Teil 5

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Ohne anzuhalten gingen sie durch einen kunterbunten Gang. Noch hatte ich meine Augen nicht geschlossen und krallte meine Zehen und Finger in das Wesen, welches mich durch die Gänge trug. Es musste schmerzen verspüren, denn es zuckte immer wieder leicht, wenn ich den Druck verstärkte. Zu mindestens konnte ich es verletzen. Weder Bilder noch Türen waren zu sehen. In Streifen waren die bunten Farben an die Wände geklatscht. Hell strahlten die Farben in meine Augen. es tat ein wenig weh. Was war das hier? Mit lauten Schritten, schritten die Wesen weiter durch den Gang. "Bald ist es soweit. Noch nie gab es eine bessere als sie. Es wird ihr gut gehen.", murmelte das Wesen, welches mich trug. Ich war mir nicht sicher, ob die anderen wegen es gehört hatten, denn sie zeigten keine Reaktion. Er sollte mich endlich herunterlassen oder mich endgültig töten. Beide Optionen waren mir gleich lieb. Laut hallten ihre Schritte von allen Seiten wieder. Wohin sie mich wohl brachten. Mein Mund hatte noch immer den metallischen Geschmack meines Blutes. Etwas daran beruhigte mich. Vielleicht beruhigte es einfach nur meine neue Seite. Ich wollte mich bewegen. Mir fehlte jedoch die Kraft. Ein Schrei bahnte sich in meiner Kehle an. er würde nie gehört werden. Meine Lippen bewegten sich nicht einmal einen Millimeter. Die Genugtuung tat ich ihnen nicht. Keiner von ihnen sprach. Oder taten sie es und nahm es einfach nicht wahr? Das bezweifelte ich selbst. Ihre Schritte konnte ich hören, genau wie das vorherige Gemurmel des Wesens, welches mich nun trug. Taub war ich nicht. Sprachen sie vielleicht durch Telepathie. Abwegig kam mir dieser Gedanke nicht vor. Wer wusste was sie alles konnte. Schließlich hatten sie mir sogar eine neue Identität eingepflanzt. Da war das sicher nicht unmöglich. Ohne Vorwarnung drehte sich eines der Wesen um. Sein weises, konturenloses Gesicht mir zugewandt. Etwas daran faszinierte mich. Innerlich verspürte ich keine Angst, aus welchem Grund auch immer. Ein Schritt, zwei Schritte. Plötzlich stand es vor mir. Das strahlende weis des Anzugs nahm mir die Sicht auf die anderen Farben des Ganges. Vorsichtig drückte mir das Wesen etwas auf den Mund. Es war hart und passte sich dennoch perfekt meinem Mund an. Doch bevor ich überhaupt erkennen konnte, was es war, sank ich bereits in einen tiefen Schlaf.

Blitzschnell riss ich meine Augen auf. Mein Körper hatte sich augenblicklich aufgesetzt. Hektisch huschte mein Blick durch den Raum. Ich konnte meinen Augen kaum trauen. Dieser Raum war eingerichtet! Unter meinem Körper war ein sehr schlichtes Bett. Eine weise Decke verdeckte den unteren Teil meines Körpers, während leicht die weisen Lacken an den Seiten herausblitzten, umrahmt von den dunklen Holzrahmen des Bettes. Es war gegenüber einer leeren Wand. Kurze Blicke nach links und rechts verrieten mir, dass dieses Bett mit der Kopfseite an die Wand hinter meinem Rücken gepresst war An der rechten Wand war eine Kommode aus dem dunklem Holz, zusammen mit einem Spiegel, welcher vom Boden bis zur Decke reichte. Auch diese beiden Sachen waren in der Mitte der Wand. Gegenüber war ein großer, ausladender Schrank, welcher aus dunklem Holz bestand. Was sich wohl in diesem befand? Auch in diesem Raum gab es keine Tür. Das Zimmer war in einem leicht gelblichen weis gestrichen. Was sie wohl diesmal mit mir vorhatten. Wollten sie mich wieder verrückt machen? Oder wollten sie mich so wie immer töten? In mir schrie etwas nach Blut. Die Seite, welche sie mir einverleibt hatten, war nicht verschwunden. Würde ich mit ihr leben müssen? Könnte ich es überhaupt? Leicht schüttelte ich den Kopf. So etwas würde ich nicht noch einmal durchmachen können. Deswegen musste ich hier raus. Schwungvoll stellte ich meine blanken Füße auf den dunklen Parkettboden. Das schwarze Kleid fiel schwungvoll mit. Meine bloßen Füße berührten den kalten Boden. Ein Schauer jagt über meinen Rücken. Noch saß ich auf dem Bett. Meine braunen Strähnen fielen über meine Schultern. Ich musste einen Ausgang finden! Ob ich dann wieder in diesen bunten Gang kam? Würde ich überhaupt einen Ausweg finden? Heftig schüttelte ich den Kopf. Angst durfte ich mir selbst nicht