Kapitel 3

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Ich wachte von einem merkwürdigen Ächzen auf, das erschreckende Ähnlichkeit mit Sexlauten hatte, bevor ich mich gegen die plötzliche Helligkeit anblinzelnd aufrappelte und erkannte, dass es Whisky war, die gerade dabei war, über den Sitz zu klettern.

Ich schlief weiter.

Als ich zum zweiten Mal aufwachte war es noch heller, also beschloss ich, aufzustehen. Schlafrhythmus hin oder her – das war schließlich kein gewöhnlicher Morgen. Wenn es überhaupt ein Morgen war.

Und trotzdem – es ging mir besser als befürchtet. Bis ich bemerkte, dass Whisky weg war.

Etwas unentschlossen tastete ich auf dem rauen Polster der Rückbank herum. Ich wusste nicht, wonach ich überhaupt suchte, oder ob ich überhaupt nach irgendetwas suchte, doch erst, als ich gleich zwei leere Bierdosen auf einmal ertastete, wurde mir alles so richtig klar.

Scheiße.

Mein erster Instinkt war es, „Whisky?", zu brüllen, allerdings hörte sich das irgendwie komisch an. Aber ich kannte ihren richtigen Namen nicht, und deshalb entschloss ich mich, die weniger von Fettnäpfchen gespickte Variante anzuwenden, formte einen Trichter mit meinen Händen, setzte sie an den Mund und schrie stattdessen in einer ziemlichen Lautstärke: „Hallo?"

Die Hand, die wie ein Blitz von hinten kam, mein Ohr streifte und mir auf den Mund klatschte verursachte fast einen Herzinfarkt in meiner von Alkohol und ungewollten Abenteuern ramponierten Brust. Ich konnte mich nicht einmal entscheiden, ob das jetzt eine Ohrfeige oder ein physisch übermitteltes „Halt die Klappe!" war.

„Sowas konnte jetzt auch nur von dir kommen" Die Stimme die mit höchster Wahrscheinlichkeit zu der Hand, die sich immer noch auf meinem Gesicht befand gehörte, zumal beide aus der gleichen Richtung kamen, war Whiskys.

Ich schüttelte den Kopf etwas, doch sie ließ die Hand da, wo sie war.

„Soll ich dir die Handfläche ablecken?", presste ich durch zusammengedrückte Lippen unter der Hand hervor.

„Würde ich dir nicht raten", schoss sie zurück.

„Dann nimm die Hand weg",

Ich spürte, wie sich der Griff etwas lockerte und deutete zur Untermauerung meiner Drohung eine winzige Bewegung mit der Zungenspitze an. Auch wenn ich mich hüten würde, ihre Hand auch nur im Geringsten mit der Zunge zu berühren.

Nicht dass ich glaubte, sie wäre besonders dreckig aber andererseits wusste man ja nie und wenn ich eine Sache mehr hasste, als große Gruppen von Menschen oder Smalltalk, dann war es Unsauberkeit.

„Nur wenn du nicht nochmal so rumschreist."

Ich verdrehte die Augen und seufzte – so gut es eben ging – was sie anscheinend als Einverständnis auffasste, denn mit einem theatralischen Augenrollen ließ von meinem Gesicht ab.

Ich nahm mir einen Moment Zeit um demonstrativ meine Mundwinkel zu dehnen und die Lippen anzufeuchten, bevor ich etwas sagte.

„Wie kommst du eigentlich darauf, das wäre so typisch für mich?"

„War nicht schwer zu erraten."

Ungelenkig kletterte sie über die Rücklehne zurück in mein Sichtfeld.

Mit Genugtuung stellte ich fest, dass sie miserabel aussah – fettig schimmernde, verknotete Haare, die schwarze Perlonstrumpfhose hatte ein paar beachtliche Löcher und Laufmaschen, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob das nicht schon von Anfang an so gewesen war und die Reste ihres Make-Ups ließen sie aussehen, wie ein Panda.

WhiskyWhere stories live. Discover now