Alkohol ist (k)eine Lösung

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   Jack

   "Aber das kannst du doch nicht machen!", rief April, während sie mir hinterherlief.

   "Und wie ich das kann. Siehst du doch!", fauchte ich sie an und schmiss ihren Koffer in den Flur. "Ich will dich hier nicht mehr sehen, hörst du?!"

   Ich kehrte in das Gästezimmer zurück und schmiss ihre letzten Sachen in eine Tasche. April versuchte mich zurückzuhalten, indem sie an meinem Arm zerrte. Ich riss mich von ihr los. "Fass mich nicht an!", herrschte ich sie an. Dann hielt ich inne. Genau diese Worte hatte auch Melissa mir gegenüber benutzt. Und für einen kleinen Augenblick lang fühlte ich mich in den Klassenraum zurückversetzt. Ich hatte Melissa jede Menge Nachrichten geschickt, sie angerufen, aber sie hatte überhaupt nicht reagiert. Was ja eigentlich auch voll verständlich war. Ich hatte sie betrogen und somit ihr Herz gebrochen.

   Ohne weitere Worte nahm ich ihren Mantel vom Haken, schnappte mir ihre Schuhe und warf beides vor ihre Füße. "Verschwinde", sagte ich leise, aber bedrohlich.

   April schaute mich etwas geschockt an. Dann nahm sie ihre Sachen und ging langsam zur Tür. "Ich werde schon noch herausfinden, was mit mir los ist. Oder mit wem du was hast. Und dann wirst du mir gehören, Jack, glaub mir", sagte sie in einem fast neutralen Ton und ihre Augen fingen an Funken zu sprühen. Sie drehte sich an der Tür nochmal zu mir um, warf mir einen leichten Blick zu und verschwand.

   Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, fühlte ich mich erleichtert. Eine riesen Last war mir von den Schultern gefallen. Seufzend ging ich ins Wohnzimmer, schenkte mir einen Whiskey ein und ließ mich dann schwer auf die Couch sinken. Mir wurde nicht bewusst, wie lange ich einfach nur da saß, immer wieder etwas mehr einschenkte und trank. Sekunden verschmolzen mit den Minuten und Minuten mit Stunden. Irgendwie waren meine Gedanken losgelöst. Ich fühlte mich schwer und träge.

   Ich musste Melissa sehen. Ich musste es klären. Ansonsten würde ich mir auf Ewig Vorwürfe machen und könnte nicht mehr derselbe sein. Obwohl, nach dieser Sache mit Melissa, würde ich sowieso nie mehr derselbe sein...


   Schwer stützte ich mich am Türrahmen ab und drückte auf die Klingel. Eine Weile wartete ich und als nichts geschah, trat ich ein paar Schritte zurück und schaute hoch auf die Fenster. Die Räume dahinter lagen in Dunkelheit und waren in Stille gehüllt. Ich torkelte wieder zur Tür und klingelte erneut. Immer noch passierte nichts und ich klopfte an.

   Als ich meine Hand erhob, fiel mein Blick auf meine Armbanduhr. 3:00 Uhr. Na, das erklärte ja alles. Ich wollte mich abwenden und wieder nach Hause fahren, aber in dem Moment öffnete sich die Tür und ich drehte mich wieder um. Ich erblickte eine schlanke Silhouette, die in einen Morgenmantel gehüllt an der Tür stand. Hinter ihr strahlte Licht durch die offene Haustür und erhellte die Nacht. Blinzelnd hob ich meine Hand, um meine Augen vor dem gleißend hellen Licht zu schützen.

   "Jack?", ertönte in diesem Moment eine weibliche Stimme. Sie schien mir durch die Haut und bis in die Knochen zu gehen. Diese Stimme sorgte dafür, dass sich meine Nackenhaare aufstellten und mein Herz anfing zu rasen. Meine Hände fingen an zu schwitzen und langsam, aber sicher wollten sich meine Lippen zu einem Lächeln verziehen.

   "Melissa", flüsterte ich und ging wieder zur Tür. Sie trat einen Schritt zurück und legte die Hand an die Tür. "Nein, bitte. Mach die Tür nicht zu", brachte ich heraus. Meine Zunge fühlte sich seltsam schwer an und schien sich gar nicht bewegen zu wollen.

   Melissa zögerte. "Was willst du hier?", fragte sie dann leise und warf einen schnellen Blick über die Schulter. Dann trat sie raus und ließ die Tür einen kleinen Spalt breit offen.

   "Ich will mit dir reden", lallte ich. Hatte ich wirklich so viel getrunken?

   Sie schien es auch zu hören. "Hast du was getrunken?", fragte sie erstaunt und schaute dann zu meinem Auto, welches hinter mir parkte. "Und bist mit dem Auto hergefahren?"

   Ich drehte mich um, dann schaute ich sie wieder an. "Joa", sagte ich. "Melissa, ich liebe dich. April war ein Fehler." Ich holte tief Luft, um durch den Alkohol geschwängerten Nebel in meinem Kopf zu vertreiben und wenigstens ein bisschen richtig denken zu können. "Sie wusste einfach welche Knöpfe sie bei mir drücken musste. Es tut mir sehr Leid."

   Sie kaute auf ihrer wunderschönen Unterlippe, die mich geradezu einlud, meine Lippen auf sie zu legen. "Aber... Das hätte eben nicht passieren dürfen, Jack."

   Ich war definitiv verliebt. Verliebt in die Art, wie sie meinen Namen aussprach. Verliebt in die Art, wie sie mich anschaute. Melissa war alles was ich mir je gewünscht hatte. "Ich weiß", sagte ich und trat ein paar Schritte auf sie zu. Sanft legte ich meine Hand an ihre Wange und schaute ihr in die Augen. Kurz schien sie es zu akzeptieren und stieß mich nicht weg, so wie ich es erwartet hatte. Doch dann drehte sie den Kopf weg und meine Hand fiel herab.

   Langsam nickte ich, drehte mich um und ging zu meinem Auto.

   "Jack?", rief Melissa hinter mir und mit einem rasendem Herzen drehte ich mich zu ihr um. "Komm rein. Ich mach dir einen Kaffee und du kannst in unserem Gästezimmer deinen Rausch ausschlafen."

   Fragend schaute ich sie an. Warum sagte sie jetzt sowas? Warum bot sie mir das an?

   "Denkst du wirklich, ich würde dich betrunken Auto fahren lassen?", fragte sie mit einer hochgezogenen Augenbraue. Sie ging wieder rein und automatisch folgte ich ihr ins Haus und in die Küche.

Forbidden LoveWhere stories live. Discover now