einjagen. Dafür hatte ich in meiner Freiheit Zeit. Unwillkürlich glitt mein Blick von meinen Schultern an meinen Arm entlang. Sicher würden die Wunden verschwunden sein, wie immer. Unter meinen Fingernägeln würde ich nicht die geringste Spur von Blut finden. Etwas in mir war enttäuscht. Mir wurde schlecht. Diese neue Seite an mir bereitete mir Übelkeit. Wie erwartet fand ich kein Blut an meinen Finger vor, als ich diese anblickte. Langsam wurde ich wirklich verrückt. Ich glaubte an all das hier, auch wenn es definitiv nicht normal war. Normal hätte ich gedacht, dass hier alles ein Traum wäre. Jedoch war ich nun schon zu lange hier, um daran zu glauben. Weiter wanderte mein Blick an meinen Körper. Immer weiter bis zu meinen Zehen, welche leicht vom Seidenstoff des schwarzen Kleides bedeckt wurden. In diesem Raum roch es nicht nach Blut. Zu mindestens noch nicht. Wackelig stellte ich auf meine Füße. Was sie mir wohl diesmal verabreicht hatten. Würde ich noch eine Persönlichkeit, zu meiner schon vorhanden und meiner neuen verrückten, bekommen? Innerlich betete ich, dass dies nicht der Fall sein sollte. Laut knarzte der Fußboden unter meinen Füßen. Winzige Holzsplitter bohrten sich in meine zarten Sohlen. Was wollte ich nun tun? Wenn ich die Wand berührte konnte ich nicht garantieren, dass ich nicht wieder die Wände mit meinem Blut verschmierte. In mir herrschte nichts, außer der Drang nach Blut und Freiheit. Emotionslos ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen. Gab es hier einen Ausweg? Laut knarzte der Fußboden, als ich einen Fuß anhob. Ob das überall im Zimmer so war? Das würde ich schnell herausfinden. Vorsichtig setzte ich meinen Fuß ein Stück weiter vom Bett auf den Boden. Erneut knarzte dieser laut. Anscheinend würde es überall im Zimmer so sein. Blieb nur die Frage warum? Entweder wurde dieser Raum schon seit einer langen Zeit nicht mehr genutzt, oder es hatten ihn bereits so viele benutzt, dass diese Geräusche entstanden. Leicht zuckte ich zusammen. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, dass es noch jemanden gab wie mich, welcher durch diese Hölle musste. Ohne auf die Splitter auf dem Boden zu achten Schritt ich zum Schrank. Wenn etwas ihm Schrank war, wollte ich es hinter mich bringen. In immer kürzer werdenden Abständen knarzte der Boden unter meinen Füßen. Meine Füße bemerkten den Schmerz, welche die Splitter erzeugten nicht mehr so stark. Dafür war ich schon zu oft gestorben. Bevor ich mich versah stand ich vor dem Schrank. Ohne zu zittern oder zu zögern öffnete ich den Schrank. Unzählige schwarze Abendkleider lächelten mir entgegen. Sollte ich mir mein Beerdigungskleid aussuchen? So viel Güte besaßen sie nicht. Ich brauchte mich nicht lächerlich machen. Sanft berührten meine Finger die weichen Stoffe der Kleider. Sollte ich mich umziehen. Das schwarze Kleid, welches ich trug, war doch recht umständlich. Kurz zögernd zog ich mir ein bodenlanges, oben hautenges Kleid an. Ab der Hüfte durchzog ein Schnitt das Kleid. Im Notfall konnte ich es leicht zerreissen. Das war der einzige Grund warum ich es anzog. Schwarze, breite Träger schmiegten sich an meine Schultern. Einen nicht gerade tiefen Ausschnitt hatte das Kleid am Rücken und vorne. Kleine weise Edelsteine zierten den vorderen Ausschnitt. Je weiter sich die Steine der Mitte näherten, desto tiefer nach unten reichten sie. Wie ich wohl in so einer lächerlichen Aufmachung aussah? Eine kleine Hundertachtzig-Grad-Drehung verriet es mir. Es stand mir überhaupt nicht. Meine braunen, hüftlangen Haare fielen zerzaust an meinen Körper herab. Ich hatte gar nicht gewusst, dass ich glatte Haare hatte. Meine Lippen waren recht rosig und voll. Ein paar Schritte und ich stand schon vor dem Spiegel. Wer war diese Person? War das wirklich ich? Behutsam berührte meine Finger das Spiegelbild. Fasziniert blickte mich mein Ebenbild mit seinen blutroten Augen an. Etwas an meinen Augen faszinierte mich. Wahrscheinlich wegen meiner neuen, wahnsinnigen Seite. Schnell wandte ich den Blick. War das einer ihrer Spielchen? Sollte meine wahnsinnige Seite mich erneut versuchen zu töten? Mein Blick auf die Kommode neben dem Spiegel. Erst jetzt fiel mir auf wie warm es in diesem Raum war. Vielleicht