"Dezember 1956 - Um Lansbury weiterhin abzulenken, ebenso an mich zu binden, besuchte ich mit ihm zusammen diverse, schäbige Cafés, holte ihn von der Arbeit ab, redete sogar mit seinem Arbeitgeber, um mich seinem Umfeld vertraut zu machen. Ebenfalls half ich ihm beim Studieren, da ich seinen Studienplatz erhielt, dass Frühlingssemester bezahlte und mein Herz blutete, da ich mein Semester ebenfalls bezahlen musste. Nie bezahlte ich irgendetwas für meine Inspiration, nur musste Elliott auf dieser eintönigen Universität bleiben, nah bei mir bleiben, süchtig werden von mir. Außerdem sollte er sich schuldig fühlen, denn somit hatte ich einen Gefallen gut bei ihm.
Der Winter traf das Land hart. Die Bäume waren grau, der Himmel so weiß, wie eine frisch gestrichene Krankenhaus-Wand und die beschädigten, schäbigen Straßen ungemein vereist. Elliott taufte dieses Wetter, mit einer geringen Röte in seinem Gesicht, Kuschelwetter, was meinen Magen fast immer zum Umdrehen brachte. Kuscheln? Nein, danke! Schließlich konnte ich beim Kuscheln nichts unternehmen, musste praktisch still dort liegen und zärtlich meinen Kopf oder Oberarm anfassen lassen. Mein Gehirn konnte nicht einmal richtig denken, da es mich aus dem Konzept brachte, denn unzählige Male wagte er es meinen Scheitel zu küssen. Erneut verbrachte also meine Inspiration, nach seiner lächerlichen Schicht im Anzugladen, seine Freizeit mit mir, obendrauf noch bei mir, denn das war üblich bei diesem Kuschelwetter. Wie sehr ich meinen Körper kontrollieren musste, es war ein wahres Mirakel. Erneut konnte ich nur sagen, wie schon erwähnt, was tut man nicht alles für des Finale?
Plötzlich blickte ich hoch zu dem brünetten Mann, erkannte wie seine Lippen sich bewegten, interessierte mich jedoch nicht wirklich für die gesprochen Worte. Achtsam richtete ich meinen Körper auf. ''Wohin gehst du?'' Ein gespieltes Lächeln zierte meine Lippen, die Mimik gab er ehrlich zurück. ''Ich mache uns nur einen Tee.'' Dies war keine Lüge, denn in diesem Moment benötigte ich wenigstens einen starken Beruhigungstee um diesen Abend zu überleben und Alkohol war nicht im Repertoire. Dezent küsste ich ihn, bevor ich mich auf dem Weg machte, auf den Mund, denn wir standen auf diesem winzigen Seil - Auf der einen Seite war die gute Freundschaft, schließlich war Abschaum nun aus dem Weg geräumt, auf der anderen Seite eine Beziehung. Natürlich mussten wir beide auf die Beziehungsseite, schließlich war und ist Liebe ein menschliches Versagen.
Leicht streckte ich mich nach oben, um Tassen zu erreichen, platzierte sie auf der Küchenarbeitsplatte, hob den qualmenden Wasserkessel vom Gaskochfeld, bis ich seine Schritte hinter mir hörte. Leicht musste ich mich nach hinten drehen, um Elliott zu erkennen. Er ist ein wahrer, verlorener Welpe - Schon so besessen von mir, dass er mir folgt. Scharf beobachtete ich ihn, als er an der schweren Tür meines Arbeitszimmers strich, drehte mich erst zurück nachdem Elliott an ihr vorbei war. Vorsichtig wand ich mich zurück zum Tee machen, schüttet das brühend heiße Wasser über die Teebeutel. "Was versteckt sich eigentlich hinter dieser Tür? Du blickst sie immer so bewachend an, fast schon wie ein mächtiger Schlosshund.", kamen die Worte aus dem Mund, die ich befürchtete. Der Wasserkessel fiel praktisch aus meiner Hand, meine Muskeln waren angespannt, meine Augen aufgerissen und in diesem Moment wusste ich, dass es an der Zeit war für einen Test.
Unzählige Male fragte ich mich in diesen schnell vergehenden Sekunden selber, Ist es eine gute Idee? Diesmal musste ich nämlich meiner Inspiration vertrauen, was mir überhaupt nicht gefiel. Weiterhin blickte Nummer Zwölf mich fragend an, bis ich mich an ihm vorbei lief, Richtung Garderobe, um einen Schlüssel aus meiner Tasche zu ziehen. "War diese Frage falsch?", nahm ich erneut seine besorgte Stimme auf, als ich erneut an ihm vorbei lief. "Nein, ich hole nur etwas." Auf seine Frage wollte ich nicht einmal näher eingehen, denn mein Körper war damit beschäftigt meine Nervosität abzubauen. Den Schlüssel aus meiner Tasche steckte ich nicht in die Tür, hinter der sich mein Arbeitszimmer befand, so naive war ich doch nicht. Ich bemerkte seine Schritte ein weiteren Mal hinter mir, während ich in mein Schlafzimmer lief. "Was möchtest du holen?"
