Teil 43

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Alissa's POV

Ich kann es nicht glauben. Ich will es einfach nicht glauben.
Joyce hat mich betrogen. Sie hat mich wirklich betrogen. Sie hat mit einer anderen geschlafen. Bei uns zuhause. Ich kann es immer noch nicht fassen.

Es ist acht Uhr abends und ich irre in den Straßen herum. Ich kann nicht mehr klar denken. Es fühlt sich an, als stecke ein großes Messer in meinem weichen Herz. Am liebsten würde ich jetzt alles liegen lassen und für immer einschlafen.
Mit meiner Tasche laufe ich die gerade Straße entlang und wähle die Nummer meines Betreuers. Er muss mich hier abholen und mich nachhause bringen. Ich vermisse meine Eltern. Ich vermisse mein Zimmer und mein Bett. Meine Umgebung.
"Alissa, was kann ich für dich tun?' , spricht er in den Hörer. Er wirkt leicht überrascht. Verständlich.
"Du musst mich abholen. Ich will hier weg. Ich hasse sie." , rufe ich in mein Handy und merke, dass ich immer wütender werde. Er seufzt.
"Ich kann dich nicht einfach so abholen Alissa. Es muss schon einen vernünftigen Grund geben" , erklärt er und ich schaffe es in letzter Sekunde meinem Drang, das Handy auf den Boden zu werfen, zu entkommen.
"Entweder kommst du mich morgen sofort abholen oder ich bringe mich um! Ich. will. hier. weg. !" , schreie ich schon fast und breche in Tränen aus. Nie hätte ich gedacht, dass ich mich so benehmen würde. Das zeigt jedoch, was Liebe alles anstellen kann.

Ich kann mir vorstellen, wie mein Betreuer nickend in seinem Haus saß. Zumindest nehme ich an, dass er um diese Uhrzeit zuhause ist.
"Ok.. morgen um zwölf schaue ich vorbei. Einverstanden?" , fragt er ruhiger und ich bleibe stehen.
Ich nicke, obwohl er es nicht sehen kann.
"Ja! Und nimmst mich mit. Bis morgen" , mit diesen Worten lege ich auf und drehe mich auf meinem Absatz um und mache mich auf den Weg zurück in die Hölle.
Ich will die Nacht nicht auf der Straße verbringen. Dort habe ich wenigstens ein Bett und abschließen kann ich immer.

Als ich ankomme, öffne ich die Haustür und spüre sofort die ganzen auf mir liegenden Blicke.
"Alissa Liebes, wo warst du?" , fragt Chloe und kommt auf mich zu.
Joyce sitzt still auf dem Sofa und schaut nachdenkend aus dem Fenster. Irgendwas sagt mir, dass sie geweint hatte.
"An der Luft" , entgegne ich lustlos und verschwinde nach oben in mein Zimmer. Auf dem Weg nach oben höre ich Chloe Joyce fragen, was mit mir los sei. Natürlich sagte sie nicht die Wahrheit, was mir aber egal war.

Ich verschwinde kurz in mein Bad und nehme eine heiße Dusche.
Danach creme ich mich ein und ziehe mir meine Schlafsachen an. Ich lege mich in mein Bett und nehme mein Handy. Ich habe eine Nachricht von Liam erhalten, in der steht, dass er Lust hat etwas mit mir zu unternehmen. Schnell antworte ich ihm, dass ich mich bei ihm melden werde, da ich momentan 'krank' bin.
Irgendwie stimmt es schon.

