1. Kapitel

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Meine Schritte hallten dumpf auf dem Moos wieder, als ich stetig tiefer in den Wald ging. Die Bäume zu meiner rechten schienen das Sonnenlicht gänzlich zu schlucken und standen dicht an dicht. Auf meiner linken Seite drangen jedoch spärliche Sonnenstrahlen und erwärmten mein Gesicht. Immer tiefer ging ich den alten, mir bekannten Trampelpfad weiter, bis ich an einer kleinen Lichtung ankam. Es war einer meiner Lieblingsplätze, um mich einfach auszuruhen und zu entspannen.
Am Rand lagen sauber nebeneinander gereiht drei große Steine, auf die ich mich immer setzte, da sie von der Sonne erwärmt wurden.

Fast jeden Tag war ich hier. Und jeden Tag war alles gleich, das leise Rascheln der Blätter im sachten Wind. Der wundervolle Gesang der Vögel im Geäst. Das leise Blöcken eines weiter entfernten Hirschbocks.

Nur heute nicht. Heute saßen sieben pechschwarze Krähen vor den Felsen und schienen mich zu beobachten. Jede Bewegung meinerseits wurde genauestens von ihnen beobachtet.
Humbug! Dachte ich.
Aber mich wunderte schon sehr, warum die Vögel nicht wegflogen.
Also ging ich vorsichtig einen Schritt auf sie zu. Aber sie bewegten sich keinen Zentimeter, legten lediglich den Kopf etwas schief.
"Na fliegt!", klar wollte ich nicht das sie wehflogen, aber ich wollte wissen, wie sie reagierten. Und wie erwartet: Es geschah nichts.
Also eben noch einen Schritt. Wieder nichts. Das ging die ganze Zeit si weiter, bis ich nur noch einen Meter bon ihnen entfernt war.
Ich ging in die Hocke und holte aus meiner Tasche ein belegtes Brot mit Salami heraus, mein kleines 'Mittagessen' sozusagen.
Ich hielt den Krähen den Leckerbissen hin, doch sie krächzten nur halblaut.
Ich stieß einen Seufzer aus.
"Ihr seit auch ein paar Sonderlinge, was?", mit diesen Worten riss ich ein Stück des Brotes ab und warf es ihnen vor die Füße. Unruhig scharrten sie im Boden, bis der erste sich vorwagte und mit seinem Schnabel ein Stück der Salami fraß. Er krächzte kurz und dann stürzten sich alle Krähen auf das Brot. Im Nu war es aufgefressen und die Tiere rissen gierig ihre Schnäbel auf, verlangten mehr. Sie krähten und kamen hüpfend näher und der erste riss mir mein restliches Brot aus der Hand und zerrte es zu seinen Freunden.
"Hey!", rief ich wütend, "ich brauche doch auch noch etwas."
Eine Krähe ließ ab und drehte den Kopf betont langsam und funkelte mich mit ihren schwarzen Knopfaugen wütend an.
Dann sprang sie und flatterte auf mich zu. Die anderen folgen ihrem Vorbild und hoben ebenfalls in die Luft ab. Dann stürzten sich alle auf mich zu, eine schwarze Wolke aus Gier und Hunger.
Ein paar Krallen bohrten sich in meine Hand und rissen die Haut auf. Ich stolperte überrascht zurück und schlug fluchend mit den Händen nach den Tieren. Sie wichen nur aus, zerrten mir die Tasche vom Leib und wühlten mit ihren Krallen darin herum.
Ich wedelte mit den Armen und zischte wütend, "ich hab nichts mehr ihr Biester!"
Aber sie ließen nicht ab und ich trat nach dem nächst besten.
Die Tiere stoben auf und schienen kurz zu erstarren, bevor sie davonflogen, natürlich nicht ohne mir noch wütende Blicke zugeworfen zu haben.
Erst dann spürte ich das kalte Kribbeln meinen Rücken hinunter rinnen. Meine Muskeln versteiften sich und ein Schauer durchfuhr meinen Körper. Ein Schatten fiel über mich und als ich mich ruckartig umdrehte, hätte ich schwören können, ein gelb leuchtendes Augenpaar in den tiefen des Waldes aufblitzen zu sehen.

KrähenschwingeWhere stories live. Discover now