"Du möchtest doch mein Arbeitszimmer sehen. Ich besorge den Schlüssel." Zwar bemerke ich seine Augen auf meinen Körper, ziehe trotzdem die kalte, schwere Schatulle aus meinem Nachtschrank. Nie sah eine Inspiration diese oder alleine schon mein Arbeitszimmer, schließlich hatte ich vorher keins, da ich praktisch von Motel zu Motel zog. Was man nicht alles für das Finale unternimmt. Kurz nachdem ich die Schatulle öffnete, kamen schon ich die älteren Bilder von mir und Nummer eins, Darren, zum Vorschein. Absolut nicht aus Liebe, sondern weil er mich auf die Schiene meines Lebenswerkes brachte. Niemand außer mir sah diese Bilder und so sollte es auch bleiben, deswegen schloss ich die Schatulle sofort, nachdem ich den Schlüssel in der Hand hatte, stellte sie sorgfältig zurück. Zögerlich richtete ich mich erneut auf, nahm kleine Schritte auf Lansbury zu. "Du öffnest die Tür selbst und guckst es dir auch alleine an."
"Wieso reagierst du so?" Ein Kopfschütteln erwiderte ich nur, er sollte sich selbst ein Bild machen und alles gründlich ansehen. Es verängstigte mich, trotzdem war es zur gleichen Zeit eine Art von Test. Ist er schon so in meinen Bann gezogen, dass er darüber hinweg sieht? Findet er es vielleicht sogar anziehend? Ich starrte meine Inspiration stur an, bis Elliott endlich zurück ging zu der Tür meines Arbeitszimmers, den Schlüssel in das Schloss versank. Zögerlich öffnete Elliott die schwere Holztür, während ich versuchte meine dünne Stoffjacke dichter an mich zupressen. Der Geruch von Hygieneputzmittel und konzentrierten Alkohol stieg in meine Nase, schließlich musste ich alles rein halten. Ich konnte mir keinen einzigen, naive Fehler erlauben. Seine Nase zog er hoch, war anscheinend verwirrt von dem Geruch. Zögerlich huschte ich an ihm vorbei zu dem Fenster, da er den Geruch als unangenehm empfand. Kurz blickte ich aus dem noch verschlossenen Fenster, öffnete es danach mit bedacht und lehnte mich an die steinerne, kühle Fensterbank. Mein Lippenpaar presste ich aufeinander. Nummer Zwölf guckte sich verwirrt um, denn das Zimmer schien relativ normal. Beige gehaltene Wände, neue Möbel, ein schlichtes Bild an der Wand. Seine Augenbrauen zogen sich erst hoch und daraufhin zusammen, als er den Schreibtisch entdeckte, mit all den Akten der vorigen Inspiration und der Schreibmaschine. ''Gucke sie dir an, bitte."
"Es sind deine Akten."
"Gucke sie dir einfach an, Elliott!" Der Ton schien Schroff, doch sonst hätte er es nicht getan. Weiterhin etwas verwirrt griff er unruhig nach den verschiedenen, schweren Akten. Erneut kontrollierte Zwölf mich, ob es in Ordnung war, ich schüttelte sofort mit dem Kopf. Behutsam öffnete er nur die erste Seite von Nummer Sieben. Minuten war es still, totenstill - Keine Reaktion. Unerwartet schüttelte er hastig mit dem Kopf, glaubte die Situation nicht, glaubte diese Wendung nicht. Sofort lässt er die Akte zufallen, riss praktisch die nächste Schublade auf mit den gesäuberten, nummerierten Mordwaffen. Die sonst grünen, weichen Augen waren geschockt aufgerissen, deutlich erkannte man schlagartig seinen Adamsapfel, der schon markante Kiefer war noch deutlicher, seine Atmung ungleichmäßig. "Dein Roman begibt sich auf wahren Begebenheiten." Seine Finger fingen dramatisch an zu zittern, vor Angst. "Hast du es auch mit Augustus gemacht? Ist er ein Teil von deiner Fortsetzung?" Keine Antwort kam von mir, meine Augen richteten sich nach unten, aber garantiert nicht aus Reue . "Machst du das gerade mit mir? Bin ich der Nächste?" Mein Kopf hob ich erneut. "Deine Akte würde hier schon längst liegen, mit all den anderen, würdest du nicht besonders sein." Was er nicht wusste, er war noch nicht tot, da er das besondere, phänomenale Ende war, nicht weil ich etwas für ihn empfand. Abrupt ließen seine glasigen Augen ab von mir, schossen praktisch zur Tür. Sofort bemerkte ich sein Vorhaben, richtete mich schon einmal auf, war bereit ihn aufzuhalten. Lansbury wollte sich natürlich schnell das Weite suchen vor Panik, nur bevor er die Türschwelle meines Arbeitszimmers überschreiten konnte, griff ich streng nach seinem angespannten Handgelenk. Wütend, doch auch ängstlich, blickte Nummer Zwölf auf mich. "Ich mache es, weil du das Gefühl bekommst, zwischen Leben und Tod zu entscheiden und du spürst plötzlich diese gewaltige Aufmerksamkeit, diesen Kick. Es hat alles einen Hintergrund. Denke darüber nach, denn du entscheidest jetzt über mein Leben und gleichzeitig über meinen Tod." Weitere Sekunden blickte er mich fassungslos an, als würde ich ihn anlügen, als wäre all dies ein Schauspiel. Dann wollte er mir den Schlüssel zurückdrücken, nur hielt ich seine Hand fest, mit der anderen umfasste ich seine schlanken Finger, legte sie wieder über den Schlüssel. "Behalte ihn, schließlich ist es deine Wahl, deine Entscheidung ob es verborgen bleibt oder nicht." Das waren auch meine letzten Worte an diesem Tag, danach griff er nämlich nach seinem Mantel und verschwand von meinem Grundstück."
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Blood Ink
Short StoryDer Körper einer äußerst jungen, doch auch erfolgreichen Autorin, wurde geziert von endlosen Tattoos, die Männer abbildeten. Jedoch fand nie jemand, außer ihr letzter Liebhaber, heraus, welche blutrünstigen Botschaften und Geschichten sich hinter de...