Kapitel 02

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Mein Vater läuft vor dem Café.
Ich muss zu ihm!
"Yılmaz!", schreie ich nach seinen Namen.

Mein Vater läuft einfach weiter. Ich renne zu ihm und halte ihm an den Schulter fest.
Mein Vater dreht sich um und ich schaue in sein Gesicht. Als ich es sehe, lasse ich sofort seinen Schultern los. Es ist gar nicht mein Vater.

Entschuldigend entferne ich mich von dem Mann.
Mit hastigen Schritten laufe ich zurück und verabschiede mich sofort von Ümit der mich fragend am Arm packe.

„Ich habe noch was zu tun. Tut mir leid.", nuschele ich und ziehe meinen Arm von seinem Griff.

In Gedanken versunken fahre ich durch die Nürnberger Straßen.
Wieso verdammt hat mich meine Mutter nie beschützt als ich geschlagen wurde?
Wieso war sie dauernd am Grinsen?
Hat sie mich so sehr gehasst?
Wieso hat sie mich gehasst?
Wieso ist sie mit meinen Brüdern geflohen und hat mich hier in der Hölle zurück gelassen?
Warum verdammt?
Ich brauche Antworte auf meine Fragen!

Daheim angekommen, ziehe ich mir sofort was bequemes an und suche nach was Essbarem.
Mit vollem Magen sitze ich einfach auf der Couch und denke nach.

Ich muss ihn und sie finden!
Ich muss mehr davon erfahren!
Aber wie finde ich sie?

|VERGANGENHEIT|

„Ich hasse dich! Du hast mein Leben zur Hölle gemacht!"

„Du Schlampe dann verpiss dich wenn es dir nicht gefällt! Dank mir kriegst du das was du brauchst!"
Mein Vater schaut mich wütend an und läuft hin und her.

„NEIN VERDAMMT! DANK DIR BIN ICH SÜCHTIG DANACH!", kreische ich ihn an und schon fliegt mein Gesicht nach rechts.

Hasserfüllt schaue ich ihn an und spucke vor seinen Füßen.

„Nie wieder werde ich einen Fuß hier ansetzten! Nie wieder! Das schwöre ich dir!"

Mein Vater lacht nur und trinkt weiter aus seiner Bierflasche.
Er hat rote Augen und Augenringe die kaum zu übersehen ist.
Ich renne raus und schlage die Tür hinter mir zu.
Weinend renne ich die kaputte Straße entlang und stolpere irgendwann. Ich lande auf den Knien, laut und innig fange ich das Weinen an.

|GEGENWART|

Ich würde jetzt so gerne hin gehen und ihn finden.
Aber ich habe es ihm geschworen, dass ich das Haus nie wieder betreten werde.
So sehr ich ihn auch hasse, muss ich etwas über meine Vergangenheit erfahren.
Sonst könnte ich nie in Ruhe leben.

Ich schüttele meinen Kopf hin und her in der Hoffnung, dass sich meine Gedanken verschwinden.

Ich stehe auf bereite meine Wasserpfeife vor und rufe Elmas an. Ich bräuchte unbedingt Ablenkung.
„Du störst gerade Nefes."

Höre ich Barış's Stimme aus der Leitung. Ich höre etwas lautes Knallen und Barış Schreien.

„Barış?", rufe ich erschrocken.
„Barış!", schreie ich schon, meine Hände fingen an zu zittern.

Beruhige dich Nefes! Ein und Ausatmen!
Ich höre wieder ein Knallen und Elmas Schrei. Dieser Schrei brennt sich in mein Gehirn ein und lässt sich immer wieder wiederholen.

Gänsehaut bilden sich, meine Augen füllen sich.
„Elmas! Elmas!"
Barış's Schreien, bringt mich innerlich um.

„Barış, wo seid ihr?", rufe ich entsetzt, „Bei mir"
Seine Stimme wird immer leiser.

|Wenn Hass regiert|Where stories live. Discover now