7. Akt - Die Freundin

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„Was geht heute Abend?" Riley lag auf seinem Bett und starrte an die Decke. Es war schon fast eine Woche vergangen. In dieser Zeit hatte ich in der Theorie schon viel Neues gelernt und die Praxis war genauso toll. Wir übten ständig unser Stück und bis jetzt gab es auch keine weiteren Vorfälle mehr im Bezug auf meine Verkleidung. Doch offensichtlich stand Julie wirklich auf mich, was mir ein wenig Sorgen bereitete. „Ich werde schlafen", sagte Lewis, woraufhin Riley verächtlich schnaubte. Er richtete sich auf. „Habt ihr Lust mir rauszukommen?", fragte er und stand auf. „Ja, es ist echt schön draußen, aber vorher muss ich noch telefonieren", sagte ich und stand auch auf, um mir mein Handy zu schnappen. „Bis gleich." Ich stürmte schnell aus dem Zimmer, damit sie mich nicht zurückhielten. Draußen setzte ich mich auf eine Bank und wählte Alices Nummer. „Hallo?" „Hey, hier ist Robin." „Robin! Wie läuft es so?" Alice klang ganz aufgeregt. „Warte, ich stelle dich auf laut, damit Sam auch mithören kann." „Es läuft gut", erklärte ich nach einer kurzen Pause. „Theorie und Praxis sind super. Und das Stück werdet ihr ja dann sehen, wenn wir in Berlin auftreten." Während mein Bruder und Alice zuhörten, erzählte ich von Lewis, Julie und Riley. Ich erwähnte auch die beinah Vergewaltigung von Julie und das meine Tarnung bisher noch gut funktionierte. „Toll, dass du Freunde gefunden hast. Und diesem Riley und Nick solltest du besser aus dem Weg gehen", meinte Sam. „Ja, und was mache ich mit Julie?" „Du musst ihr eben klarmachen, dass du nur ihr Kumpel sein willst. Das muss sie verstehen." Ich nickte. „Ja, du hast Recht, Alice. Ich kriege das schon hin. Und ich gehe jetzt lieber wieder rein. Ich melde mich bald wieder." Alice und Sam verabschiedeten sich und ich schlurfte zurück ins Zimmer.

Als ich die Tür öffnete, stand plötzlich Riley vor mir. „Ah, da bist du ja. Hast du mit deiner Freundin telefoniert?" Ich sah ihn verwirrt an. „Ja, mit meiner besten Freundin und meinem Bruder. Hast du was dagegen?" Riley grinste frech und holte seine Hand, die er die ganze Zeit hinter dem Rücken hatte, hervor. „Und was ist das?" Ich starrte geschockt auf meinen hübschen mit Spitze verzierten BH in seiner Hand. Den hatte ich sicherheitshalber eingepackt. Wütend wollte ich ihm den BH entreißen, doch er zog seine Hand zurück. „Hast du meine Sachen durchwühlt?", schrie ich. „Nein, der lag im Bad", sagte Lewis plötzlich leise und schaute zu Boden. „Ich habe ihn dort gefunden." Mist, ich muss ihn beim Duschen aus Versehen hineingeschleppt haben, als ich mir die neuen Klamotten aus dem Koffer genommen habe. „Du hast doch gesagt, du hast keine Freundin", stellte Riley fest. „Ich habe...Der muss noch von meiner Ex im Koffer gewesen sein." Riley und Lewis schauten mich misstrauisch an. „Na schön. Ihr habt gewonnen. Der ist von meiner Freundin." Was soll's, dachte ich mir. Jetzt kann ich zwar nicht mehr so tun, als sei ich schwul, aber Hauptsache sie kommen nicht auf den Gedanken, dass ich eigentlich kein Junge bin. „Deine Freundin muss heiß sein. Der BH ist sexy", sagte Riley und warf ihn mir zu. „Hast du ein Bild von ihr?" Ich wollte schon wütend Nein brüllen, doch da kam mir eine Idee. Es würde noch glaubwürdiger rüberkommen, wenn ich tatsächlich ein Bild von ihr zeige. Außerdem sieht Julie dann ein, dass sie wirklich keine Chance bei mir hat. Also zückte ich selbstsicher mein Handy und öffnete die Galerie, um ihnen ein Bild von mir zu zeigen. Von meinem weiblichen Ich. „Hier ist sie." Ich hielt den beiden mein Handy vor's Gesicht. „Sie ist hübsch", sagte Lewis und klang dabei etwas traurig. „Danke", sagte ich, während ich ihn nachdenklich ansah. „Deine Freundin ist wunderschön", sagte Riley und starrte fasziniert auf mein Handy. Ich war erstaunt über seine Reaktion. „Wie lange seid ihr schon zusammen?", fragte er interessiert. „Ein Jahr. Und wehe, du machst dich an sie ran", warnte ich so männlich wie möglich. „Das kann ich nicht versprechen." Er zwinkerte mir zu. „Sei besser lieb zu mir. Kommt sie zu der Aufführung?" Ich merkte, dass er seine Drohung nicht ernst meinte. Aus irgendeinem Grund wusste ich, dass er anderen Männern nicht die Frau ausspannen würde. „Ja, ich denke schon", log ich. Ich würde mir später eine Ausrede einfallen lassen, warum sie bzw. ich nicht gekommen war. Jetzt wollte ich die Lüge glaubwürdig lassen. Danach war es sowieso egal.

If I Were A BoyWhere stories live. Discover now