☆ 11. Kapitel ☆

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Eulenfeder sah den MoorClananführer erwartungsvoll an. Er schien zu überlegen. „Willst du das wirklich?", fragte er und sah ihr direkt in die Augen. Die Kätzin nickte entschlossen. „Ja. Ich..."Sollte sie Kalbstern von ihren Beweggründen erzählen? Er schien ihr vertrauens-und verständnisvoll. „Ich liebe Flugmond." Kalbstern musterte sie genau und nickte. „Ich weiß", erklärte er. „Ich spüre es." Wusste Flugmond dass sein Anführer das wusste? Und seit wann wusste er es überhaupt, und warum? Doch das sollte jetzt nicht entscheidend sein. Jetzt war nur wichtig, dass der Anführer sie dem MoorClan beitreten ließ. „Du wirst dich bewähren müssen", erklärte dieser. „Nicht vor mir, aber vor meinem Clan. Welchen Rang hast du denn momentan, wenn nicht Heiler?" „Schüler", erklärte Eulenfeder und sah beschämt zu Boden. Kalbstern nickte. „Das wirst du dann auch bei uns sein. So lange bis du dich als Kriegerin bewährt hast. Und nun komm. Du musst dir schließlich noch ein Nest im Schülerbau einrichten." Das „im Schülerbau" verstörte die Schülerin zwar, aber das „Nest einrichten" hieß ja so viel wie, dass sie jetzt eine MoorClankatze war. Ein mulmiges und zugleich aufregendes Gefühl durchschlich die Schülerin, als sie ihr ehemaliges, vertrautes Territorium verließ und Kalbstern in ihre neues, noch unbekanntes Territorium folgte. Während sie durch den Wald trabten, dachte Eulenfeder über ihre Clangefährten nach und ein schlechtes Gewissen überkam sie. Sie würden sie vermutlich suchen. Eulenfeder hätte irgendwem Bescheid geben sollen. Doch dazu war es jetzt zu spät. Außerdem dachte sie über die Katzen nach, die sie enttäuschte, weil sie sie im Stich ließ. Faltersprung, Tigersturm, Braunpelz, Karottenschweif und Eichenfall. Sieseufzte. Vielleicht war es doch eine falsche Entscheidung zum MoorClan zugehen. Doch dann dachte sie an Flugmond und all ihre Sorgen verblassten. Sie liebte den Kater und nun konnten sie endlich Gefährten werden. Würde er sichfreuen, dass sie sich dem MoorClan anschloss? „Hier kannst du dir etwas Moos holen." Kalbstern wies mit seinem Schwanz auf ein paar Moosbüschel, die unter einer dicken Eiche wuchsen. Dankbar riss sich die Schülerin ein bisschen was von dem Moos ab, gerade so viel dass es ihr für ein Nest reichte und dann folgte sie dem MoorClankater ins Lager. Alle Augen waren auf sie gerichtet oder warfen Kalbstern fragende Blicke zu. Eulenfeder sah sich aufmerksam im Lager um. Es war dem des HimmelClans verblüffend ähnlich. Die Schülerin war schließlich auch schon mal in dem des HöhlenClans gewesen, und das war so ganz anders gewesen wie das des HimmelClans. Aber der MoorClan hatte genauso Baue aus geflochtenen Pflanzen und auch einen Dornenwall mit einem Dornentunnel als Lagereingang. Nur dass sie keine Felsen hatten. Der Heilerbau war ein Tunnel, der in den Boden führte, ein Heilerstein war nicht vorhanden. Und der Anführerbau bestand ebenfalls aus einem pflanzlichen Gewebe und als Ort, von wo der Anführer zu seinem Clan rief diente dem MoorClan wohl ein dicker Ast eines stämmigen Ahornbaumes. Zumindest sprang Kalbstern nun darauf und rief: „Ich fordere alle Katzen, die alt genug sind ihre Beute selbst zu fangen dazu auf, sich hier