2 2⁄2: Bestellt und nicht abgeholt

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Nun stand sie da, wie bestellt und nicht abgeholt. Sie wirkte beinahe ein wenig verloren und ich beschloss, etwas zu sagen, bevor sie sich doch noch dafür entschied, ihrer Mutter nachzulaufen.

„Möchtest du hereinkommen?", fragte ich sie, nachdem ich mich wieder aufgerichtet hatte und ihr die Wohnungstüre offenhielt.

„Okay", seufzte sie und trat ein. Sie zog sich selbstständig die Schuhe aus und lief schnurstracks in die Küche. Die war meistens das erste Ziel, wenn Fiona bei mir zu Besuch war.

Ohne darüber nachzudenken, öffnete sie alle Türen und Schubladen, die sie finden konnte. Interessiert beobachtete ich sie dabei, wie sie immer wieder dieselben öffnete, als hätte ihr kleines Gehirn nach etwa 10 Sekunden wieder vergessen, dass sie da bereits schon einmal nachgesehen hatte.

,,Suchst du etwas Bestimmtes", fragte ich sie schließlich nachdem mich das Spektakel für ein paar Minuten amüsiert hatte.

,,Hast du Fruit Loops?" 

Nicht mal eine Minute hier und schon nach Essen fragen. Entzückend.

,,Nein", antwortete ich und sie verzog das Gesicht. ,,Dann müssen wir welche kaufen!", ließ sie mich wissen, während ich einen der oberen Schränke öffnete, und Chips herausholte. Denn alle Kinder liebten Chips.

„Die tun es aber auch, oder?"

Ich schüttelte die Packung vor ihrer Nase und sie nickte eifrig. Ich holte eine Schüssel und schüttete einen Teil der Chips hinein, bevor ich mich damit zu Fiona an den Esstisch gesellte.

Sag mal, wo fährt Mami denn hin?", fragte ich sie, während ich mir einen Chip in den Mund schob.

Sie setzte sich aufrecht hin und holte dann tief Luft, bevor sie „Berufliches!", hervor presste. Mit erhobenem Finger sah sie mich an und ich musste mich zusammenreißen mich nicht über die Imitation ihrer Mutter tot zu lachen.

„Und warum passt Oma nicht auf dich auf? Ist sie dir wegen der Rulpssache immer noch böse?", fragte ich und sie schüttelte den Kopf.

„Oma ist auf Malediven geflogen."

Aha, also ließ es sich meine Mutter gerade gut gehen, während ich auf den kleinen Quälgeist aufpassen muss?

Es ist nicht so, dass ich meine Nichte nicht liebte - ich liebte sie sehr, sehr sogar. Doch was ich eben noch liebte, waren Strände, Champagner und Frauen - in Bikinis.

„So", sagte Fiona als wir die Schüssel geleert hatten und sprang auf. „Jetzt müssen wir Fruit Loops kaufen gehen!" legte sie fest und lief zum Eingang.

„Jetzt warte mal!"

„Nicht warten! Wie soll ich die nächsten Tage ohne Fruit Loops hier leben? Jetzt!"

Moment. Nächsten Tage? Nicht nur für ein Wochenende? Wie lange hatte ich diese kleine Zecke an der Backe?

Ich kann nicht glauben, dass ich mich darauf einließ, doch wenige Minuten später fand ich mich in der Straßenbahn wieder.

„Also Fiona. Gehen wir die wichtigste Regel fürs Straßenbahn fahren noch einmal durch", sagte ich und sie nickte.

„Ich soll niemanden in die Augen schauen" sagte sie, so wie ich es ihr eingebläut hatte. „Korrekt!", lobte ich sie und wuschelte ihr durch die Haare.

Der nächste Supermarkt war zwei Stationen von uns entfernt und so standen wir schon bald davor und betraten den Laden.

„Servus Cusco!", rief mir Oliver hinter der Wursttheke zu. „Servus", grüßte ich ihn zurück und ging zu ihm hinüber. Ehrlich gesagt bewunderte ich ihn immer wieder, wie er es schaffte nach einer so langen Nacht trotzdem am Morgen wieder hinter der Wursttheke zu stehen.

N' Rad abWhere stories live. Discover now