Prolog

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Ich schwebe in der schwarzen Unendlichkeit und blicke auf die herab, die ich liebe. Mein Licht strahlt heller als das meiner Brüder und Schwestern, in der Hoffnung, dass die Drachen auch mich sehen können. Die vertraute Stille trägt eine Legende zu mir, die mir der Mann erzählte, den ich Vater genannt habe.

Einst umwarb der Feuergott Ignis die Sonnengöttin Sol, die seine Gefühle nicht erwiderte. Voller Zorn und vom Wein berauscht nahm er die Göttin in Gestalt eines Drachen mit Gewalt. Als eine Sonnenfinsternis die Erde in Dunkelheit hüllte, gebar Sol hundert Kinder, alle waren Drachen. Da diese die Frucht ihrer Schande verkörperten, verbannte sie die ungewollten Kinder auf die Erde. Der Gedanke jedoch, Nachkommen zu haben, gefiel Sol. Daher formte sie aus Sonnenglut Körper, welche sie durch ihr Blut zum Leben erweckte. Die Solfeen waren geboren. Wunderschöne, elfenhafte Wesen, die Sol liebte. Ihre verschmähten Kinder, die Drachen, waren außer sich vor Wut und Schmerz, denn ihnen blieb Sols Liebe verwehrt. Sie verabscheuten die Feen. Weil diese aber bei der Göttin lebten und die Drachen auf Erden, konnten sie nichts gegen die verhassten Geschöpfe ausrichten. Jahrtausende vergingen, die Drachen zogen sich zurück und warteten im Verborgenen. Bis eine neue Spezies die Erde eroberte – die Menschen. Da Sol sehr eitel war, wollte sie von den Sterblichen angebetet werden und schickte die Solfeen, um die Menschen zu bekehren.

Die Drachen nutzen ihre Chance. Zwischen ihnen und den Feen entbrannte ein Krieg, der Generationen überdauerte. Eines Tages stellten die Drachen fest, dass sie durch die Energie der Feen einen Teil von Sols Macht und Liebe erhielten. Sie wurden süchtig nach deren Magie. Doch dann verliebte sich ein weißer Drache in eine Fee, die seine Zuneigung erwiderte. Das starke Band der beiden brachte nach Jahrtausenden des Tötens Frieden. Aber der Bruder des weißen Drachen, ein schwarzer Drache, fühlte sich ebenfalls zu der Fee hingezogen. Er beanspruchte sie für sich. Es kam zum Kampf, in dessen Verlauf sich die Brüder gegenseitig schwer verletzten. Der schwarze Drache erlag seinen Verwundungen.

Ignis war außer sich vor Zorn, denn die Drachen töteten sich wegen einer Solfee. So bannte er zur Strafe den weißen Drachen in den Mond, die Fee in die Sonne. Auf diese Weise würden die beiden sich bis zum Ende der Zeit sehen, aber nie wieder berühren können.

Seine Grausamkeit erzürnte Sol so sehr, dass sie die Dunklen anrief, die Ignis holten. Bevor der Feuergott in die Unterwelt gezogen wurde, sprach er eine Prophezeiung aus. Wenn ein Drache einen anderen des gleichen Blutes wegen der letzten der Solfeen tötete, dann würde er aus der Finsternis zurückkehren. Die Energie der Letzten würde ihn zum Mächtigsten aller machen und seine Rache grenzenlos sein. Wenn die Götter vernichtet waren, würde er mit seinen Nachkommen die Welten nach seinem Willen formen.

Sols Tat führte dazu, dass die Drachen gegen die Feen erneut in den Krieg zogen. Auf beiden Seiten fielen Tausende. Drachen sowie Solfeen waren zum Aussterben verdammt, doch die Drachen vereinigten sich mit den noch jungen Menschen, dieser Verbindung entstammten die Draconigena. Vom Volk der Solfeen blieben nur noch wenige übrig, die sich über die Welten verstreuten.

Nachdem die letzten Drachen vom Antlitz der Welten verschwunden waren, setzten die Draconigena die Jagd auf die Solfeen fort, nährten sich von deren Energie und rotteten sie erbarmungslos aus.

Sol wollte ihre Geschöpfe retten, sie bat Auctorius, das Oberhaupt aller Götter, um Hilfe. Er sollte die Draconigena aufhalten. Dieser, überheblich, wie es den Göttern eigen war, maß Ignis Prophezeiung keine Bedeutung bei. Zudem lag es in Sols eigenem Verschulden, dass die Nachkommen ihrer Drachenkinder die Solfeen jagten. Daher verbot er ihr, sich in deren Geschicke einzumischen. So musste Sol zusehen, wie ihre wunderschönen Geschöpfe zu Staub zerfielen. Mit jeder gefallenen Fee verstärkte sich die Magie der Verbleibenden. Da wusste Sol, dass Ignis Prophezeiung sich eines Tages erfüllen würde und sie wandte sich voller Verzweiflung an Sapientia. Obwohl Auctorius die Einmischung verboten hatte, half ihr die Göttin der Weisheit. Sie wob einen Gegenzauber, laut dem die bedingungslose Liebe der letzten Solfee Ignis für immer ins Reich der Dunklen verbannte und die gefallenen Feen erlösen würde






FeenglutWhere stories live. Discover now