unter dem Ahornbaum zu einem Clantreffen zu versammeln." Die Katzen waren sowieso schon alle aus ihren Bauen gekommen und fanden sich nun wild tuschelnd unter dem Ahornbaum ein. Eulenfeder schob ihr Moos schnell bei Seite. Sie wollte es jetzt nicht die ganze Zeit im Maul tragen. Und als sich Eulenfeder wieder umdrehte, stand er neben ihr. Flugmond. „Hallo." In seinen Augen stand Verwunderung geschrieben aber noch viel mehr etwas, das Eulenfeders Herz zum Schmelzen brachte. Liebe. Die Schülerin schnurrte laut. „Warum bist du hier?", fragte der Kater. Stand da Hoffnung in seinen Augen geschrieben? Doch ehe die Kätzin antworten konnte erhob Kalbstern seine Stimme. „Wir haben uns heute hier versammelt, da wir ein neues Clanmitglied auf Probe haben." Alle Blicke, die sich dem Anführer zugewendet hatten, wandten sich nun wieder zu Eulenfeder. „Eulenfeder möchte sich unserem Clan anschließen." Wieder gab es wildes Getuschel im MoorClan. „Aber sie ist doch eine Heilerin! Und wir haben bereits zwei!", erhob da Apfelpelz seine Stimme. Die Schülerin kannte den gefleckten Krieger von einer großen Versammlung. Er hatte sich bereits als Schüler an die kampfeslustigen Krieger wie Stachelkralle und noch ein paar Katzen der anderen Clans gehalten. Und er war noch nicht allzu lange Krieger.„Stimmt, sie hat hier nichts verloren!", zischte eine ebenfalls noch jüngere Kätzin. Sie war grau-schwarz gefleckt und stand dicht an Apfelpelz gedrängt, der sie zwischen den Ohren leckte. Eulenfeder vermutete, dass die beiden Gefährten waren. Komisch. War die grau-schwarz gefleckte nicht noch eine Schülerin? Eulenfeder kannte sie jedenfalls unter dem Namen Schieferpfote.„Ruhe Schieferglanz!", rief Kalbstern. „Ob sie hier was verloren hat oder nicht habe immer noch ich zu entscheiden." Die forsche Kätzin rollte mit den Augen und Apfelpelz legte ihr den Schwanz um die Schultern um sie in Schutz zu nehmen. Gleichzeitig warf er Eulenfeder einen giftigen Blick zu. „Mach dir nichts aus denen!", miaute Flugmond ihr leise zu und rieb liebevoll seine Nase an ihrer Wange. „Die sind das abscheulichste Paar des ganzen Clans. Schieferglanz zum Beispiel ist erst seit ein paar Sonnenaufgängen Kriegerin und hält sich bereits für was Besseres!" Eulenfeder schnurrte dankbar für Flugmonds aufmunterndeWorte. „Und nein Apfelpelz", wandte sich der MoorClananführer dann an den Krieger. „Sie ist keine Heilerin mehr." „Und was dann?", hakte eine Katze skeptisch nach, die Eulenfeder im ersten Moment nicht erkannte. Dann wurde ihr klar, das war einer der Streuner, die zum MoorClan gegangen waren! Die cremefarbene Kätzin schien sich jedenfalls als Clankatze bewährt zu haben, wenn sie sich erlauben konnte über eine gebürtige Clankatze zu urteilen. „Sie ist Schülerin", erklärte Kalbstern und es schien ihm etwas unangenehm, da er mit diesen Worten Eulenfeder schließlich etwas bloßstellte. Viele im Clan begannen zu lachen. Am lautesten natürlich Apfelpelz und seine noch schlimmere Gefährtin Schieferglanz. *Ich glaube das werden keine neuen Freunde von mir*, ging es Eulenfeder in diesem Moment durch den Kopf und sie warf ihnen trotzige Blickezu, ließ sich aber nicht provozieren. Anders als Flugmond. Er war aufgesprungen und stürzte sich auf Schieferglanz. „Wage es nicht noch