Tag 7 - Strahlende Begegnungen (5)

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Alles war dunkel. Wo war sie? Was war passiert? Sie versuchte, sich zu erinnern. Das Klopfen. Die Rufe. Und dann wurde sie gegen die Wand geschleudert.

Mit einem tiefen Atemzug, als wäre sie gerade vor dem Ertrinken gerettet worden, riss sie die Augen weit auf. Grelles Licht blendete sie. Dumpfe Kopfschmerzen hämmerten auf sie ein. Schnell schloss sie die Lider wieder und stöhnte.

»Camila?«, ertönte eine ihr unbekannte Stimme. »Bist du wach? Geht es dir gut?«

Erneut versuchte sie, die Augen zu öffnen. Diesmal langsamer. Sie lag in einem fremden Zimmer in einem weichen Bett. Neben ihr saß eine schlanke Frau Anfang dreißig im blauen Pullover. Ihre dunkelbraunen Haare waren zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie schaute sie aus braun-grünen Augen besorgt an.

»Hier trink was und nimm die hier.« Die Unbekannte hielt ihr ein Glas und eine weiße Tablette hin. »Eine Kopfschmerztablette.«

Camila ignorierte die angebotenen Sachen und betastete mit den Fingern ihr Gesicht. Oberhalb ihrer Stirn befand sich eine üble Schwellung. Mehr nicht. Scheinbar war ihr Aufprall nochmals glimpflich ausgegangen, auch wenn ihre Kopfschmerzen vom Gegenteil zeugten.

»Was ist passiert und wer zum Teufel sind Sie?«, wollte sie wissen.

»Entschuldige, ich bin Jeanne. Wir können uns gerne duzen.«

»Hä?« Ihre Gedanken waren noch etwas träge, aber die Jeanne, die sie kennengelernt hatte, war deutlich älter gewesen – und rabiater.

»Jeanne Mireille ist meine Mutter. Sie hat sich auf dich gestürzt und du bist mit dem Kopf an die Wand geknallt.«

»Ja, daran erinnere ich mich noch«, erwiderte sie und rieb sich die schmerzende Stelle. »Und dann?«

»Du hast das Zimmer noch aufbekommen. Da drin hatte sie mich mit einer List eingesperrt. Ich bin die ›echte‹ Jeanne aka Alwania aus Diegos Fantasy Chat, die du eigentlich gesucht hast. Mireilles Tochter. Hier« Sie setzte ihr VR-Headset auf und vollführte eine Wischgeste. »Meine ID.«

Camila griff ihre eigene Brille, die neben dem Bett lag, nahm die Anfrage an und prüfte die ID. Die erschien authentisch. Die Puzzlesteine fielen zusammen. »Okay. Danke. Das erklärt aber noch nicht, warum wie eine Furie versucht hat, mich mit Gewalt von dir fernzuhalten.«

Die andere seufzte. »Mireille wusste, dass ich damals mit Diego an der Zerstörung des Walls beteilig war. Und dass ich nur sehr knapp einer Gefängnisstrafe entgangen bin. Als sie hörte, dass jemand auf dem Hof steht, der erneut etwas plante, hat sie es mit der Angst zu tun bekommen. Sie wollte mich vermeintlich beschützen – zur Not auch gegen meinen Willen. Damit ich nicht nochmals in etwas Illegales verstrickt werde. Daher wollte sie dich einfach wieder loswerden, ohne dass du später nochmals per VR nachfragen würdest. Aber als du dann meine Rufe und das Klopfen gehört hast, hat sie Panik bekommen und nicht mehr richtig nachgedacht.«

Das erschient so weit halbwegs plausibel. »Hm ... Trotzdem eine ziemliche Überreaktion. Und jetzt?«

»Am besten erzählst du mir, warum du eigentlich hier bist«, meinte sie, legte ihre Hände in den Schoß und sah sie mit offenem Blick an.

Einen Augenblick zögerte Camila. Die echte Jeanne hatte das korrekte Losungswort genannt, die ID war in Ordnung und passte auch vom Alter her besser. Nochmals atmete sie tief durch. Dann setzte sie sich im Bett auf, rückte die Kissen zurecht, um etwas Zeit zu gewinnen – und begann zu erzählen.

Nachdem sie damit geendet hatte, ihren Plan in groben Zügen zu erläutern, erhielt sie die erwartete Reaktion.

Jeanne sprang von ihrem Stuhl und breitete ihre Arme aus: »Seid ihr von allen guten Geistern verlassen?!«

𝗙𝗔𝗞𝗘 𝗣𝗔𝗥𝗔𝗗𝗢𝗫 - Fake News war gestern ✔️Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin