Prolog

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Ilay, Kandidaturrede am 15.August 3000

Liebe Bewohner,

heute, vor genau einhundert Jahren, zogen wir als Gesellschaft ins Rebo – unser Rettungsboot. Es ist uns eine Heimat geworden, ein sicherer Ort, der uns vor der Sonne schützt, die draußen jegliche Lebensgrundlage zerstört hat. Wir mussten zusammenrücken, doch das hat uns als Gesellschaft zusammengeschweißt. Wir sind Eins geworden, vertrauen einander, schützen uns.

Unser System funktioniert, es hat uns gerettet.

Leider ist es in den letzten Jahren unruhig geworden. Jeder weiß, das ist äußerst gefährlich. Diese Unruhen bedrohen nicht nur unser System. Nein, sie bedrohen auch unser aller Leben. Wenn wir nicht an einem Strang ziehen, wird das auf kurz oder lang das Rebo zerstören. Das gilt es, um jeden Preis zu verhindern, ich denke dessen sind wir uns einig.

Wie sie erkennen können, gehöre ich zum ersten Sektor – den Menschenmachern. Ist es nicht schön, dass sie es mir ansehen. Sie können mich einschätzen, zuordnen. Sie wissen, was ich für die Gesellschaft tue. Darauf basiert unser Zusammenleben, deshalb funktioniert es – oder hat es funktioniert. Aufgrund meiner Arbeit habe ich direkt mit der Ursache der Unruhen zu tun. Ich selbst war bei einer Fehlproduktion dabei.

Unsere Maschinen haben einen Fehler, welchen wir noch nicht ausfindig machen konnten. Doch stoppen können wir die Produktion keinesfalls. Uns sind also die Hände gebunden.

Ich bin sicher, jeder von ihnen kennt ein Fehlerprodukt. Sie sind anders als wir, passen nicht so ganz in unser System. Man kann sie nicht zuordnen. Was tun sie für die Gesellschaft? In welchen Sektor gehören sie? Aufgrund mancher Fehler können sie nicht im Sektor arbeiten, für den sie produziert wurden, anderen sieht man es aufgrund bestimmter Fehlbildungen nicht an. Manche können überhaupt nichts beitragen. Angst hat sich breit gemacht. Zurecht! Unser Frieden, unser Leben ist so stark bedroht, wie es seit dem Einzug nicht mehr gewesen ist. Nun stellt sich die Frage der Lösung.

Wenn man nach meinem Konkurrenten Rhys geht, sollte man sie der Sonne aussetzen. Sich ihrer Entledigen, um wieder Ordnung und Ruhe herzustellen. Aber ich, möchte an ihr Herz und an ihren Verstand appellieren. Wollen wir das als Gesellschaft verantworten? Können wir das? Sie mögen anders sein, nicht in unsere Reihen passen, doch ist der einzige Ausweg wirklich ihr Tod?

Was ein schreckliches Schicksal, da sie doch in derselben Maschine gefertigt, wie ein jeder von uns. Fragen sie sich, wofür wir als Gesellschaft, als Gemeinschaft des Rebo stehen wollen? Vergessen sie nicht den Menschen in sich! Aussetzen ist nicht menschlich. Das spricht gegen unsere Natur, gegen den Grund und das Wesen des Rebos. Deshalb lassen sie mich eine andere Lösung präsentieren. Eine menschlichere, eine die mehr unserem Wesen entspricht, eine die ohne Grausamkeiten auskommt.

Ich möchte den Fehlerprodukten nicht nur das Leben schenken, ich möchte ihnen die Möglichkeit schenken etwas für unsere Gesellschaft zu tun.

Angst wandelt sich in Anerkennung und Klarheit. Denn ich werde ihnen einen eigenen Sektor schenken. Den Zoo.

Sie erhalten eine Aufgabe und wir als Gesellschaft profitieren mit ihnen. Ich plane einen Ausbau der Fläche des Rebo, sowie eine Erweiterung der Forschung. All das wird uns Hoffnung schenken und die Sicherheit wiederherstellen. Für eine glorreiche Zukunft.

Wählen sie mich! Sie müssen nicht grausam sein, um die Angst und Verwirrung zu beenden. Ich biete ihnen einen menschlichen Weg. Ich stehe für die Vergangenheit und Gegenwart des Rebo. Ich möchte sie in die Zukunft leiten, auf das wir als Gesellschaft weiterhin die Stärke haben, wie wir sie vor den Unruhen hatten.

Ich bedanke mich herzlichst für ihre Aufmerksamkeit. Fassen sie sich ein Herz:

Stimmen sie für Menschlichkeit und eine sichere Zukunft. Stimmen sie für mich.

Vielen Dank!

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⏰ Last updated: May 10 ⏰

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Zoo der MenschenWhere stories live. Discover now