einen Muchs zu machen",fauchte er sie an. Mühsam zwängte sich die Kriegerin wieder hervor. Damit schien sie nicht gerechnet zu haben. „Und warum nimmst du diese elende Schülerin in Schutz?", fragte sie etwas verwirrt. „Weil sie meine Gefährtin ist",erklärte Flugmond laut genug dass es der ganze Clan mitbekam. „Und ich stehe dazu!" Eulenfeder hörte ihr Herz deutlich pochen. Nun war es gesagt. Zum ersten Mal. Sie waren Gefährten. Schieferglanz schürzte angewidert ihre Lippen. "Aber sie ist doch noch Schülerin!", wandte die junge Kriegerin ein, wobei sie das Wort "Schülerin" deutlich betonte. "Da darf sie doch noch keinen Gefährten haben!" "Sie wird aber nicht mehr lange Schülerin bleiben!",warf Flugmond Schieferglanz harsch zurück. "Das werden wir ja nochsehen!", bemerkte die junge Kätzin und ihre Augen glitzerten feindselig. In diesem Moment wurde Eulenfeder klar dass Apfelfell und Schieferglanz alles daran setzen würden ihr das Leben zur Hölle zu machen. Doch die Schülerin würde ihnen beweisen, dass sie nicht nur vom Alter sondern auch vom Verstand älter war als die beiden tollkühnen Krieger. "Ruhe jetzt!", rief Kalbstern streng und Flugmond und Schieferglanz entfernten sich mit giftigen Blicken voneinander. "Danke", hauchte Eulenfeder Flugmond zu, der seinen feindseligen Blick von den beiden jungen Kriegern abwandte und sie liebevoll anlächelte. "Ist doch selbstverständlich." "Eulenfeder braucht einen Mentor", fuhr Kalbstern fort. "Erklärt sich einer der älteren Krieger bereit diese Aufgabe zu übernehmen?" Eulenfeder war erleichtert dass der Anführer erwähnt hatte dass es eine ältere Katze sein sollte. Denn es war durchaus eine Demütigung für sie von einer jüngeren Katze als sie selbst belehrt zu werden. Vor allem weil sich dann bestimmt liebend gerne Schieferglanz freiwillig gemeldet und wenn sie ihre Mentorin wäre dann würde sie aus dem Ältestenbau gar nicht mehr herauskommen. Oder die junge Kriegerin hätte sich noch irgendwas schlimmeres ausgedacht. "Ich würde das gerne machen, wenn du nichts dagegen hast, Kalbstern." Grünblick war aus der Menge der Versammelten hervorgetreten. Sie war eine graue Kätzin mit grünen Augen. "Mama!", rief Schieferglanz entrüstet. "Was ist in dichgefahren?" "Ich habe ein Junges verloren!", erklärte sie."Ich weiß wie wertvoll das Leben einer jeden Katze ist und deshalb möchte ich Eulenfeder die Chance geben eine Kriegerausbildung zu begehen. Egal aus welchem Clan sie kommt." Die Schülerin erinnerte sich an die Geschichte von Zwiebeljunges, die Schwester von Schieferglanz die gestorben war, als ein Dachs ins Lager einfiel. Damals war Eulenfeder bereits Heilerkatze gewesen undhatte diese Nachricht von Flugmond in einem ihrer gemeinsamen Träume erfahren. Sie wunderte sich nur, warum Schieferglanz eine so kampfeslustige Katze geworden war, wenn sie doch als Junges eine solch traurige Geschichte erlebt hatte. Vermutlich wurde sie als einzelnes Junges ziemlich verwöhnt. Doch da fiel der Schülerin ein winziger Blick auf, den Grünblick mit ihrer Tochter teilte. Blitzte da Rache in ihren Augen auf? Plötzlich kam Eulenfeder dieErklärung ihrer neuen Mentorin völlig lasch vor und sie glaubte, dass das Handeln der Kätzin einen ganz anderen Grund hatte. War es etwa Rache? "Ja Grünblick, das wäre nett", miaute Kalbstern und nickte der Kriegerind ankbar zu. Dabei ignorierte er taktvollerweise Schieferglanz Worte. „Dann ist die Versammlung an dieser Stelle beendet", verkündete Kalbstern und die Katzen des MoorClans gingen ihren Tätigkeiten nach. Sie waren genauso wenig verletzt, im Vergleich zum Kampf mit den Dachsen, wie auch der HimmelClan. „Was machen wir heute noch"?, fragte Eulenfeder ihre neue Mentorin vorsichtig. Dieseschüttelte den Kopf. „Nichts mehr. Ruhe du dich aus und gewöhne dich ans Lager. Morgen ist es früh genug dein Training zu beginnen." „Gut", willigte die Schülerin ein. „Aber könnte ich mir vielleicht eine Runde die Pfoten vertreten gehen?" „Wenn du drauf bestehst", gab die Kriegerin nach und Eulenfeder verließ das Lager, froh dass Grünblick ihr soweit vertraute dass sie alleine das Lager verlassen durfte. Sobald sie außer Hörweite der anderen Katzen war sprintete sie los. Sie musste einfach demHimmelClan berichten, wo sie war. Sie wollte nicht dass sich ihre Clangefährten, nein ihre ehemaligen Clangefährten unnötig sorgen machten und sie überall suchten. Vom MoorClanlager war der Weg zur gemeinsamen Grenze der beiden Clans um einiges kleiner als der vom HimmelClanlager weshalb die neue MoorClankätzin schon bald an der Grenze ankam. Sie wollte sie schon übertreten, als ihr einfiel dass sie das nicht mehr durfte. Das war ein wirklich merkwürdiges Gefühl, doch daran würde sich Eulenfeder wohl gewöhnen müssen. Der SternenClan schien es gut mit ihr zum einen, denn es dauerte nicht lange da tauchte auch schon eine Katze im HimmelClanterritorium auf. Und zwar genau die mit der Eulenfeder jetzt am ehesten reden wollte. „Tigersturm", rief sie ihrer ehemaligen Schülerin zu. Diese hob ruckartig ihren Kopf, erblickte ihre ehemalige Mentorin und kam auf sie zugeeilt. „Eulenfeder!", rief sie. „Dem SternenClan sei Dank dass... aber du bist ja auf der MoorClanseite! Was tust du da?" Die Heilerin schien etwas verstört.„Hör mir zu Tigersturm. Ich bin jetzt eine MoorClankatze. Ich werde nicht mehr zurückkehren." Trauer überschattete den Blick der jüngeren Kätzin. „Aber Eulenfeder..." Sie überlegte einen Moment in dem Schweigen zwischen den beiden Katzen herrschte. Dann miaute die Heilerin schließlich: „Es ist deine Entscheidung. Ich werde dich vermissen. Aber wenn du dort glücklich bist..." „Das bin ich", miaute die Schülerin ernst und hoffte dass sie wirklich glücklich in ihrem neuen Clan wurde. Vermutlich hatte schon der ganze Clan von ihr und Flugmond erfahren. So dann auch die Heilerin. „Ich muss jetzt zurück. Ich wünsche dir alles Gute Tigersturm. Wir sehen uns auf den großen Versammlungen. Bitte sag Heidenstern Bescheid." Tigersturm nickte.„Ich hoffe wir sehen uns bald wieder", miaute sie traurig. Eulenfeder drehte sich schnell um und trabte zurück in den MoorClanwald. Sie wollte nicht noch länger mit ihrer ehemaligen Schülerin reden. Das würde den Abschied nur noch schwerer machen. Doch jetzt hatte Eulenfeder ihr den Rücken gekehrt. Ihr und ihrem ganzen vergangen Leben. Sie hatte nun eine neue Chance und konnte einen Neuanfang machen, hoffentlich ohne Fehler. Sie lief direkt hinein: in ihr neues Leben.

Warrior Cats - Eulenpfotes Geschichte 3 ~Falsche Entscheidungen~Where stories live. Discover now