Fourth Wing: Marian und Orenga

Kapitel 19

POV: MARIAN

Ich steige von Bredux ab. Kalter Wind knallt mir um die Ohren und peitscht meine Haare zurück. Ich gebe Bredux einen Klaps gegen sein linkes Hinterbein und er trottet davon.

,,Tschüss, Marian", verabschiedet er sich noch bei mir und streicht mit seinem Schwanz leicht an meinem Rücken entlang.

Ich marschiere den Weg vom Flugfeld hinunter, geradewegs auf die graublauen Mauern von Basgiath zu. Hunger breitet sich in meinem Magen aus, sodass ich mich nicht einmal umziehe, bevor ich in der Kantine auf Sawyer stoße.

,,Hey, Marian", ertönt er und legt seinen freien Arm um meine Schulter, als wir uns zusammen an einen Tisch setzen. Obwohl wir wohlmöglich das heißeste Paar in Basgiath sind, essen wir nie zusammen. Weder in der Kantine, noch im Unterricht kreuzen sich unsere Wege. Klar, wir werfen uns immer wieder unwiderstehliche Blicke zu und an manchen Tagen muss ich mich sogar beherrschen, nicht über die Sitzreihen zu klettern, um ihn vor versammelter Mannschaft zu besteigen. Aber in diesen seltenen Zeiten, gewähren wir uns stets unseren Freiraum. Wieso also sitzen wir jetzt zusammen an einem Kantinentisch?

Ich lächle ihn breit an. ,,Was machst du denn hier?", frage ich unweigerlich enttäuscht. Seine Mundwinkel, die gerade eben noch ein breites Lächeln auf sein Gesicht gemalt haben, fallen herab. ,,Darf ich mich nicht zu meiner Freundin setzen?"

,,Natürlich darfst du das. Wir tun es nur nie, jedenfalls nicht beim Essen", erwidere ich kalt.

,,Dann ist es doch gut, dass wir jetzt auch diese Distanz überwinden."

Sawyer wendet seinen Blick von mir ab und öffnet sein Trinkpäckchen. Ich tue es ihm gleich und wende mich den komisch geformten Nuggets auf meinem Tablett zu.

,,Gestern Abend haben wir über dich gesprochen", platzt er heraus.

,,Über mich? Und mit wem?", möchte ich wissen. ,,Ich hoffe nur Gutes", füge ich noch schnell hinzu.

,,Ich habe meinen Jungs von dir erzählt", erklärt er in gelassenem Ton und schiebt sich eine Krokette in den Mund. ,,Diesem Jungen, der, der mit Orenga geht?"

,,Ridoc", hakt er nach und eine zweite Krokette wandert in seinen Mund, dieses Mal eine von meinem Tablett.

,,Aber ja, mit ihm habe ich gesprochen."

,,Aha."

Ich lehne mich zu ihm hinüber und schnappe mir einen Nugget von seinem Tablett.

,,Er hatte nur ein paar Fragen an mich. Nun ja, weil - weil es bei ihm nicht so gut läuft zur Zeit."

Lachen überkommt mich, sodass mir beinahe Apfelsaft aus den Nasenlöchern schießt. ,,Da kann er doch froh sein. Je eher er Orenga wieder los ist, desto besser."

,,Eigentlich hatte er sich nach deinem Hinweis gegenüber Orenga erkundigt."

,,Was für einen Hinweise?", quetsche ich mit vollem Mund hervor, wobei Sawyer Krümel von der Nuggetpanade in die Haare fliegen. ,,Orenga soll vor ein paar Tagen einen Tipp von dir erhalten haben, in dem du ihr geraten hast, Ridoc Nachhilfe zu geben."

Ein Mix aus Apfelsaft, Krokette und Nugget platzt aus mir hervor und landet auf einem Jungen des zweiten Jahrs, der gerade an unserem Tisch vorbei marschiert kommt. Ich schenke ihm keinerlei Beachtung.

,,Und sie hat meinen Hinweis tatsächlich in die Tat umgesetzt?!"

,,Nun, die bringt ihm jetzt Mathematik bei-"

Doch noch bevor Sawyer seinen Satz beenden kann, wendet sich die Gestalt des vollbeschmierten Kadetten aus dem zweiten Jahr zu uns herum und mustert mich mit einem höchst giftigen Blick.