den Gärten nach Blumen und Kräutern und begleitet von der Musik ließ er die neue Umgebung auf sich wirken. Mal lief er auf dem Bürgersteig, mal hatte er unter sich die Straße und mit festem Tritt, trugen ihn seine Beine immer weiter.

Warm fühlte sich der Wind in seinen Haaren an und ein Lächeln überzog sein Gesicht. Die Straßen wurden immer voller und die Gegend erwachte langsam aus dem Morgenschlaf. Einige Fahrräder kreuzten seinen Weg  und er sah lachende Kinder auf den Spielplätzen. 

Das Leben hier war so anders, als in Tokio. Zwar war alles weitläufiger und die Menschen hatten mehr Raum für sich selbst, dennoch war es nicht so anonym wie in der Großstadt.

In Tokio lebte jeder alleine für sich. Dicht gedrängt, Mensch an Mensch, und doch kannte man im Grunde niemanden. Im Fahrstuhl grüßte man sich nicht, beim Briefkasten wurde nebeneinander schweigend die Post geholt und die Menschen in den Wohnungen neben ihm hatte er im Jahr vielleicht acht mal getroffen.

Hier hingehen winkte man freudestrahlend in die Gärten hinein und traf sich am Zaun während man die Blumen goß.

Anfangs war er mit diesem Leben und dem hilfsbereiten Miteinander völlig überfordert. Er kam mit dieser Mentalität, die ihm entgegengebracht wurde, nicht ganz klar und wählte daher sein Zimmer, um diesem zu entgehen. Das Kimiko mit ihren offenen und herzlichen Art, ihn immer wieder aus seinen Wänden holte, hatte einen großen Teil dazu beigetragen, dass er sich Stück für Stück wohler in Miyagi fühlte.

Tooru ließ den Blick schweifen, sah eine Bank an der Straßenseite und steuerte auf sie zu. Angekommen legte er sein Bein auf die Lehne und nahm einen tiefen Atemzug. Nach vorne gelehnt, berührte er mit den Fingerspitzen die Zehen und streckte somit seinen Fuß und die Muskeln durch. Keine Schmerzen, ein kleines Grinsen zog sich über seine Lippen und er wechselte das Bein für die Übung.

Nochmals schnürte er die Schuhe für den restlichen Weg fest, richtete sich wieder auf und sah Wakatoshi auf der anderen Straßenseite an sich vorbeiziehen.

Warum er genau jetzt an den Volleyball denken musste, konnte er sich nicht beantworten, denn eigentlich war der Ältere kein Trigger mehr für ihn.

Aber bei dem Gedanken an das Spiel wurde sein Herz etwas schwerer, denn immer noch fehlte ihm der Sport.

Er hatte das Thema versucht zu vermeiden, wollte es aus seinem Kopf verbannen und einfach nicht mehr über den Grund nachdenken, warum er sich dazu entschieden hatte, nicht mehr zu spielen. Denn auf einmal ergab alles keinen Sinn mehr, was für ihn vorher noch so plausibel war. Er hatte das Spielen aufgeben, weil er es nicht hätte ertragen können, immer vor Augen geführt zu bekommen, dass jemand anderes besser war als er.

Liebe ist viel zu kompliziert (Kawa x Ushi)Where stories live. Discover now