Dann lege ich das Handy beiseite und merke, wie ich langsam in den Schlaf falle, als plötzlich die Tür aufgeht.
"Was willst du hier?" , frage ich gereizt und stehe aus dem Bett auf.
"Mit dir reden" , antwortet Joyce deutlich ruhiger als ich. Am liebsten würde ich sie rausschmeißen, doch es ist ihr Haus.
"Es gibt nichts zu reden Joyce, morgen werde ich abgeholt" , erkläre ich diesmal kontrolliert und sehe sie mit starrem Blick an. Ihre Augen weiten sich automatisch. Sie kommt mir näher.
"Das kann nicht dein Ernst sein"
"Doch"
"Alissa"
"Nichts Alissa. Morgen bin ich hier verschwunden."
"Ich kann es nicht fassen"
"Kannst du jetzt bitte gehen? Ich möchte fit für morgen sein"

Ich bin überrascht, dass ich so ruhig geblieben bin. In meinem Inneren kocht es jedoch. Ich frage mich, wie sie sich noch trauen kann mit mir zu sprechen.

Jedenfalls verlässt sie mein Zimmer und ich lege mich wieder in mein Bett und versuche schnell einzuschlafen, was mir nach einer Zeit auch endlich gelingt.

Am nächsten Tag wache ich durch ein Klingeln meines Handys auf.
Ich sehe auf den Display und lese den Namen meines Betreuers.
Schnell nehme ich den Anruf an.
"Hey, ich bin's. Ich wollte nur bescheid sagen, dass ich in einer Stunde da bin." , sagt er und ich stehe auf.
"Alles klar" , mit diesen Worten ist unser Gespräch beendet.

Ich gehe in das Badezimmer und Dusche warm. Dann ziehe ich mich um und packe meine letzen kleinen Sachen zusammen. Zum Glück hatte ich mich nicht richtig eingelebt und alles ausgepackt.
Die Sachen die ich am Anfang von Joyce geschenkt bekommen hatte legte ich auf mein gemachtes Bett. Diese wollte ich nicht mitnehmen. Sie könnte sie sich einfach rausnehmen und dann jemand anderem geben, oder für sich behalten.

Ich blicke auf die Uhr und sehe, dass es bereits fünf Minuten vor ist. Er wird gleich da sein.
Direkt nehme ich nun meine Sachen und gehe langsam die Treppe hinunter. Als ich den Boden wieder berühre, klingelt es an der Haustür.
"Ich mach schon auf" , sage ich zu Chloe, welche in der Küche sitzt.
Vor der Tür steht natürlich mein Betreuer. Ich begrüße ihn freundlich und bitte ihn herein.
Natürlich kommt uns Chloe entgegen.
"Was ist hier los?" , fragte sie verwundert. Sie weiß nichts.
"Ich habe einen Anruf von Alissa bekommen. Sie hat wohl einige Probleme und möchte hier weg." , erklärt er und ich lasse meinen Blick auf dem Boden gesenkt. Chloe tut mir leid. Sie denkt bestimmt, dass ich ihr Haus oder sowas nicht mag, dabei komme ich nur mit ihrer Tochter nicht klar.
"Ich habe versucht, es zu klären. Jedoch steht ihre Entscheidung fest." , sagt er und Chloe nickt.
"Es tut mir leid, Chloe. Ich möchte hier nur weg. Es tut mir wirklich -" , genau als ich aussprechen möchte, betritt Joyce den Eingangsbereich. Sie wirkt überfordert. Als hätte sie mir gestern nicht geglaubt.
Joyce sagt nicht. Sie schaut uns nur an und ich kann ihre glasigen Augen deutlich erkennen.
Ich schaue sie für eine lange Sekunde an, nehme dann meinen Blick von ihr.
Ehrlich gesagt habe ich gedacht, dass sie sich einmischen wird, doch anscheinend sieht sie nun, dass es keinen Sinn mehr macht.
"Danke für alles." , flüstere ich fast und umarme Chloe ein letztes Mal.
Mein Betreuer nickt Chloe zu und gemeinsam verlassen wir das Haus. Es tut weh, ich bin ehrlich. Es tut weh, das Haus zu verlassen, in dem ich mich nach langem wieder zuhause gefühlt habe. Es tut weh, meine Liebe zu verlassen. Es tut weh, all das hinter mich zu lassen. Doch ich blicke optimistisch in die Zukunft. Ohne Joyce.

Stay with me (girlxgirl)Where stories live. Discover now