"Wo bleibt da der Spaß?"

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Ich sah ihn schon gegenüber der Tür stehen, als ich schnell und leise das Klassenzimmer verließ.
Sofort kam er auf mich zu.
„Wie viel Zeit hast du?"
„Etwas, ich hab gesagt mir ist schlecht und ich will kurz an die frische Luft.", antwortete ich etwas verwirrt.
„Gut, komm mit, ich will nicht, dass uns jemand sieht."

Da war es wieder, dieses typische Verhalten, an dem man wirklich merkt, dass er mich hasst.

Er ging vorraus, keine Sekunde dachte er daran mich anzuschauen oder auch nur zu beachten.

Arrogantes Arschloch.
Hält sich für was besseres, nur weil er gut aussieht und intelligent ist. Pah.

Wir hielten am wirklich letzten Ort der Schule, an dem man nach jemandem suchen würde.
Vor dem Büro des Hausmeisters.

„Also.", er machte ein kurze Pause, bevor er mich das erste Mal richtig anschaute.
„Dieses Bild..."

Ich nickte stumm.
Er wirkte hysterisch und machte mir fast sogar schon Angst, doch hatte ich keine Angst, nicht vor ihm.

„Wir haben auch miteinander geschlafen."

Seine Worte hallten in meinem Kopf wieder.

Ich und er? Niemals!
Ich hatte nicht wirklich jetzt auch noch meine Jungfräulichkeit an ihn verloren?

Verwirrt schüttelte ich den Kopf, bevor ich anfing zu sprechen:
„Niemals. Oh Gott, nicht in diesem und auch nicht im nächsten Leben."
Er lächelte.
„Du verstehst mein Problem?"
„Woher weißt du das?", fragte ich ihn harsch. Ich zuckte nicht mal mit der Wimper.
„Ein Kumpel hat uns dabei erwischt, beziehungsweise,.. also."
„Jetzt spucks schon aus."
Ich war einfach nur wütend. Alles auf der Welt hätte ich auf dieser Party machen können aber nicht das, das war komplett unmöglich.
Er blickte etwas seltsam drein.
„Du lügst."
Doch er schüttelte bloß den Kopf:
„Glaub mir, ich will es doch selbst nicht glauben. Ich mein, gut, ich hab es noch nie ausgesprochen aber wenn wir schon dabei sind, ich hasse dich."
Ein flüchtiges Lächeln flog mir über die Lippen.
„Hm, komisch. Ich hasse dich auch. Ay, toll. Unser Hass beruht auf Gegenseitigkeit!"
Jetzt lächelte widerrum er.

Was passiert hier.
Er flirtete doch nicht etwa mit mir, nicht jetzt?!

Ein Schweigen entstand.
Ich warf einen flüchtigen Blick auf mein Handy.
Seit ich aus dem Unterricht bin waren mittlerweile schon 10 Minuten vergangen, ich musste bald wieder zurück, ob ich wollte oder nicht.
Er unterbrach meinen Gedankengang und somit unser Schweigen.
„Okay, angenommen wir haben miteinander geschlafen. Wen kümmert es? Wir können uns ja nicht mal daran erinnern. Außerdem ist es gar nicht so unwahrscheinlich, dass ich mit dir geschlafen haben, da das einzige was ich an dir nicht mag, dein unglaublich nerviger Charakter ist. Und selbst den kann man sich schön trinken."

Hat er mich gerade beleidigt und mir ein Kompliment gemacht? Ich versteh ihn nicht. Was will er von mir?

„Jetzt hör mal zu, du hast nicht einfach das Recht hier rumzustolzieren und jeden zu beleidigen, wie du grad Lust hast.", antwortete ich wütend und wollte schon auf dem Absatz kehrt machen, doch er unterbrach meinen dramatischen Abgang.
„Oh komm schon, es könnte wirklich schlimmer sein. Außerdem wundert es mich sehr, dass dich sowas beleidigt. Ich dachte du wärst mir gegenüber nicht so sensibel? Hm?"
Jetzt wurde ich wirklich wütend.

Was bildet er sich ein?

„Was willst du von mir? Du kannst mich gerne weiter beleidigen oder wir können uns einfach darauf einigen nie wieder darüber zu reden.
Er gab keine Antwort.

Mir wird das zu lästig, echt.

Ohne ihm einen weiteren Blick zu schenken, drehte ich mich um und wollte schon gehen, doch plötzlich zog er mich am Arm zu sich hin und drückte mich gegen die Wand.
Ich konnte seinen Atem spüren und direkt in seine kalten blauen Augen schauen. Sie funkelten wie ein kurzes Warnsignal und dann zu irritiert um mich zu wehren oder überhaupt zu denken, passierte es in Sekundenschnelle.
Plötzlich lagen seine Lippen auf meinen.

Nein, ich bin nicht betrunken, nein auch er ist nicht betrunken.
Was tu ich hier?

Seine Lippen waren warm und weich und sie fühlten sich verdammt gut an, wenn man nicht darüber nachdachte um wen es sich hier handelte.
Ich schloss meine Augen und atmete seinen Geruch ein.

Er riecht so verdammt gut- ...nein verdammt, ich hasse ihn er ist ein verdammtes Arschloch.

Wieder klar denkend drückte ich ihn von mir weg.
„Was in aller Welt?!", fragte ich entsetzt, drehte mich um und ging.

Nur noch ein Mal, ein aller letztes Mal machte ich halt bevor ich wirklich ging.
Und zwar in dem Moment als er mir folgendes hinterher rief:

„Wo bleibt da der Spaß?"

Mit dem Rücken zu ihm gedreht hielt ich den Mittelfinger im Gehen hoch und gewann immer mehr Abstand zwischen ihm, mir und dem Kuss.

Was sollte das?!

[Uhrzeitwechsel – Montagmittag]

Ich hab die Klausur nicht mitgeschrieben und ich hab auch die Geschichtsstunden verpasst.
Kurz nach dem Kuss konnte ich nicht mehr klar denken und entschuldigte mich bei meinem Lehrer als Krank, das heißt ich durfte die Klausur nachschreiben.

Boohoo.

Mein Vater durfte mich dann von der Schule holen, da ein rechtmäßiges Elternteil einen abholen musste, das heißt, natürlich wollte er wissen welche Krankheit hatte und in welchem Ausmaß.
Ich log und dachte mir was aus, denn ich wollte ihm ganz sicher nicht erzählen, dass ich mal eben auf der letzten Party mit dem Typen, den ich eigentlich seit der Mittelstufe hasse, geschlafen hatte und ihn dann auch noch im nüchternen Zustand geküsst hatte.

Nein, das kann man echt niemandem erzählen. Erst recht nicht dem eigenen Vater.

Nun lag ich in meinem Bett, weil ich „Kopfschmerzen und Übelkeit" hatte.

Ja ne, ist klar.

Ich hatte mein Handy im Schoß und wartete auf eine Nachricht meiner besten Freundin, die heute die Englischklausur komplett alleine schreiben musste.
Normalerweise half ich ihr immer, irgendwie. Aber heute, selbst ich wäre heute nicht mehr gut durch die Klausur gekommen, also wäre ich für sie erst Recht keine gute Hilfe gewesen.

„Danke, dass du mich heute in Englisch im Stich gelassen hast :( Ich hoffe es geht dir jetzt besser? xo"

Sie ist nicht wirklich sauer, gott sei dank.

„Es tut mir leid, ich hatte keinen klaren Kopf."
„Ist was vorgefallen?"

Kann ich ihr das erzählen? Ich mein der Kuss ging nicht von mir aus.
Außerdem brauche ich wen, der meine Gedanken sortiert.

„Ja, aber ich will dir das persönlich erzählen. Kannst du rüberkommen? Ich darf ja nicht raus, Anweisung meines Dads. PS: Keine Sorge, du kannst dich nicht anstecken, ich bin nicht mal krank, aber sag nichts gegenüber meines Vaters und bring Schokolade mit!"

Wenn nicht ich den Durchblick bei der ganzen Sache hatte, dann hoffentlich sie. Denn sie war gut im Durschauen von Menschen, inklusive mir.

Und prompt klingelte es.

Ashley wohnt nicht weit weg von mir, aber es war nicht möglich, dass sie innerhalb von Sekunden herkam.
Wer ist das?

Feindschaft+Where stories live. Discover now