Tag 9 - Endlich frei (1)

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 Jacques

„Merde!", schrie Jacques und griff Karas Hand, während die Kugeln neben ihnen in die Barackenwand einschlugen.

Gemeinsam sprinteten sie durch die hellen und dunklen Flecken der Beleuchtung, während sie sich duckten. Sie ignorierten die Einschläge und hechteten um die Ecke. Gehetzt warf er einen Blick zurück. Die beiden Bewaffneten verfolgten sie nicht, sondern feuerten auf etwas in der entgegengesetzten Richtung. Seine Gedanken rasten. Lucas hier zu finden, war eine Illusion. Sie mussten ihn später an der Küste suchen. Ihr nächstes Ziel war somit klar: die Lücke im Zaun. Kara hatte sich abgewendet und rührte sich nicht.

„Warum kommst du nicht?", rief er über die Schreie und das Gewehrfeuer hinweg. Dann sah er, was sie hatte innehalten lassen. An der Wand lagen zwei Mädchen. Maximal vierzehn Jahre. Die starren Augen blickten anklagend in den Himmel. Ein Dutzend Wunden an ihrem Körper, aus denen schwarzes Blut sickerte. Er schluckte und verdrängte die Wut und Hilflosigkeit, die sich in seinem Inneren aufstaute. Jeden Moment drohte sie, über seinen rationalen Geist hinwegzuschwemmen. Wie viel dieses Grauens konnte ein einzelner Mensch ertragen? Und war er selbst nicht dessen Auslöser?

„Kara. Komm!" Er zog an ihrer Hand. „Wir müssen weiter. Du kannst ihnen nicht mehr helfen!

„Aber ..." Sie rührte sich nicht.

„Los jetzt! Wenn wir nicht fliehen können, gibt es für Lucas keine Hoffnung mehr!

Das war der entscheidende Punkt. Sie löste sich von dem Anblick und folgte ihm endlich. Auf der breiten Fläche zwischen den Baracken herrschte Ruhe. Ihre Zeit lief ab. Mit jeder Sekunde wurde es wahrscheinlicher, dass die Wachen das Loch im Zaun entdeckten und blockierten. Sie ging zügig, sich immer wieder nach allen Seiten absichernd, im Laufschritt durch Licht und Schatten. Die Räume, an denen sie vorbeikamen, waren verlassen. Ein halbes Dutzend weiterer Leichen, die im Staub lagen, ignorierten sie. Die Schreie und Gewehrsalven kamen aus anderen Bereichen des Lagers. Im Moment schien ihnen das Glück hold zu sein.

„Es ist gleich hinter der nächsten Ecke", informierte er Kara.

Jacques stoppte und drückte sich mit dem Rücken an die kühle Wand. Es war verdächtig ruhig. Sollte hier nicht das größte Chaos herrschen? Die Frauen waren vorhin alle in diese Richtung gelaufen. Genau so, wie er es ihnen gesagt hatte. Hier stimmt was nicht. Mit wild klopfendem Herzen trat er seitlich an die Ecke des Hauses und warf einen kurzen Blick in Richtung des Zaunes. Was er sah, ließ ihn frustriert den Atem ausstoßen und die Hände zu Fäusten ballen. „Zut."

„Was ist los?", wollte Kara neben ihm wissen.

„Die Lücke wird von einem Wachroboter versperrt." Er erwähnte nicht, dass im weiten Umkreis mindestens zwei Dutzend Tote verstreut lagen. Die Frauen waren durch seine Schuld tot. Hoffentlich hatten es wenigstens einige geschafft.

Kara schwieg. Und jetzt? „An dem Roboter kommen wir nicht vorbei", sagte er mit Nachdruck. „Ich habe eine Zange dabei. Wir müssen uns eine andere Stelle suchen, den Zaun zerschneiden und hoffen, dass wir schnell genug hindurchschlüpfen können."

„Werden die nicht inzwischen überall an den Seiten Wachen aufgestellt haben? Sie werden kapiert haben, dass hier jemand mit einer Zange unterwegs ist", merkte Kara zweifelnd an. „Dann können die Frauen nicht weg und sie müssen nur darauf warten, bis sich die Lage beruhigt."

Genau das war seine Befürchtung. Er sagte es nicht. „Tut mir leid, aber ich sehe keine andere Möglichkeit."

„Wir warten einfach in einer der Baracken auf unsere Chance. Und falls sich keine Gelegenheit bietet, stellen wir uns. Das ist immer noch besser, als erschossen zu werden", schlug sie vor.

𝗙𝗔𝗞𝗘 𝗣𝗔𝗥𝗔𝗗𝗢𝗫 - Fake News war gestern ✔️Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin