Tag 6 - Risiken für Machtgelüste (1)

11 4 1
                                    

Lautes, metallisches Scheppern zerstörte seinen Dämmerzustand. Mit Herzrasen saß er aufrecht im Bett und riss die Augen auf. Grelles Licht blendete.

»Oh, Fuck!« Irritiert schaute er sich um.

»Disculpe ...« Ein schlaksiger junger Mann im weißen Kittel machte eine entschuldigende Geste. Er sammelte silbernes Krankenhausbesteck neben Peters Bett auf, das ihm offensichtlich von einem Tablett gefallen war.

»Verdammt. Wo bin ich?«, fragte er auf Englisch.

»Ah ... Torrecárdenas Universitätsklinik?«

Schlagartig waren seine Erinnerungen zurück: Die heiße Luft, Rauch und Flammen. Die Bombardierung. Das Gefühl, Feuer zu atmen. Zum Glück war er vor Schreck direkt ins Wasser zurückgefallen und untergetaucht. Das hatte ihm das Leben gerettet. Als er erneut auftauchte, war die Flammenwalze bereits über ihn hinweggezogen. Einige Minuten später, während sein Gesicht und die Lungen weiterhin brannten, er aber ansonsten unversehrt war, fischte ihn der Quadrokopter des Rettungsdienstes heraus. Vermutlich hatte das Rettungsarmband, das in ihrer Bestellung enthalten war, seinen Dienst getan. Der Robo-Doc hatte ihm ein Beruhigungsmittel gegeben, als der Höllenschlund der brennenden Stadt unter ihnen hinwegzog. Das war das Letzte, woran er sich erinnerte.

Langsam sortierten sich seine Gedanken.

Verdammt. Jemand hatte ernsthaft versucht, ihn zu töten. Das wurde ihm erst jetzt bewusst. Das hier war kein Spiel in der VR, sondern die Real-Welt. Wenn man hier starb, gab es keinen zweiten Versuch.

»Wissen Sie, ob es noch andere Verletzte gab?«, fragte er den Pfleger, der sich bereits auf dem Weg zu Tür befand.

»Lo siento, keine Ahnung. Am besten reden Sie mit ihrem Arzt.«

»Verstehe. Wie kann ich den kontaktieren?«

Statt einer Antwort deutete der Pfleger auf ein Gerät mit einem großen roten Knopf, dass neben ihm von der Decke baumelte. Manche Dinge hatten sich im Laufe der letzten Jahrzehnte nicht verändert. Er drückte die Taste. Die Wand vor seinem Bett schien sich aufzulösen und ein adretter Avatar im weißen Krankenhauskittel erschien im verlängerten Raum. »Guten Tag, ich bin ihr persönlicher Betreuer. Wie kann ich behilflich sein?«

»Ich möchte mit meinem behandelnden Arzt sprechen.«

»Einen Moment ... Herr Dr. Dr. Med. Gonzales wird in vierzehn Minuten für sie da sein.«

Na toll.

Während der Wartezeit machte er eine Bestandsaufnahme seines Körpers. Insgesamt schien er im brauchbaren Zustand zu sein, allerdings fehlten ihm komplett die Haare inklusive Augenbrauen. Seine kahle Kopfhaut fühlte sich an, als hätte er einen massiven Sonnenbrand. Er hatte mit deutlich Schlimmerem gerechnet.

Eine knappe Viertelstunde später erschien, wie versprochen, ein neuer Avatar auf der 3-D-Bildwand. Ein nichtssagender Arzt im mittleren Alter mit Stethoskop und allem Drum und Dran. Das Gespräch brachte ihm keine weiteren Erkenntnisse. Sein Rettungsarmband hatte auf die Brandwunden reagiert und den Rettungsdienst gerufen. Entgegen der Ankündigung an der Grenzschleuse hatte dieser ihn aus der Gefahrenzone evakuiert und in das nächstgelegene Hospital in Almería verfrachtet. Vermutlich, weil der Vertrag auf einer privaten Krankenpolice basierte. Dank mRNA-Behandlung waren seine inneren und äußeren Verbrennungen nach wenigen Stunden abgeklungen. Mit dem Wunderzeug hatte er ja schon in München nach dem Hagel Erfahrung gesammelt. Weitere Personen – lebendig oder tot – wurden im Rahmen des Vorfalls nicht in dieses Krankenhaus eingeliefert. Mehr konnte ihm der Arzt nicht sagen und verabschiedete sich höflich.

Über das Display am Bett meldete er sich in seiner privaten Cloud an. Dort fand er diverse besorgte Nachrichten von Kristina, seiner Chefin Frederike, Roland und ein paar anderen Kollegen. Mehr nicht. Bei Camila, Olivia und Alejandro waren nur deren Assistenz-KIs zu erreichen. Mist.

𝗙𝗔𝗞𝗘 𝗣𝗔𝗥𝗔𝗗𝗢𝗫 - Fake News war gestern ✔️Where stories live. Discover now