versuchten sie auch mich lebendig zu kochen. Wer wusste schon was in ihren kranken Köpfen vorging. Geschickt zogen meine Finger die oberste Schubladen auf. Glänzender heller Silberschmuck mit weisen Edelsteinen sprangen mir entgegen. Was hatten sie diesmal vor? Hatte es etwas mit dem Schmuck zu tun. Sollte ich mir mit einem der Ohrringe meine Kehle aufschlitzen. Mir wurde wieder übel. Schnell schloss ich die Schublade und zog die zweite von den dreien auf. In ihr befand sich allerlei Haarschmuck. Auch dieses Mal in hellem Silber und weisen Steinen gehalten. Wirklich, was haben sie vor? Nachdenklich schloss ich die zweite Lade und zog die dritte auf. In ihr waren verschieden Schuhe. Allesamt elegant. Nur wenige hatten keine hohen Absätze und noch weniger besaßen keine. Suchend glitt mein Blick durch die Menge der Schuhe. Wenn ich das richtige Paar auswählte, konnte dies mir noch nützlich werden. Plötzlich fielen sie mir ins Auge. Schwarze Ballerina, welche mit Bändern am Bein entlang gebunden wurden. Perfekt. So würden sie nicht abrutschen und zur gleichen Zeit konnte ich laufen. Noch einmal öffnete ich die zweite Schublade und fand fast augenblicklich ein weises Zopfband. Es war so schlicht, dass es in der Menge von prunkvollen Haarschmuck sofort auffiel. Beide Laden Laden schloss ich mit einem Hüftschwung. Jetzt würde es einfacher zu fliehen. So hoffte ich zu mindestens. Innerlich wusste ich, dass diese Dinge kaum einen Unterschied machen würden. Auch wenn die Wärme des Raumes versuchte mich aufzuwärmen, war mir kalt. Etwas gutes, wenn sie mich tatsächlich kochen wollten. Blitzschnell stülpte ich die schwarzen Ballerina über meine nackten Füße. Das weiche Innere schmieget sich augenblicklich an meinen Fuß. war das Leder? Schnell verscheuchte ich den Gedanken. Ich hatte wichtigeres zu tun. Vorsichtig kniete ich mich auf den Boden, das Bein welches ich zuerst mit den Bänder verschnürte nach vorne geschoben, und begann die Schüre, entlang meines Beines, zu wickeln. Innen waren die Schnüre mit Gummi ausgestattet, sodass sie nicht von meinen Beinen rutschten. Geschickt wanden meine Hände die Schnüre immer weiter um mein Bein. Bis sie an meinen Oberschenkel zu kurz wurden. Kurzerhand band ich die Schnüre fest und widmete mich meinem anderen Bein. Mehr oder weniger geschickt wechselte ich meine Beine ab. Wurde der Raum wärmer? Ich vermutete, ja. Mir blieb also nicht viel Zeit. Immer schneller bewegten sich meine Finger um mein Bein. Hier musste ich so schnell wie möglich weg. Adrenalin breitet sich in meinem Körper wie ein Lauffeuer aus. Viel Zeit würde mir wohl nicht bleiben. Blitzschnell machte ich eine kleine Doppelmasche an meinem Oberschenkel und wandte mich dem Spiegel. Schweiß perlte leicht von meiner Stirn. Ich musste dieses Mal einfach entkommen! Nicht einen Millimeter rührte ich mich. Ein Seitenblick zum Spiegel reichte mir, um einen Pferdeschwanz zu binden. Ungeschickt bewegten sich meine Finger durch meine Haare. Wie kam es, dass ich so geschickt Bänder an meine Beine wickeln konnte, jedoch aber keinen ordentlichen Pferdeschwanz in kurzer Zeit binden konnte? Immer wieder zogen meine Finger kleine Strähnen aus dem Zopf. Länger konnte ich nicht mehr ruhig bleiben. Genervt ließ ich einen Seufzer über meine Lippen. Es würde sowieso nicht besser werden. In einer gleitenden Bewegung rappelte ich mich auf und sah mich noch einmal im Zimmer um. Hier irgendwo war ein Ausgang. Blieb nur noch die Frage wo? Vorsichtig machte ich einen Schritt in die Mitte des Raumes. Laut knarzte der Boden. Meine neuen Schuhe federten meinen Schritt ab und schützten mich vor den Holzsplittern. Nervös blickten sich meine Augen um. Wo war bloß dieser Ausgang? Unwillkürlich ballten sich meine Hände zu Fäusten. Meine Fingernägel bohrten sich in meine Handflächen. Es rann etwas Warmes an meiner Hand herab. Ich musste diese neue Seite von mir dringend unter Kontrolle bringen. Leise flüsterte sie mir zu, dass ich meine Nägel stärker in mein Fleisch schlagen sollte. Doch ich hielt mich zurück. Noch war es nicht so weit, dass ich mich den weisen Wesen ergab, oder irgendetwas, was mit ihnen zu tun hatte!










Alone in the darkness *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt